Sternenjagd
was er getan hatte, aber er hatte keine Erklärung dafür. Es war ein Missverständnis. Nur ein weiteres Missverständnis. Wie das von vorhin … von heute Morgen – war das wirklich erst heute Morgen gewesen? –, als er sie für eine Kopfgeldjägerin gehalten hatte, die ihn nach Quivera verfrachten wollte.
Aber das waren vergleichsweise nachvollziehbare Fehltritte gewesen. Das hier jetzt war absolut unentschuldbar. Die Kontrolle zu verlieren nur wegen eines bezaubernden Gesichts, eines weichen Mundes, eines hypnotisierenden Duftgemischs aus Puder und Blumen.
»Das, äh, das Schott kam runter.« Ein schlappe Antwort, aber was Besseres fiel ihm gerade nicht ein. Er schmeckte immer noch ihren Kuss, die Süße ihrer Haut. Und er spürte immer noch die Wärme an den Stellen, wo ihr Körper seinen berührt und noch mehr Wärme erzeugt hatte. Unter anderem …
»Ein Schott. Kam runter.« Trilby wiederholte seine Worte so, dass es klang, als hätte er gestammelt wie ein Schwachsinniger. Sie atmete schwer, aber dem Funkeln in ihrem Blick nach schien ihr Zorn verraucht zu sein. »Ein Schott kommt runter, und das gibt Ihnen das Recht, mir unters T-Shirt zu greifen?«
»Ich hab Ihnen nicht unters T-Shirt gegriffen. Ich hab nur versucht, Sie zu schützen. Wir …«
Eine Notluke über ihren Köpfen wurde aufgestoßen. Dezis Metallgesicht schaute herein. »Captain! Wir sind online! Wir haben Kontakt zur Außenwelt! Die Computer … oh. Verzeihung. Störe ich bei irgendetwas?«
Trilby überging Dezis Frage. Sie starrte Rhis an. »Beschützen Sie mich nie wieder. Verstanden?« Sie schaute zum Droiden hoch. »Auf die Brücke, Dez, ich will dich sprechen, sofort.« Sie schob Rhis zur Seite und verschwand nach draußen.
Allein im Tunnel schloss er die Augen und lehnte den Kopf gegen die Wand. Irgendetwas war passiert … etwas geschah mit ihm. Und er verstand es nicht. Er benahm sich wie Rafi, verdammt noch mal! Seit nicht mal einem Tag war diese Frau in seiner Nähe, und er benahm sich wie ein läufiger Lurch.
»Lächerlich«, murmelte er, doch es klang nicht wirklich überzeugt.
»Unverschämter, arroganter, unerträglicher imperialer Bastard!« Trilbys eher gedämpfte, aber umso grimmiger vorgetragene Litanei verlief im Takt mit dem Stampfen ihrer Stiefel auf dem Metallboden. Sie hätte auch noch »talentiert« und »attraktiver, als gut für ihn ist« anfügen können, aber sie steigerte sich gerade in einen Wutausbruch hinein, bei dem ausschließlich Negatives zählte. Sie würde an seine guten Seiten nicht mal denken, bis sie in Port Rumor getrennte Wege gingen.
Schnaubend betrat sie die Brücke und warf sich in ihren Sessel.
Sie waren wieder online. Eine lange Liste ungelesener Nachrichten wartete auf sie, darunter die Bestätigung für ihren Frachtgutauftrag in Bagrond. Sie bestätigte ihrerseits die Bestätigung, dann hob sie schwungvoll die Beine und legte die Stiefel auf der Konsole ab. Nun rückte sie sich bequem im Sessel zurecht und fuhr den Armlehnenbildschirm aus, um erst mal zu schauen, was ihr die Welt in der letzten Septi so alles hatte mitteilen wollen.
Neadis Gesicht tauchte auf. Kaffeebraune, glänzende Haut, dunkle, funkelnde Augen. »Hey, Trill. Hoffe, dich erreicht diese Nachricht.« Wie üblich beklagte sie sich eine Weile darüber, »wie elendiglich wir uns alle den Hintern wundscheuern, um zu überleben.« Doch dann verlor sich auf einmal ihre überdrehte Art, und sie wurde ganz ernst.
»Irgendwas ist los. Klar, ich weiß schon, die Geschäfte laufen eh nicht gut in letzter Zeit, aber bei uns Indies geht’s doch immer auf und ab.«
Neadi war mit der Branche genauso vertraut wie Trilby. Sie war praktisch auf einem Frachter aufgewachsen, allerdings auf einem viel größeren als der Venture . Letztlich aber lag es vor allem an dem Pub, den sie und ihr Mann gleich neben dem Spaceport betrieben, dass sie immer bestens versorgt war mit dem neuesten Tratsch und den wildesten Gerüchten aus Port Rumor, Bagrond und Quivera.
»Der Tratschfunk behauptet, die ’Sko haben einen neuen Verehrer. Ich weiß, ich weiß.« Neadi hielt eine Hand abwehrend hoch, als habe sie Trilbys ungläubiges Schnaufen gehört. »Du denkst jetzt: Wer legt sich schon mit den ’Sko ins Bett? Na, Zafharier zum Beispiel?«
Trilbys Gedanken wanderten zu einem großen dunkelhaarigen Mann ein Deck tiefer. Ein kleines Alarmglöckchen bimmelte in ihrem Inneren.
»Es gibt Gemunkel von irgendwelchen Geheimabsprachen mit einem der
Weitere Kostenlose Bücher