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Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied

Titel: Sternenseide-Zyklus 2 - Das Blaue Lied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sydney J. Van Scyoc
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an zischendes Wasser, sich windende Weeds, eine stämmige Frau, die besitzgierige Gedanken hatte. Ein Mann saß am Ufer und spann Geschichten, ein anderer Mann ritt auf seiner Weißmähne; ein Blaues Lied langte nach der Sonne und einer sanften Brise.
    Danior preßte die Lider noch fester zusammen und versuchte an der Erinnerung vorbei in die Gegenwart zu reichen.
    Plötzlich überkam ihn die schwankende Vision eines dunklen Gesichtes: schmale Augen, hungrige Backenknochen, magere Kiefer – der Junge, der auf die Weißmähne zugestürzt war und fast gesteinigt worden wäre. Daniors Erschrecken ließ die Vision schwanken. Dann fing er sich, holte tief Luft und behielt sie in der Lunge, bis die Vision deutlicher wurde. Der Junge saß unter den Bäumen, neben ihm war ein Messer mit der Klinge voran in den Boden versenkt, seine Hand drückte den Griff, dann ließ sie ihn los. Er sprach, doch obwohl sich Danior darum bemühte, konnte er nicht verstehen, was der Junge sagte.
    Keva – jetzt spürte er ihre Gegenwart. Sie saß in der Nähe des Jungen und aß. Brot, Käse? Er spürte das Essen auf ihrer Zunge, konnte es aber nicht bestimmen. Er konnte auch nicht hören, was sie sagte, oder die Gemütsbewegung deuten, die hinter den Worten war. Den Wüstenjungen sah er deutlicher. Verschiedene Emotionen huschten über sein mageres Gesicht: Vorsicht, Unsicherheit, Angst. Er versuchte sie hinter seiner Arroganz zu verstecken, was ihm aber nur unvollständig gelang. Er spielte unaufhörlich mit dem Messer, zerrte die Klinge aus dem Boden und schleuderte sie mit einem heftigen Ruck des Handgelenks wieder in die Erde.
    Sie saßen herum, aßen und unterhielten sich, während Danior darum kämpfte, die Szene deutlicher werden zu lassen, zu verstehen, was sie bedeutete. Aber bevor es ihm gelang, standen Keva und der Wüstenjunge auf, suchten ihre Besitztümer zusammen und zogen weiter.
    Dann verlor Danior die Vision. Er sank auf die Fersen, sein Gesicht war schweißnaß, die Hände zitterten. Es dauert Minuten, bis er wieder in der Lage war, aufzustehen; er bebte vor Erleichterung.
    Er hatte Keva gefunden, und sie schien sich nicht in unmittelbarer Gefahr zu befinden. Aber weshalb war es ihm heute schwerer gefallen als jemals zuvor, sie zu erreichen? Er rieb sich den Hals; er stand vor einem Rätsel. Die Distanz zwischen ihnen war jetzt noch weniger geworden. Und er besaß mehr Übung.
    Möglicherweise machte es ihm auch die Tatsache, daß er selbst müde und unruhig und sie durch den Wüstenjungen abgelenkt war, schwieriger, nach ihr zu greifen. Wenigstens wußte er jetzt, daß sie sich im Wald befand. Und anhand des Lichtes, das schräg durch die Bäume fiel, konnte er auch die Richtung feststellen, die sie eingeschlagen hatten.
    Dem südlichen Waldrand entgegen. Zu den Rauhen Ländern und der Wüste, die dahinter lag.
    Er runzelte die Stirn, als ihm wieder die bruchstückhafte Erinnerung einfiel, die anfangs über ihn gekommen war, als er versucht hatte, den Stein zu benutzen. Die Erinnerungen eines Mannes aus der Wüste. Hatte er auf irgendeine Art durch Kevas Gedanken hindurch in den Verstand des Jungen gegriffen?
    Nein; die Person, die er erreicht hatte, hatte Gefährten bei sich – Wüstenmänner, wie er einer war. Sie kochten vor Wut, fühlten sich ungerecht behandelt. Und sie befanden sich ebenfalls im Wald. Schnell warf sich Danior den Packen über die Schulter und griff nach seinem Spieß, das aufsteigende Gefühl einer neuen Gefahr trieb seine steifen Muskeln an.
    Er ließ sich vom Stein führen. Jedesmal, wenn er hinausgriff, fand er heraus, daß die Distanz, die ihn von Keva und dem Wüstenjungen trennte, noch geringer geworden war. Am späten Nachmittag erkannte er einzelne Bäume, an denen sie vorher vorübergegangen waren. Einmal stolperte eine nachzottelnde Gruppe Jährlinge an ihm vorbei, sie schleuderten ihre wirren Mähnen, und an ihren Nasen klebten noch gelbe Pollen. Endlich entdeckte Danior die Ab drücke von Kevas Stiefeln und den nackten Füßen des Jungen und folgte ihrer Spur.
    Es war beinahe Sonnenuntergang, als Danior bemerkte, daß Keva und der Junge abrupt ihre Richtung gewechselt hatten und nach Osten abgeschwenkt waren. Danior hielt an, schaute auf den Waldboden und entdeckte schnell, weshalb sie es getan hatten.
    Auf dem Boden waren Hufabdrücke zu erkennen, eine einzige Reihe, die gen Osten führte. Danior studierte sie, und etwas, was ihn bisher beunruhigt hatte, wurde plötzlich klar.
    Als Keva

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