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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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angeschlossenen Familien-Clans; leidenschaftliche Bürger, die einfach nur reden wollten, und selbst Kinder, die sich die Möglichkeit nicht entgehen ließen, sich an der Seih des Viir-Nega in Positur zu stellen, und Schlachtrufe brüllten. Einmal drängte ein Mädchen, das kaum alt genug aussah, um eine Mutter zu sein, ein kleines Kind nach vorne, Das Kleine war so überrascht, sich neben dem Hengst des Viir-Nega wiederzufinden, daß es nur noch erstaunt, mit offenem Mund, schauen konnte. Tedni redete ihm schließlich gut zu und brachte es zu seiner Mutter zurück.
    Dann scharrte Rezni mit den Füßen und zog die mageren Schultern nach hinten, so daß Danior vermutete, daß jetzt der Zeitpunkt für Reznis Rolle im Ritual gekommen war, Danior schaute unruhig zu der Singseide. Im unteren Teil seiner Kehle, dort, wo der Paarungsstein auflag, wurde warm.
    Kontrolle.
Er holte tief Luft und entließ die Luft in Abständen, um so die Wärme zu löschen.
    Doch als die blaue Schärpe im Baum hing, Rezni beiseite trat und sich eine leichte Brise in dem schimmernden Stoff fing, als das fremde Lied erklang, da hob Danior die Hand zum Paarungsstein und entdeckte, daß er warm war. Er schloß zitternd die Finger darum.
Kontrolle.
Er konnte den Wärmeknoten, der in seiner Kehle anwuchs, ignorieren. Er konnte dem Blauen Lied lediglich mit den Ohren lauschen, wie es jeder tat. Doch jetzt, da die fremde, körperlose Stimme in der Luft sang, wollte er es nicht mehr. Das Blaue Lied fing den Sonnenschein ein und den Wind, schuf daraus eine schmeichelnde Melodie ohne Worte, und Danior wollte sich nicht mehr zurückziehen. Er wollte, daß die Wärme zunahm. Er wollte wieder unter den weißstämmigen Bäumen wandeln. Er schloß seufzend die Augen. Die Wärme in seiner Kehle wurde stärker, Danior langte aus und griff an den geschmückten Clansmännern vorbei, an der strahlenden Sonne.
    Unter den weißstämmigen Bäumen war es dunkel. Ein einziger Mond hing am Himmel, und Danior war allein. Hier gab es keine Gestalt mit glänzendem Pelz, mit gelben Augen, keine gröbere Gestalt mit schwellenden Muskeln. Es gab nur den Erdboden, der unter den Füßen weich nachgab, und Bäume. Und das Blaue Lied. Er horchte, und es erklang IH im Wald. Es rief, Licht und Laut unentwirrbar verwoben, und lockte ihn sanft heran. Er prüfte zögernd und erkannte, er sich der Quelle des Lautes nähern konnte. Während er näher kam, wurde das Lied nicht lauter. Nur sehnsüchtiger. Und als er weiterging, hatte Danior wachsende Gefühl von Licht, obwohl die Bäume dunkel b l ieben. Er fühlte undeutlich, wie sich Reznis Finger in sei-Arm gruben, hörte Füßescharren, und dann vernahm er ein anderes Lied von einem fernen Baum.
    Nicht blau. Dieses Lied war nicht blau. Es war von einer anderen Farbe, leuchtender, leichter, jubilierend. Danior holte tief Luft und bewegte sich weiter vorwärts, dann blieb er stehen und schaute zu einem Nest aus leuchtenden Seiden empor. Ein Stück sonnengelber Seide griff nach dem sanften Nachtwind und bot ein stummes Lied gegen die Schatten auf. Danior sah wie gebannt hinauf, bis die Seide zurückgezerrt und befestigt wurde. Ein dunkles Gesicht blickte aus dem Nest zu ihm herab.
    Schräggeschnittene Augen, kastanienbraunes Fell, eine dünne rosige Zunge, die sich nervös zwischen den scharfen weißen Zähnen bewegte. Sah ihn das Tier? Danior versuchte die Hand zu heben, zu schreien, doch es gelang ihm nicht. Irgendwo hoch oben in den Bäumen schrie ein kleines Geschöpf.
    Das gelbäugige Tier zog sich zurück, bis Danior nur noch seinen Schatten auf der Seidenbahn erkennen konnte. Es hantierte an den Seiden und ließ eine neue Stoffbahn frei. Die Seide kräuselte sich und sang ein karmesinrotes Lied, süß und schwer, aus tiefer Kehle.
    Danior stand fasziniert unter den Bäumen und lauschte den Liedern einer jeglichen Farbe. Stand unter den Bäumen
    und versuchte vergebens, die Stimme zu erheben. Stand unter den Bäumen und fragte sich, wohin die hinausreichende Kraft ihn gebracht hatte, an welchen Ort, in welche Welt; fragte sich, ob es Wirklichkeit oder Phantasie war. Hatte er in einen verborgenen Teil seines Verstandes gegriffen? Oder gab es einen Wald wie diesen irgendwo hier; mit Singseiden und einem Geschöpf, das sie freiließ, damit sie im Mondschein singen konnten?
    Die dunklen Wesen - sie waren so unvorstellbar fremd gewesen. Wie konnten sie dann aus seinem eigenen Verstand gekommen sein? Als ihm das einfiel, zog er sich

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