Sternenkinder
eine Dusche, deren Wände mit lauter Interface-Buchsen bestückt waren. Pirius fragte sich, ob diese Ausrüstung etwas mit Martas komplexen Verletzungen zu tun hatte.
Marta befahl ihm mit einer Handbewegung, auf einem Stuhl Platz zu nehmen. Pirius hörte das Surren von Motoren, als sie sich ihm gegenüber hinsetzte. »Tut mir Leid, dass ich Sie aus Queros Predigt holen musste.« Sie musterte ihn. »Und Sie können die Augenbrauen wieder runternehmen, Soldat. Natürlich wissen wir über Bürde und seine Bekehrungsversuche Bescheid.«
»Bürdes Worte trösten sie«, sagte er.
»Ja, natürlich. Das ist wohl auch der Grund, weshalb er damit solchen Erfolg hat. Und weshalb wir ein Auge zudrücken.« Sie nippte an ihrem Kaffee, und Pirius sah, dass die metallische Oberfläche ihres Gesichts sich durch ihre Lippen bis zum Gaumen zog. »Wir lassen sie in ihren Kadergruppen oder sogar in ihren Familien, wenn es sein muss, weil sie dann etwas haben, wofür sie kämpfen können. Und Bürdes Geschwätz über das Ende der Zeit tröstet sie, wenn sie fallen. Die Ideologen im Zentrum missbilligen das natürlich, aber wir haben hier draußen einen Krieg zu führen.«
Pirius fragte sich, wie er seine Zweifel an Bürde in Worte fassen sollte – und ob er es überhaupt tun sollte. »Ich verstehe Bürde nicht«, gab er zu. »Er ist ein Mensch von ganz eigenem Schlag. Im Einsatz kämpft er so hart wie jeder andere…«
»Härter als die meisten«, verbesserte ihn Marta lakonisch.
»Und er fürchtet sich nicht davor, für seinen Glauben geächtet zu werden. Aber manchmal kommt er mir… schwach vor.«
Marta betrachtete ihn. »Bürde hat seine verborgenen Seiten. Und eine Vergangenheit, in die er Sie offenbar nicht einweihen möchte. Aber wissen Sie was? Es stört mich nicht. Wenn Bürde morgen getroffen würde, verschwände seine ganze emotionale Komplexität mit ihm. Bis dahin kann er denken, was er will, und fühlen, was er will, solange er eine solch erfolgreiche Arbeit leistet. Wen interessiert es, was in den Köpfen unserer Soldaten vorgeht, solange sie kämpfen?«
Pirius schwieg.
»Sie maßen sich ein Urteil über mich an, Soldat«, sagte Marta mit schwererer Stimme.
»Ihre Verachtung für uns bereitet mir Probleme. Sir.«
Sie nickte, offenbar nicht beleidigt. »Keine Verachtung. Aber ich muss mit euch zurechtkommen, von der Geburt bis zum Tod, und ich muss euch in den Krieg schicken. Keine Verachtung, nein. Wohl eher Distanz. So ist das nun mal, wenn man das Kommando hat.«
»Wenn Sie den ›Freunden‹ gegenüber so tolerant sind, weshalb haben Sie Tuta dann das Leben dermaßen zur Hölle gemacht, als wir hierher gekommen sind?«
»Tuta?… Ach so. Bleibende Hoffnung. Mit Religion hatte das nichts zu tun. Das ist Ihnen doch sicher klar. Ich habe versucht, einen Kadetten in Form zu bringen. Das ist mein Job«, sagte sie neutral. »Also, wie denken Sie heute über den Einsatz auf dem Fabrik-Stein?«
»Es war ein Fehlschlag«, sagte er vehement.
»Meinen Sie?«
»Natürlich. Das Timing des Sperrfeuers war schlecht, und es hat sein Ziel verfehlt. Unsere Linie wurde durchbrochen, bevor wir überhaupt den Graben verlassen hatten. Unsere Flanken waren offen, und wir sind ins Feuer gelaufen. Wir hatten keine Chance.«
»Wie ich sehe, sind Sie ein Perfektionist, Pirius«, sagte sie trocken. »Im Krieg werden immer Fehler begangen. Aber das Entscheidende ist, dass wir gesiegt haben, trotz der Fehler. Wir haben den Fabrik-Stein zurückerobert. Sie müssen die Dinge in der richtigen Perspektive sehen.«
»In der richtige Perspektive? Sir, ich habe die Monopolfabrik als einziger Überlebender von zwei Zügen erreicht.«
»Es ist egal, wie viele fallen, solange einer durchkommt. Das habe ich euch schon bei der Einsatzbesprechung gesagt. Wir planen hohe Verluste ein. Diesmal waren sie vielleicht ein bisschen sehr hoch, aber die meisten von denen, die gefallen sind, waren noch feucht hinter den Ohren. Die Koalition hatte nicht viel in sie investiert. Sie waren billig. Natürlich wäre niemand durchgekommen, geschweige denn zurückgekommen, Pirius, wenn Sie nicht in dieser Form die Initiative ergriffen hätten.«
»Ich habe nur versucht, am Leben zu bleiben.«
»Glauben Sie mir, selbst das übersteigt die Fähigkeiten der meisten Ihrer Kameraden da draußen.«
»Sir…«
»Erzählen Sie mir von den Tilis. Welche Gefühle löst deren Schicksal bei Ihnen aus?«
Er rang um die richtigen Worte. »Ich stand meinen Crews in den
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