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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kosmos konnte die den Menschen vertraute Materie aus Protonen und Neutronen – von Gluonen zusammengehaltene Komposita aus Quarks – noch nicht existieren. Es gab jedenfalls weder Atomkerne noch Atome. Stattdessen war der Raum mit einer Suppe aus Quarks, Gluonen und Leptonen sowie leichten Partikeln wie Elektronen und Neutrinos gefüllt. Es war ein »Quagma«, ein Magma aus Quarks, wie ein riesiges Proton.
    Während die Zeit unerbittlich verstrich, entstanden in den neuen Bedingungen neue Lebensformen.
    Die mittlerweile stabilen Quarks schlossen sich zu großen Ansammlungen zusammen; und als diese Ansammlungen immer komplexer wurden und miteinander interagierten, begannen die gewohnten Autokatalyse- und Rückkopplungsprozesse. Die schwarzen Löcher waren immer noch vorhanden und lieferten Struktur, aber nun gab es auch größere Materieklumpen, die ebenfalls als Stratum für neue Abenteuer des Lebens dienten, und das Strahlungsbad, das nach wie vor das Universum erfüllte, stellte kostenlose Energie bereit.
    Unter den neuen Spezies lebten uralte Strategien wieder auf. Es gab Ausbeuter und Synthetisierer. »Pflanzen« trieben ihr Wachstum mithilfe von Strahlungsenergie voran – aber es gab noch keine Sterne, keine Sonnen; stattdessen leuchtete der ganze Himmel. »Tiere« entwickelten sich, die sich von diesen Synthetisierern ernährten und lernten, einander zu jagen.
    Wie immer war die Variationsbreite der Lebensformen im ganzen Kosmos außerordentlich hoch, aber die meisten besaßen doch gewisse elementare physische Gemeinsamkeiten. Fast alle speicherten Informationen über sich selbst in ihren eigenen komplizierten Strukturen statt in einem inneren genetischen Datenspeicher, wie die Menschen es eines Tages tun würden: Bei diesen Geschöpfen war der Genotyp identisch mit dem Phänotyp, als bestünden sie vollständig aus DNA.
    Ihre Kommunikationsform wäre einem Menschen grausam erschienen. Ein Sprecher modifizierte die Erinnerungen seines Zuhörers direkt, indem er Quagma-Kügelchen hineinschoss; die Botschaft war in einer Geschossgarbe enthalten. Selbst ihre Reproduktion entsprach weitgehend der von DNA-Molekülen. Sie öffneten ihre Strukturen wie sich entfaltende Blüten und konstruierten eine spiegelbildliche Version ihrer selbst, indem sie Rohmaterial aus der umgebenden Suppe freier Quarks anzogen. Diese »Quagmiten« hatten nur begrenzte Ähnlichkeit mit den Wesen, denen die Menschen eines Tages im galaktischen Kern begegnen würden, aber sie waren ihre frühen Vorfahren.
    In physischer Hinsicht hatten Menschen und Quagmiten wenig gemeinsam; ein Quagmit war nicht größer als ein Atomkern. Aber die größten Quagma-Wesen bestanden aus ähnlich vielen Partikeln wie ein menschlicher Körper aus Atomen. Menschen und Quagmiten waren also in Bezug auf ihre innere Komplexität vergleichbar und verfügten auch über ein ähnlich reichhaltiges Geistesleben. Viele Menschen hätten die besten Werke der quagmitischen Dichtung geschätzt – wenn sie das Bombardement mit ihr überlebt hätten.
    Unterdessen teilten die Quagma-Wesen ihr Universum mit älteren Lebensformen.
    Den alten Raumzeitchemie-Geschöpfen, die einen weiteren kosmischen Übergang überlebt hatten, gelang es allmählich, sich an das neue Klima anzupassen, obwohl das Universum für sie kalt, dunkel und tot war. In ihrer Blütezeit hatte es keine »Materie« im normalen Sinn gegeben. Doch jetzt stellten sie fest, dass sie nützliche symbiotische Beziehungen mit Wesen aus Kondensatmaterie eingehen konnten: erweiterten Strukturen, die auf einen einzigen Quantenzustand beschränkt waren. Eine neue Lebensform wagte sich vorsichtig in die lichterfüllten Räume, wie Insekten mit »Körpern« aus Kondensat und »Flügeln« aus Raumzeitdefekten. So entstand eine neuartige Ökologie, die aus Fragmenten des Alten und Neuen hervorging. Die Symbiose und die Konstruktion von Mischwesen aus unbedeutenderen Komponenten waren jedoch ewige Strategien des Lebens, ewige Methoden, unter veränderten Bedingungen zu überleben.
    In der unvorstellbar fernen Zukunft würden die Menschen die stark weiterentwickelten Nachfahren dieser Mischwesen als »Xeelee« bezeichnen.
    Die Proto-Xeelee hatten unterdessen bemerkt, dass aus dieser turbulenten Brühe noch eine andere Materieart entstanden war. Eines Tages würde sie von menschlichen Wissenschaftlern als Dunkelmaterie bezeichnet werden, denn sie ging mit anderen Materiearten nur lose Bindungen ein, durch Gravitation und die

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