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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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einzudringen. Und zwar nicht nur in ein x-beliebiges Universum. Weißt du, was ein Konfigurationsraum ist?«
     
    »Stell dir vor, es gäbe keine Zeit. Stell dir vor, es gäbe keinen Raum…« In der stillen Kälte des Callisto legte Luru mit einer Stimme, die ein trockenes Rascheln war, außergewöhnliche Ideen dar.
    »Mach einen Schnappschuss vom Universum. Das Ergebnis ist ein statisches Gebilde, eine Wolke von Partikeln, die alle an irgendeinem Punkt im Raum im Flug erstarrt sind.« Ein Fingerschnippen. »Dann noch einen. Klick. Klick. Klick. Jedes Mal haben sich die Positionen der Partikel verändert, und du bekommst eine neue Konfiguration.
    Stell dir nun all diese Schnappschüsse vor, sämtliche möglichen Konfigurationen der Partikel des Universums. In jeder einzelnen Konfiguration könntest du die Positionen der Partikel auflisten. Der daraus resultierende Zahlensatz würde dann mit einem einzelnen Punkt in einem gewaltigen multidimensionalen Diagramm korrespondieren. Das Diagramm als Ganzes wäre eine Karte sämtlicher möglicher Zustände, die unser Universum annehmen könnte. Verstehst du? Und diese Karte ist der Konfigurationsraum.«
    »Wie eine Karte des Phasenraums.«
    »Wie eine Karte des Phasenraums, ja. Aber vom gesamten Universum. Jetzt stell dir vor, du würdest ein Staubkorn auf jeden Punkt der Karte legen. Jedes Körnchen entspräche einem einzelnen Punkt in der Zeit, einem Schnappschuss. Das ist Realitätsstaub, ein Staub der Jetzts. Dieser Realitätsstaub enthält sämtliche Anordnungen der Materie, die es jemals…«
    Während Luru erklärte und Nilis einzelne Punkte näher zu erläutern versuchte, verstand Pirius allmählich.
    Der Konfigurationsraum war nicht Pirius’ Welt, nicht sein Universum. Er war eine Karte, ja, eine Art zeitloser Karte seiner eigenen Welt und all ihrer Möglichkeiten, ein höheres Reich. Trotzdem war er Luru Parz zufolge ein Universum in sich selbst, ein Ort, wohin man in gewissem Sinn gehen konnte. Und er war mit Realitätsstaub gefüllt. Jedes Sandkorn dort repräsentierte einen Moment in seinem eigenen Universum, eine bestimmte Anordnungsmöglichkeit der Partikel seines Universums, der Atome, Menschen und Sterne.
    Doch das war ein statisches Bild. Was war mit der Zeit? Und mit der Kausalität?
    Wenn man Realitäts-Staubkörnchen in eine Reihe legte, erhielte man gewissermaßen eine Geschichte, sagte Luru Parz. Aber als Geschichte ergäbe sie vielleicht keinen Sinn; vielleicht käme keine Kausalität oder dergleichen zum Vorschein, sondern nur ein Wirrwarr unzusammenhängender Schnappschüsse, einer nach dem anderen. Die Sandkörner zögen einander jedoch an. Wenn sie von benachbarten Punkten im größeren Konfigurationsraum kämen, dem Diagramm aller möglichen Momente, müssten die in ihnen verzeichneten Momente einander ähneln. Und darum reihten sich die Körnchen in Ketten auf, wobei jede Körnchenlinie eine Abfolge von Momenten repräsentierte, die einem die Illusion von Bewegung, von verstreichender Zeit vermittelten, wenn man sie der Reihe nach betrachtete – und wenn die Körnchen ähnlich genug waren, vielleicht sogar die Illusion von Kausalität.
    So ungefähr.
    Und in diesen Konfigurationsraum, das begriff Pirius allmählich, wollte Luru Parz ihn schicken.
    Es überstieg seine Vorstellungskraft. »Sie wollen, dass ich in eine Karte gehe? Wie soll das funktionieren?«
    Luru sagte: »Reth Cana hat entdeckt, dass die in unserem Raum und unserer Zeit gefangenen Endolithen einen Weg in den Konfigurationsraum fanden – und Reth Cana fand einen Weg, auf dem die Menschen ihnen zu folgen vermochten. Er konnte ein menschliches Bewusstsein in dieses abstrakte Reich herunterladen.«
    »Mir ist klar, dass so etwas eine gewisse Anziehungskraft auf Pharaonen ausübt«, sagte Nilis mit finsterem Humor. »Ein abstraktes, statisches, platonisches Reich – ein Ort morbider Kontemplation, ein Trost für ewig junge Pharaonen, die zu rechtfertigen versuchen, welches Leid sie ihren Mitgeschöpfen zugefügt haben.«
    Luru Parz lächelte dünn. »Natürlich liegt dieses Reich außerhalb unserer Erfahrung. Deshalb hat Reth Metaphern konstruiert, eine Art Schnittstelle, um die Merkmale des Konfigurationsraums für den menschlichen Geist zugänglich zu machen. Es gibt eine Insel – einen Strand. Du wirst einen Berg sehen, Pirius, und ein Meer. Der Berg ist Ordnung, und auf seinem Gipfel findest du jenes spezielle Staubkorn, das die anfängliche Singularität repräsentiert:

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