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Sternenkinder

Sternenkinder

Titel: Sternenkinder Kostenlos Bücher Online Lesen
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waren die Wächter echte Nervensägen, aber im Einsatz war es beruhigend, ihre Einheiten zur Flankensicherung in der Nähe zu haben. »Wir sind ungefähr zwei Kilometer von unserer Zielfabrik entfernt. Sie liegt in dieser Richtung.« Er zeigte hin. »In dreißig Sekunden eröffnet die Artillerie das Sperrfeuer, und in fünf Minuten rücken wir vor. Alle bereit? Gut.«
    Dann schnippte er zu Pirius’ Erstaunen mit den Fingern, und in der Luft über ihnen erschien ein Virt, das wie ein bunter Geist über dem Graben schwebte.
    Es war eine Anfeuerungsrede. Der Mund einer lächelnden Frau formte Worte, zweifellos erhebende doktrinelle Propaganda, die Pirius nicht hören konnte. Sie bekamen Bilder von Feldgeschützen – hauptsächlich Monopolkanonen – zu sehen. Diese standen in Batterien ein paar Kilometer hinter Pirius’ Position, und er wusste, dass es weiter hinten Stellungen mit noch massiveren Belagerungsgeschützen gab, den so genannten »dicken Bertas«. Die schrägen Rohre waren seltsam anmutig, fand Pirius, und sahen für eine so mächtige Waffe sonderbar zerbrechlich aus. Sie waren fest im Boden verankert und opferten die Flexibilität für den relativen Schutz der Asteroidenmasse.
    Aber die ersten Geschütze feuerten bereits. Die Hitze, die sie erzeugten, war unübersehbar; die Verschlüsse der Kanonen glühten, ihre trägheitskontrollierten Rückstoßlafetten waren ramponiert und rauchten. Die Kanoniere hatten sich in der Hitze bis zur Taille ausgezogen, trugen aber noch ihre Hautanzughelme. Sie schwitzten, ihre hageren Oberkörper glänzten rot im Widerschein der glühenden Kanonen, und sie wimmelten wie Ratten um die Geschütze herum. Pirius fragte sich, ob Bleibende Hoffnung in einem solchen Inferno arbeitete.
    Wenn das Virt die Moral der Infanterie heben sollte, so gelang ihm das nicht. Sie sollten hinter dem Geschützfeuer ungefährdet vormarschieren, eine Taktik, bei der alles von Präzision und von der Koordination zwischen Artillerie und Infanterie abhing. Doch selbst in diesem bereinigten Bild sah Pirius, wie Dinge schief gingen; eine Rückstoßlafette zerbrach unter der Belastung.
    Und das Virt selbst wurde plötzlich von kirschroten Strahlen durchlöchert. Pace, der sein Gesicht im Dreck vergrub, schaltete es ab; es löste sich in eine Pixelwolke auf.
    Cohl hob den Kopf. Ihr Gesicht lag völlig im Schatten, aber Pirius sah, wie sie verächtlich die Zähne fletschte. »Jetzt wissen wir wenigstens, wo die Xeelee-Stellungen sind. Das Problem ist, dass auch sie mitbekommen haben, wo wir sind.«
    Und dann legte die Artillerie erst so richtig mit dem Sperrfeuer los.
     
    Pirius spürte es, bevor er es sah. Die Erschütterungen des Bodens durchstießen die Trägheitsdämpfung seines Anzugs und gruben sich tief in seinen Bauch.
    Die ersten Granaten, schrill pfeifende, schillernd blaue Punkte, segelten über ihn hinweg. Jede gab im Flug Energie ab und erzeugte einen funkelnden Schweif exotischer Partikel. Er stellte sich die Reihen der Geschütze vor, die leichteren Kanonen und die gewaltigen »dicken Bertas« hinter ihnen, wie sie in kilometerlangen Linien zu abertausenden ihre Munition gen Himmel spien.
    Die ersten Granaten segelten außer Sicht und landeten irgendwo hinter dem Horizont. Er spürte, wie der Boden bei ihrem Einschlag erbebte, und sah das Abwehrfeuer aus den Xeelee-Stellungen. Eine Linie pinkfarben-purpurroter Strahlen schlängelte sich in die Höhe, als Sternzertrümmerer die Granaten abzuschießen versuchten, bevor sie herunterkamen. Aber weitere Granaten folgten ihnen. Bald waren es so viele, dass die Schweife zu einer massiven, grellen Lichtfläche verschmolzen, und der Himmel verschwand hinter einem Vorhang aus changierendem Blau. Es war eine Schlacht der Lichter am Himmel, menschliches Blau flutete gegen das trotzige Xeelee-Rot an.
    Das Ganze war von einer ungeheuren Brutalität. Es überraschte Pirius, dass der Asteroid unter der Belastung nicht einfach auseinander barst. Er kam ihm zerbrechlich vor, wie ein Staubkorn; Pirius wusste, ein Fehltritt der mächtigen Monstren, die den Boden um ihn herum zertrampelten, würde einen so jähen Tod zur Folge haben, dass ihm nicht einmal Zeit genug bliebe, es zu merken.
    Bürde irrte sich, dachte er plötzlich. Ganz gleich, was in der Zukunft geschah, ganz gleich, wer oder was in einer zeitartigen Unendlichkeit wartete, nichts konnte jemals die schonungslose Realität dieses Augenblicks löschen. Dies war real, dieser gemarterte Boden, diese

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