Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sternenstaub

Sternenstaub

Titel: Sternenstaub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Winter
Vom Netzwerk:
um dich zurückzuhalten und du wirst dich fürchterlich aufführen, um zu gehen. Und daran wird das Band zwischen uns zerreißen. Aber später werden wir es wieder neu zusammenknüpfen.«
    Stirnrunzelnd lauschte ich ihren Worten.
    »Genau wie du daran arbeitest, deine Beziehung mit Iason zu verfestigen, wirst du unsere lockern und an manchen Punkten auch zerstören, um atmen zu können. Keine Mutter gesteht sich das gerne ein, aber es ist wahr und auch wichtig. Für dich und für mich. Unsere engste gemeinsame Zeit ist vorbei. Du bist zu schwer für das Netz geworden, das ich unter dir gespannt habe. Wenn du jetzt fällst, musst du versuchen, selbst aufzustehen.« Sie legte ihre Hand auf meine. »Was nicht ausschließt, dass ich immer für dich da bin, wenn du es willst.«
    Ach, Mum. »Habe ich dir eigentlich schon mal gesagt, wie wundervoll du bist?«
    In dieser Sekunde klopfte es. »Störe ich?«
    Wir drehten die Köpfe.
    Bert stand mit zwei Tüten in der Tür. Scheinbar war ich die Einzige, die von der Wohnung nichts gewusst hatte.
    »Ich, ähm, war gerade in der Nähe im Supermarkt und hab euch Eis besorgt.«
    » Du hast Eis gekauft?«
    Etwas verlegen zuckte Bert mit den Schultern. »Na ja, in manchen Situationen hilft gesundes Essen einfach nicht weiter.«
    Meine Mutter und ich schauten uns an und dachten wahrscheinlich beide das Gleiche. Hätte jeder einen Bert, so wie wir, wären die Welten bedeutend besser.
    Berts Blick schweifte durch die akzentuiert eingerichtete Wohnung, zog über die Kücheninsel weiter zu den Wandschränken und Elektrogeräten, die ihre Energie vom Sonnenlicht zogen, das auf die Fensterfront hinter dem Waschbecken fiel. Er pfiff durch die Zähne. »Riesengroß, neueste ökologische Standarts und extrem schick, würde ich mal behaupten.«
    Tja, so war Iason. So hart, wie er im Nehmen war, so sehr war er auch ein heimlicher Fan von Luxusartikeln. Wo er sich wohl gerade aufhielt? Sofort stieg ein Bild in mir auf, es zeichnete sich ganz von selbst, Iason, hungrig und müde. In staubiger Wächterkluft und mit schmutzverschmiertem Gesicht saß er auf dem Boden einer Höhle, mit dem Rücken an eine harte Steinwand gelehnt, während ich hier auf dem gemütlichen Sofa saß. Ein schier unerträglicher Gedanke, aber ich konnte, wollte ihn nicht abschütteln. Auch wenn ich es mir immer wieder verbat, am liebsten hätte ich nichts anderes mehr gemacht, als an ihn zu denken. So fühlte ich mich ihm näher. Das Schlimme war nur das Danach.
    »Soll ich euch das Eis in Schälchen füllen?«
    »Wenn du mitisst«, sagte ich.
    Um mir beizupflichten, griff meine Mum lächelnd über meinen Schoß und klopfte an meiner freien Seite auf das rot-weiße Sofa.
    Bert zögerte zunächst noch etwas, weil er uns nicht stören wollte, aber weil wir als ausgemachtes Dickkopfduo nicht bereit waren, ihn gehen zu lassen, nahm er schließlich das Angebot mit einem verlegenen Schmunzeln an. Wenn zwei Männer Platz in unserer Mini-Familie hatten, dann waren es Iason und Bert.
    Nachdem das Eis leer und meiner Mum und mir schlecht war – Bert hatte sich zurückgehalten und nicht ganz so geschlungen wie wir – sah Bert auf seine postmoderne Armbanduhr. »Ich muss nach Hause. Frank hält dort schon wieder viel zu lange die Stellung.«
    Ach, Frank, mit seiner ruhigen verlässlichen Art war er einfach ein Segen für den Tulpenweg. Schlechtes Gewissen knabberte an mir, weil ich und mein angeblich »vorbestimmtes Schicksal« so viel Unruhe dort stifteten.
    »Mum, ist es okay, wenn ich hier einziehe, zumindest vorübergehend?«
    Sie streichelte mir über die Wange, sah dann aber zu Bert. »Ist es okay, was meinst du?«
    Bert und ich guckten verdutzt, weil sie bei dieser Entscheidung seinen Rat einholte. »Sie ist achtzehn und es ist ihre Wohnung.«
    »Es ist deine Wohnung, Schatz«, wandte sie sich dann an mich und ich musste lächeln, weil ich genau kapiert hatte, was sie mir damit zu verstehen geben wollte. Ein Mal mehr sah sie sich um, während ich mich mit dem Kopf an ihre Schulter lehnte. »Auch wenn ich finde, dass Iason ziemlich übertrieben hat. In deinem Alter hatte ich eine Studentenbude mit …«
    »… nicht mal ’nem Bett, sondern nur ’ner Matratze, ja, ich weiß, Mum.« Und da mussten wir alle drei kichern.

14
     
     
    M ia«, es klingelte zum wiederholten Mal.
    »Hau ab!«, bellte ich wie ein bissiger Pitbull die Tür an.
    Die letzten drei Tage hatte ich die Wohnung nur verlassen, um in die Schule zu gehen und

Weitere Kostenlose Bücher