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Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
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Ich meine, man musste sich doch nur mal anschauen, welchen Wert die anderen Bewohner der Wagenburg auf seine Meinung legten, sie vergötterten ihn regelrecht. Ich schlängelte mich durch die vielen Caravans, bis ich den Dorfplatz erreichte. Dort sah es anders aus als sonst. Viel aufgeräumter, um nicht zu sagen leer. Hm, komisch.
    Mein Dad kam mit einem dunkelhaarigen Mann zwischen zwei Wagen hervor, die beiden waren so sehr in ihre Unterhaltung vertieft, dass er mich zuerst gar nicht bemerkte. Aber dann sah er mich.
    »Mia.« Er lächelte.
    »Hi!« Ich warf alle Vorsätze über Bord und stürzte auf ihn zu. Ich wollte nur noch das kleine Mädchen sein, das kleine Mädchen, das sich an seiner Schulter ausheulte und dem er Trost schenkte. Wollte meinen ganzen Kummer vor ihm ausschütten.
    Er nahm mich in die Arme und ich schluchzte direkt los.
    »Hey, Kleines?«, fragte er sanft. »Ist es so schlimm?«
    Er wusste also schon über Iasons Abreise Bescheid. Wann hatte meine Mum es ihm erzählt? Ich nickte und vergrub mein Gesicht in seinem weißen Leinenhemd, als ich hinter mir ein Scheppern vernahm.
    »Wo sollen wir damit hin?«
    Er drehte sich kurz zu Maggie um, die mit einer Kiste voller Töpfe und Pfannen in den Händen dastand. Freundlich und geduldig gab er ihr Anweisungen, das Ganze noch irgendwo im Küchenwagen unterzubringen.
    »Was ist hier los?«
    »Ich dachte, das wüsstest du?«
    So wie ich ihn ansah, schien er zu begreifen, was ich noch nicht begriff.
    »Du weinst gar nicht wegen mir.«
    Und da verstand ich es auch. Wir hatten eben wohl aneinander vorbeigeredet. Er wusste nichts von Iasons Abreise oder dem Streit zwischen mir und Mum.
    »Mia, es ist vorbei. Wir ziehen weiter.«
    »Was?« Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Nicht auch noch du , dachte ich nur. Nicht auch noch du .
    »David!«, rief Boris uns zu. Er stand etwas entfernt und trug einen Stapel zusammengelegter Sonnensegel. »Mein Wagen ist voll, ich leg die bei dir rein, okay?«
    Das konnte jetzt nicht sein. Das würde er doch jetzt nicht noch einmal bringen.
    Mein Dad nickte Boris zu, dann widmete er seine Aufmerksamkeit ganz mir. »Mia, ich habe Verantwortung für diese Leute. Sie brauchen mich.«
    »Ich auch«, flüsterte ich.
    Eine stumme Weile sah er mich an, dann sagte er: »Bei deiner Mutter bist du in den besten Händen.«
    Ich war so vor den Kopf gestoßen, dass ich nicht antworten konnte. Nur schlucken konnte ich.
    »Mia«, setzte er kaum weniger hilflos zu einer Erklärung an. »Wo soll ich denn hin? Deine Mutter würde mir zu Recht eins husten, wenn ich wieder bei euch einziehe. Ich habe hier nicht mal einen Job.«
    Diese Worte riefen ein plötzliches Kribbeln in mir hervor. »Wenn es nur das ist. Ich kann … ich kann dir einen Job besorgen … bestimmt kann ich das … ich kann Stellenanzeigen durchforsten … da sind mit Sicherheit ein paar interessante …«
    »Nein«, unterbrach er mich und ich zuckte unter dem bestimmten Tonfall zusammen. Er stützte die Hände in die Hüften und legte den Kopf in den Nacken, als müsste er sich zunächst sammeln, sich seine nächsten Worte bereitlegen. Dann sah er mich an. »Ich kann mir ein Leben unter der Kuppel einfach nicht vorstellen«, sprach er seine harten Worte ganz sanft aus. Es war … ernüchternd. So war mein Dad, jetzt erkannte ich ihn. Ich nickte bitter, sah ihn noch einen schweren Moment lang an und ging davon. Die Welt verschwamm vor meinen Augen. Und als er mir nachrief, ein Mal, zwei Mal, ging ich weiter.
    Er folgte mir nicht.
     
    Mit dem Gefühl, bis ins Mark betrogen worden zu sein, lief ich los, rannte unter die Kuppel, durch die Straßen, jagte die Rollbänder zu den nächsten Terrassen und Rollbändern hinauf, irrte durch den Regen quer durch die Stadt, irgendwohin, wusste nicht wo, oder doch? Verdammt, ich fühlte mich so allein und verlassen, dass es wehtat.
    Schwer atmend lehnte ich mich mit dem Rücken gegen die Häuserwand unter eine Überdachung und betrachtete Iasons Brief, den ich die ganze Zeit in der Jacke bei mir getragen hatte. Über den Wolken scheint immer die Sonne.
    Schlimmer konnte sich Kummer kaum noch anfühlen. Es sei denn, Iason würde etwas zustoß… Nein, nicht daran denken, bloß nicht. Ich brach das Siegel. Dieser Loduuner. Sein Sinn für Ästhetik hätte eine mit dem Computer geschriebene Nachricht niemals erlaubt.
    Was ich fand war ein Schlüssel, dem lediglich ein Blatt mit einer Adresse beilag. Selmorstraße 2038. Hm, das war

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