Sternenstaub
vielleicht fünf Siebener! Da gebe ich dir dann eine ab«, schickte er mir hinterher.
Keiner brachte mich so oft zum Lächeln wie er. »Lieb von dir«, sagte ich und hörte von draußen, wie Silas mal wieder eine Diskussion aus dem Boden stampfte.
»Es gibt doch nur vier Siebener, du Dummi.«
»Ich bin gar kein Dummi.«
»Bist du wohl.«
»Ist doch egal«, ging Hope beschwichtigend dazwischen, »dann basteln wir halt noch eine fünfte Sieben.«
»Au ja!« Tony war begeistert.
»Manno, ihr haltet euch nie an die Regeln!«
»Silas!«, griff Hope erneut ein.
»Na, guuuut. Dann machen wir’s halt so.« Und während ich die Treppe hinaufging, hörte ich Silas erneut. »Iiih, Tony, hör auf mich zu küssen.«
Tja, so ging das Leben hier eben weiter.
Leise klopfte ich an Finns Tür. Dumpfes Wummern drang durch das Holz.
»Herein.«
Als ich öffnete, trommelte Finn gerade wie wild auf seinen Boxsack ein, verpasste ihm noch einen letzten Schlag und zog sich dann mit den Zähnen den rechten Boxhandschuh von der Hand. »Hey, komm rein.«
Ich setzte mich zu ihm aufs Bett und schlug die Beine unter, während er sich das T-Shirt überzog. Mir war immer klar gewesen, dass Finn durchtrainiert war, aber ihn jetzt so oberkörperfrei und nur in zerrissenen Jeans zu sehen, das war schon irgendwie … Bemüht, nicht genau hinzuschauen, blätterte ich in dem Buch, das auf seinem Bett lag, die größten Rock-Bands des einundzwanzigsten Jahrhunderts.
Finn merkte es und meine Verlegenheit schien ihn sehr zu amüsieren. An Selbstbewusstsein hatte es ihm noch nie gemangelt.
»Und? Wie ist es mit Lena gelaufen?«, fragte ich jetzt ebenfalls grinsend. Er wusste schon, wie ich es meinte.
»Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht weiß, was ich ihr jemals geben kann.«
Er setzte sich zu mir, legte lässig den rechten Fuß auf das linke Knie und zog mich freundschaftlich zu sich heran. Der Reif der Wächter zuckte unter dem Bizeps an seinem Oberarm, was mich augenblicklich an Iason erinnerte. »Aber ich habe ihr auch gesagt, dass sie mir sehr viel bedeutet.«
Ich legte den Kopf in den Nacken und schaute zu ihm hoch. »Und? Geht es dir jetzt besser?«
»Viel«, meinte er sehr überzeugend und streichelte mir über den Arm, der auf seiner Brust lag. »Danke noch mal.«
So langsam geht es wieder etwas aufwärts , dachte ich. »Erzählst du mir noch was von Iason?«
Seine Mundwinkel zuckten. »Wusste ich’s doch, dass du nur deswegen gekommen bist, du Biest.«
Diese Bemerkung kostete ihn einen Klaps auf die Brust, als plötzlich Berts Ruf zu uns hochdrang. »Kommt schnell!«
Was war denn los? Bert brüllte für gewöhnlich nie durchs Haus.
Wie der Wind stürmten wir aus dem Zimmer und rannten die Treppe hinunter.
Bert und die Kinder saßen lauschend vor der AllView, wo gerade das Ende der Nachrichten lief. »Was ist denn los?«
So, wie alle auf das Hologramm starrten, musste das Thema sehr ernst sein und deshalb verfolgten auch wir wortlos die letzten Worte der Eilmeldung, die eine Kommentatorin vor dem Parlament verkündete: »… Dem Präsidenten droht eine schwere Wahlniederlage, wenn er dem Druck der Bevölkerung nicht nachgibt.«
Als daraufhin der Wetterbericht einsetzte, warf Bert uns einen kurzen Blick zu. »Ab morgen werden die Grenzen geschlossen.«
»Was?« Ich war geschockt. »Sie lassen keine Kinder mehr rein?«
Bert nickte. »Nach den vorangegangenen Vorkommnissen und um die Irden nicht in einen Krieg mit reinzuziehen, der nicht ihrer ist, sieht sich die Regierung verpflichtet, die Irden vor einer weiteren Flüchtlingsschwemme zu schützen. Es wird sogar darüber diskutiert, alle Loduuner über achtzehn Jahren wieder in ihre Heimat zurückzuschicken.«
Hope schob ihre Hand in meine. »Bedeutet das, Iason kann nicht mehr zu uns zurückkommen?«
Für einen kurzen Moment zuckte ein glühend heißer Schrecken durch meine Adern. Aber dann ging ich vor ihr in die Hocke. »Nein, Süße, Iason war ja schon mal hier, er hat gute Kontakte zu Olivia Hartung.«
»Mia«, unterbrach Finn mich mit sehr ernster Miene und einem Blick, der mich zunehmend nervöser machte, weil Finn nicht weitersprach.
»So ist es doch?«, fragte ich schließlich, ganz leise und vorsichtig, als könnte meine Stimme sonst die Glasscheiben in den Fenstern zerspringen lassen.
Bert traten Tränen in die Augen. »Ich denke nicht, nein.«
Ich weiß nicht, wie ich unmittelbar auf diese Worte reagiert habe, an die Sekunden danach fehlt mir die
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