Sternenjagd
vergrub das Gesicht in den Händen und weinte vor Dankbarkeit.
15
Es war dunkel. Es war kalt. Dann war es hell und furchtbar heiß. Alles kratzte. Irgendwas pikte. Geräusche schwollen an, alles klang wie durch Watte. Sie musste dringend niesen.
Dann hatte sie Durst. Gin. Einen großen Gin mit Eis. Zwei Stück Zitrone. Klang gut.
Trilby Elliot schlug die Augen auf. Alles blieb weiterhin dunkel. Nein, nicht ganz. Gedimmt. Ihre Sicht verschwamm um die Ränder, ihre Augen stellten sich nur langsam scharf wie ein altes Fernglas. Rot umrandete Zahlen. Ein nervtötendes Fiepen.
Sie versuchte den Kopf zu drehen, entschied aber dann, dass es die Anstrengung nicht wert war. Sie versuchte irgendetwas zu erkennen. Rote Zahlen links. Das elende Fiepsdings irgendwo oberhalb. Rechts …
Es dauerte einen Moment. Ein Stuhl. Leer.
Ihre Nase kitzelte wieder. Sie hob eine Hand, um sich zu kratzen, und stieß mit dem Handgelenk irgendwo gegen. Mühsam schielte sie an sich runter.
Eine Glocke. Über ihr.
Sie war auf der Krankenstation. Die Krankenstation sah zwar nicht ganz so aus wie ihre, aber hey, vielleicht hatte sie gut Kasse gemacht durch ihren Frachtjob nach … nach …
Sie leckte sich die Lippen, schluckte. Probierte die Stimme aus. »Dezi?«
Eine Tür glitt zur Seite, ein heller Lichtstrahl blendete sie. Sie blinzelte und sah die Umrisse einer gedrungenen Form.
Kein Dezi.
» Lutsa «, sagte eine männliche Stimme. Das Licht wurde heller.
Lutsa?
»Nein, ich bin Trilby.« Ihre Stimme klang brüchig. Sie brauchte unbedingt noch einen Gin.
Die gedrungene Form kam an ihre Seite. Sie hörte, wie irgendwelches medizinische Gerät bedient wurde. Sie blinzelte, als sie sich ans Licht gewöhnte.
Der Kerl, der sie für Lutsa hielt, war um die sechzig, breitschultrig und glatzköpfig. Sie kannte ihn nicht und hoffte, dass sie das auch nicht musste. Sie wusste immerhin, wer sie war. Es wäre echt übel gewesen, wenn sie sonst nichts mehr gewusst hätte.
Nicht mehr wüsste, mit wem sie sich dermaßen hemmungslos betrunken hatte. Denn eine andere Erklärung konnte es nicht geben, wie sie auf dieser Krankenstation gelandet war. Sauftour.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte Glatzi. Er sprach mit Akzent. Sie hatte keine Ahnung, mit welchem.
Er trug einen hellblauen Laborkittel. Nicht so einen wissenschaftlichen wie Chasers weißer Kittel mit dem GGA -Logo drauf. Dann war das hier wohl ein Arzt.
Warum mussten einen bloß alle Ärzte immer fragen, wie es einem ging? Sie fand das eine saublöde Frage. »Weiß ich nicht«, erklärte sie. »Sie haben Medizin studiert, sagen Sie es mir.«
Er schien sich einen Augenblick zu versteifen, doch dann kicherte er. »Besser, viel besser. Das hört man. Das ist gut.« Er drückte den Verschlussknopf. »Kopfschmerzen, was? Und die Schulter schmerzt auch. Und die ganze rechte Seite sowieso. Noch irgendwas, was in meinem Medizinstudium vielleicht nicht dran kam?«
»Ich hab Durst, und meine Nase juckt.«
»Gut! Ich denke, das lässt sich beides regeln, Captain Elliot.«
»Sie wissen, wer ich bin?«
Er streifte kurz ihren Blick und klinkte die Regenerationsglocke aus. »Aber natürlich.«
Sie verkrampfte sich einen Moment lang, nicht, weil er ihren Namen kannte, sondern weil er die Glocke wegschwenkte und dadurch ihr nackter Körper zum Vorschein kam … bedeckt mit einem dünnen, weichen Tuch. Oh. Neuere Regenerationstechnik konnte offenbar durch Textilien dringen. Sie entspannte sich.
»Warum haben Sie mich dann Lutsa genannt, als Sie reinkamen?«
»Ah. Lutsa . Das ist zafharisch für Licht . Das muss man bei uns sagen, damit die Zimmerlampen angehen.«
Zafharisch?
Zafharisch. Wie Zafharier. Wie …
Tivahr.
Sie schloss die Augen, und ein kleiner zorniger Japser entschlüpfte ihren Lippen.
»Haben Sie Schmerzen? Woanders Schmerzen?« Sie hörte, wie Glatzi seine Anlage wieder anknipste.
»Nein.« Sie hob abwehrend die Hand. Dann rieb sie sich erst mal genüsslich die Nase. »Ich hatte …«, sie seufzte. »Ich hatte kurz vergessen, wo ich bin. Ich weiß nicht mehr so genau, was passiert ist. Und ich weiß auch nicht, ob ich überhaupt wissen will, was passiert ist.«
Glatzi schürzte die Lippen. »Für mich ist es am besten, wenn ich ausschließlich über Ihre Verletzungen spreche. Sie waren ziemlich schwer verletzt. Aber in den letzten drei Tagen …«
»Drei Tage ?«
»… haben Sie sich gut erholt. Ein Ergebnis meiner ausgezeichneten Pflege.«
Ach ja. Imperiale Arroganz.
Und
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