Sternenjagd
kleine, enge Kabuff mit der Hauptversorgung.
Beim Geräusch ihrer Schritte drehte er sich um. Die Ringe unter seinen Augen waren tief und dunkel. Sie streckte ihm zögernd die Hand entgegen. Er betrachtete ihre Hand mit Argwohn und richtete sich schnell auf.
»Warum legen Sie sich nicht unten hin? Auf ein paar Stunden Verspätung mehr kommt es jetzt …«
»Mir geht es gut.« Seine rechte Hand lag flach auf der Konsole, mit dem linken Arm stützte er sich ab. Seine Körpersprache erklärte laut und deutlich: Ich bin Zafharier. Ich kenne keinen Schmerz.
»Sie lügen«, entgegnete sie sanft, als er sie ansah. »Wenn Sie hier zusammenklappen, ist der Eingang blockiert. Also schaffen Sie Ihren Arsch hier raus und verschwinden Sie in Ihre Kabine. Ich weck Sie in etwa vier Stunden.«
»Nein, ich …«
»Die Kabine hat einen Comp.« Sie stieg über die kantige Türschwelle und lehnte sich mit den Armen an die Konsole. »Von mir aus lesen Sie im Bett. Aber ich denke nicht, dass Sie im Moment aufrecht sitzen sollten. Oder stehen.«
Er stand auf. »Mit mir ist alles in –«
Er fiel ihr direkt in die Arme, und sie packte ihn an den Hüften, so wie er sie gepackt hatte, als er sie gegen die Bordwand gedrückt hatte. »Aber, aber, mein starker Flieger!«
Er sackte langsam in sich zusammen, sein glühendes Gesicht versank in ihren Haaren. Sie hämmerte ohne hinzusehen auf das Intracom neben der Tür. »Dezi! Zur Hauptversorgung, sofort!«
Rhis versuchte sich aufzurappeln. » Nav, vad yasch – mir geht’s gut, mir geht’s gut.« Seine Stimme klang benommen und leise. Er versuchte nicht, sich von ihr loszumachen.
Und als Dezi kam und ihm unter die Achseln griff, hatte Trilby einen Moment lang sogar den Eindruck, dass er sich nur widerwillig von ihr löste.
Er erwachte aus einem sehr sanften, nach Trilby Elliot duftenden Traum in seiner kleinen, dunklen Kabine. Allein.
» Lutsa. Licht.« Seine Stimme klang raspelnd, trocken. Er taumelte in die Sanitärzelle, spülte ein Glas kaltes Wasser hinunter und spritzte sich welches ins Gesicht. Sein Trilby-Traum verblasste allmählich, aber er meinte immer noch ihr schimmerndes Silberhaar an seinem Gesicht zu spüren. Wie sie ihre Arme um ihn legte – das war gar kein Traum gewesen. Die Beengtheit der Sanitärzelle weckte die Erinnerung an das Kabuff mit der Hauptversorgung. Und an seinen unrühmlichen Zusammenbruch, bei dem er direkt in ihre Arme gesunken war.
So viel zu seiner vielbesungenen zafharischen Disziplin. So viel zu seiner vielbeschworenen Selbstkontrolle. Beides löste sich in ihrer Nähe in nichts auf wie Kondensstreifen am Himmel.
Er war vermutlich einfach nur übermüdet. Hatte mit der letzten Mission einfach seine physischen Grenzen überdehnt. Selbst er musste sich mal erholen und ausheilen. Was unter den gegebenen Umständen allerdings eher unpassend war.
Aber Müdigkeit war keine ausreichende Erklärung dafür, wie er mit der ganzen Situation umging, und speziell mit dieser Trilby Elliot. Das war ihm durchaus bewusst. Ihre seltsame Kombination aus Sarkasmus und Sanftmut wurmte und faszinierte ihn zugleich. Er konnte sich nicht erinnern, jemals einfach so seine Selbstbeherrschung verloren zu haben, aufgelöst wie silberner Dunst.
Wie auch immer, die Lage, in der er sich befand, erlaubte ihm nicht, einfach zu sein, wer er war. Er war zum Kommandieren geboren und erzogen. Er hatte noch niemals seinen überdurchschnittlich ausgeprägten Instinkt unterdrücken müssen. Das brachte ihn ziemlich durcheinander – fast so sehr wie Trilby Elliots Gegenwart. Er trank noch einen Schluck Wasser und versuchte, seine gewohnte Haltung zurückzugewinnen.
Seine verdammte, elende Haltung. Er rieb sich die Hand übers Gesicht. Den Netten zu geben, laugte ihn aus, es nagte unerbittlich an dem harten, arroganten Unnahbaren, der zu sein nun mal seine Bestimmung war. Seit dreißig Jahren. Bis das Schicksal und die ’Sko ihn einer gewissen Captain Trilby Elliott vor die Füße geworfen hatten.
Er saß auf der Kante des schmalen Bettes, krempelte die Hemdsärmel nach oben und aktivierte mit einem Fingertippen den Bildschirm. Die Wundhaut über seinen Verletzungen juckte nicht mehr. Und von den Schmerzen spürte er lediglich noch einen dumpfen Druck. Nur das war wichtig. Das und seine Mission. Nicht ihr Lächeln, ihr sanftes Lachen. Nicht ihr Mitgefühl. Sie wusste doch gar nicht, wem sie es entgegenbrachte. Und sie begriff überhaupt nicht, was sie damit anrichtete.
Zeit,
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