Sternenstaub
begegnen. Ajas kam näher und wir legten uns gegenseitig mit geneigten Häuptern die Hände auf den Kopf.
Iason sandte mir ein topashelles Schimmern, und ich spürte seine Zufriedenheit darüber, wie das alles hier lief. Seine zurückgewonnene Ruhe schmiegte sich um mein Herz, sodass auch mir bald schon etwas wohler wurde. Ajas’ Hand war so groß, dass sie beinahe meine gesamte Schädeldecke umfasste. Von ihr ging eine angenehme Kraft aus. Jetzt hob er die Lider und sah mich überrascht an, als hätte ich etwas in der Art mit meiner kleinen Hand erwidert.
Dann ließen wir uns los. Mit gesenkten Häuptern wichen wir auseinander, das heißt, nur Ajas zog sich zurück, ich wäre ja sonst von dem Ast gefallen.
Der Nächste, der mich begrüßen wollte, war Iasons ältester Bruder Rojan, ein blonder Mann mit ernstem Gesichtsausdruck. Neben ihm stand seine verbundene Partnerin Kaja, eine junge zierliche Frau. Mann, Mann die Frauen hier hatten vielleicht alle lange Haare. Krass!
So höflich, wie sich dieser Teil von Iasons Familie mir gegenüber zeigte, hatte ich damit gerechnet, dass sich auch – wie hieß er noch mal? Ach ja – Bo anstellen würde, aber falsch gedacht. Als er sich nicht bewegte und Rojan ihn ein Stück auf mich zuschieben wollte, sträubte sich der Kleine.
Iason spannte die Schultern an. Wo sich bei mir ein flaues Gefühl ausbreitete, da kochten bei ihm Wut und Ärger hoch. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, wie Ajas mit ernster Miene die Lippen bewegte. Die strenge Ansprache galt garantiert seinem Jüngsten, der sich eben öffentlich gegen mich ausgesprochen hatte. Dafür kam aber Jola, Iasons Tante, auf mich zu. Ihren Namen hatte ich behalten, weil er mir so gut gefiel. Ob sie wohl wusste, dass ihr Bruder eine Tochter auf der Erde hatte?
»Willkommen auf Loduun«, sagte sie und begrüßte mich warmherzig mit einem Kuss auf die Wange. Ihr irdisches Verhalten und ihre akzentfreie Aussprache ließen vermuten, dass sie lange Zeit in der Raumstation gearbeitet hatte und ich somit nicht die erste Irdin war, der sie begegnete. Ihre Begrüßung war deutlich freundlicher als die der übrigen und ich fragte mich, ob nicht noch andere als Bo große Bedenken wegen mir hatten. Vielleicht trauten sie sich ja aus Angst vor Iason nur nicht, diese offen zu zeigen. Er war schließlich ihr Wächter, und wenn ich eins begriffen hatte, dann, dass ihm dieses Amt ordentlich Respekt verschaffte.
Genug diskutiert. Ajas schickte seinem Sohn eine gold flimmernde Ermahnung aus den Augen, woraufhin Bo den Kopf senkte und gehorsam auf mich zuging. Die Situation war mir wirklich unangenehm und am liebsten hätte ich Ajas gebeten, seinen Sohn nicht dazu zu zwingen, mich zu begrüßen, aber ich war hier in einer ganz anderen Welt und dementsprechend unsicher, wie auch etwas schüchtern. Als Bo das Haupt senkte und keine Sekunde länger als nötig meine Hand auf seinem Haar duldete, wurde mir richtig mulmig. Bo hob den Kopf, obwohl loduunische Kinder erst im Laufe ihrer Entwicklung mit den Augen flimmern konnten, sprach sein Blick Bände, und zwar keine guten.
Ajas legte die Hand auf Iasons Schulter. »Ich regle das mit ihm. Wir bereiten hier noch die Reunionsnacht vor und kommen dann nach.«
Iason sah mich an, weil ich natürlich mal wieder nichts verstand. »Die Reunionsnacht ist die Nacht, in der sich unsere beiden Sonnen auf ihren Umlaufbahnen überschneiden. Ein wunderschönes Lichtspiel, das sich in eurer Zeitrechnung etwa alle hundertfünfzig Jahre ereignet. Und nun wird es ausgerechnet morgen Abend bei Dämmerung passieren. Eine Legende besagt, dass in dieser Nacht ein Zyklus endet und ein ganz neuer beginnt.«
Ein erstes Lächeln stahl sich in Ajas Gesicht, was seiner autoritären Ausstrahlung allerdings keinen Abbruch tat. »Ihr seid also genau zu rechten Zeit gekommen.«
Um ehrlich zu sein, hatte ich Schwierigkeiten, die klare Andeutung, die in dieser Aussage steckte, an mich heranzulassen. Ich wusste nur, dass sich außer Ajas und Jola hier immer noch jeder hinter seiner Reglosigkeit verschanzte.
»Ich glaube, wir überfordern Mia gerade etwas«, sagte Ajas.
»Was hältst du davon, wenn du mit ihr schon einmal vor in die Siedlung gehst und ihr alles zeigst, Iason?«
Ich wusste, dass Loduuner sehr sensibel waren. Wenn Ajas mir damit Zeit geben wollte, um das alles hier zu verdauen, dann traf er damit ins Schwarze.
»Wie sieht’s aus? Lust auf eine kleine Sightseeing-Runde?«, fragte Iason
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