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Sternenschimmer

Sternenschimmer

Titel: Sternenschimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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Alles war wie immer. Die Sonne schien am stahlblauen Himmel, die Luft roch frisch und süßlicher Blumenduft schwang aus dem Garten zu mir herüber. Mein Herz machte einen Sprung, als ich daran dachte, dass Tony mir wohl gleich auf seinen kleinen Beinchen entgegenflitzen würde. Ich wunderte mich, weil er nicht schon längst da war. Vielleicht ist er ja gerade mit Hope und den anderen am Bach und kann mich wegen des Wasserrauschens nicht hören. Ich konnte es kaum erwarten, endlich bei den Kindern zu sein. Und Iason zu sehen … Beim Gedanken an ihn legte ich einen Schritt zu.
    Wir aus dem Tulpenweg gehörten alle zusammen, so empfand ich es. Ein kleiner eigentümlicher Mikrokosmos, geschlossen in einem All ohne Grenzen.
    Ich stieg die Treppe zur Veranda hinauf. Aber auf der letzten Stufe blieb ich stehen und drehte mich noch einmal um. Etwas war anders als sonst. Lag es daran, dass Berts Flugschiff nicht vor dem Haus stand? Merkwürdig. Vielleicht war er mit den Kindern einkaufen gefahren? Zaghaft wandte ich mich wieder der Tür zu  – und öffnete sie.
    Frank saß in der Küche. Allein. Sein Oberkörper lag zusammengesackt auf dem Tisch, das Gesicht hatte er zwischen den Armen verborgen.
    Irgendetwas stimmte nicht.
    Erst als die Scharniere quietschten, regte er sich leicht. Es dauerte viel zu lange, bis er den Kopf hob, und es war, als koste ihn das seine ganze Kraft.
    Nicht gut, gar nicht gut, dachte ich.
    »Was ist?«, folgten meine Lippen den Gedanken.
    Frank starrte mich mit geröteten Augen an.
    Dumpf meldete sich eine Ahnung in mir. Sie kroch aus den Tiefen meinesUnterbewusstseins  … aus dem Koffer der weggepackten Geschichten … in dem sich auch mein Vater befand.
    Furchtsam fragte ich mich, ob ich ihn vielleicht nicht gründlich genug abgeschlossen hatte.
    »Wo sind sie?« Mein ungutes Gefühl wuchs mit jedem Wort meiner Frage.
    Franks Hände krampften sich zusammen.
    Alarm! Sämtliche meiner Nerven hämmerten Alarm. Langsam drehte ich den Kopf  – und sah mich um.
    Die Möbel im Tulpenweg waren unter großen weißen Laken verschwunden  …

    Ich schreckte in meinem Bett hoch. Kalt, mir war bitterkalt, als ich meine zerwühlte Bettdecke am Fußende ertastete. Fröstelnd holte ich sie wieder zurück und rollte mich zu einem festen Knäuel darunter zusammen. Es war nur ein Traum. Ein böser, böser Traum, versuchte ich mich zu beruhigen.
    Ein Blick zum Radiowecker sagte mir, dass es schon halb sieben war. Also kletterte ich aus dem Bett. Ich fuhr mit der Hand über mein Gesicht, doch die Bilder des Traums klebten wie Kaugummi an mir.
    Zitternd zog ich die Nachttischschublade auf, nahm meinen iCommplete heraus und steckte die dazugehörigen Voicetroden in die Ohren. Auf dem Weg zum Bad stampfte ich meine Gedanken mit knallender Musik ein. Das half.
    Die kalte Dusche hatte ebenfalls gutgetan. Ich stieg aus der Kabine und wollte gerade nach dem Handtuch greifen, entschied mich dann aber doch zuerst für die Voicetroden. Es war einfach noch zu still um diese Uhrzeit.
    »Du hast nur geträumt«, sagte ich mir wieder.
    Das kuschelige Handtuch schmiegte sich wärmend an meinen Körper. Heute Mittag würden sie alle da sein. Bestimmt.
    Ich stellte die Musik noch lauter und tapste in Begleitung eines schnellen Gitarrensolos in mein Zimmer. Vor den offenen Türen des Kleiderschranks tat sich heute erstmals ein ganz alltäglichesProblem auf. Was zog ich an? Für andere war das oft ein schwerwiegendes Unterfangen. Ich selbst nahm es damit meistens nicht ganz so genau. Und so war es auch heute. Die Entscheidung war schnell gefällt. Grün war nämlich zweifelsohne genau die richtige Farbe, um solch einem verkorksten Morgen entgegenzutreten. Grün versprach Hoffnung. Die kakifarbene Jeans, mein mintfarbenes Longsleeve und darüber das grasgrüne T-Shirt-Kleid? Ja, so könnte es gehen. Ich schlüpfte in meine Klamotten und wollte gerade das Bett machen, als mein Blick auf eine schwarze Jacke mit hellgrauer Sweatshirt-Kapuze fiel. Sie lag neben dem Kopfkissen, als würde sie noch schlafen, genau wie meine Erinnerung daran noch geschlafen hatte. Doch jetzt erwachte sie.
    Andächtig zog ich den schwarzen Stoff an mich. Die Kapuze schmiegte sich weich an meine Wange, und sie duftete, sie duftete so herrlich nach Iason … also, jetzt nahm ich es meinem Traum wirklich übel, dass er mir so eine Möglichkeit des Erwachens verhunzt hatte. Die Voicetroden zog ich von den Ohren. Ein leises Plopp verriet, dass sie mir

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