Sternenstürme
nutzen würde. Im Krieg tut man Dinge, die man in Friedenszeiten nie tun würde.«
»Gut möglich«, erwiderte Mark.
»Und das war noch nicht einmal das größte Risiko, das man einging. Als es an der Zeit war, die Maschinerie zu bauen, vermochte man nicht genug Kupfer für die Kabel aufzutreiben. Also hat man Silber im Wert von mehreren Milliarden Krediten vom Finanzministerium beschlagnahmt und es stattdessen verwendet.«
Mark berichtete über seine Reise nach White Sands und fuhr dann mit der Zusammenfassung für den Direktor fort. Die Beschaffung einer broanischen Datenbank hatte natürlich weiterhin höchste Priorität. Es hing praktisch alles davon ab. Die Arbeitsgruppe für die ›Organisierung‹ eines Sternentors hatte aber auch schon Fortschritte gemacht.
Wie die Exobiologie für die Raumfahrt, so war die Sternentor-Physik im Wesentlichen eine hypothetische Wissenschaft. Vom Prinzip her bestanden Parallelen zur Hyperantriebs-Physik,
aber es war eben nicht dasselbe. Trotz der Fortschritte der Gruppe lautete die Prognose, dass es noch ein paar Jahrzehnte dauern würde, bis man die Theorie in die Praxis umzusetzen vermochte.
Das Problem war nur, dass die Menschheit vielleicht keine paar Jahrzehnte mehr Zeit hätte.
15
Sar-Say fläzte sich auf der Couch und lauschte Gus Heinz’ Sermon über die Probleme des interstellaren Import/Export-Geschäfts. Die beiden saßen vor der Glaswand im Fakultäts-Klub von Harvard, und wären die allgegenwärtigen Sicherheitsleute an der Tür nicht gewesen, hätte sie man sie auch für zwei Geschäftsleute halten können, die sich nach einem harten Tag im Büro einen Drink genehmigten.
Nur dass einer der ›Geschäftsleute‹ natürlich ein Pseudoaffe war, der keinen Alkohol konsumierte. Vor Sar-Say stand ein großes Glas Orangensaft, für das er ein Faible entwickelt hatte.
»Aber Sie haben doch sicherlich eine Art von Bestandskontrolle, um eine ausreichende Vorratshaltung zu gewährleisten«, entgegnete Sar-Say auf Heinz’ Klage hin, dass die letzte Sendung von Avalon, einer der interstellaren Kolonien der Erde, unvollständig gewesen sei.
»Man kann zwar eine Bestellung aufgeben, aber bei einem knappen Gut, das Curaline nun einmal ist, werden die Bestellungen nicht immer vollständig ausgeführt. Nicht zu vergessen der Zeitverlust zwischen Auftragserteilung und der Feststellung, dass nur eine Mindermenge des Produkts geliefert wurde. Da die Kommunikation über Sternenschiffe
ohne feste Routen und Flugpläne erfolgt, dauert es manchmal Monate, bis man schließlich feststellt, dass man die Kundenwünsche nicht zu erfüllen vermag.«
»Wieso geben Sie dann nicht zwei Bestellungen auf, um auf die benötigte Menge zu kommen?«
»Geht nicht«, erwiderte Heinz und unterstrich das mit einer heftigen Geste. »Falls beide Bestellungen jeweils zu hundert Prozent ausgeführt würden, würde ich bankrott gehen.«
Sar-Say nickte, als ob die trockenen technischen Details von Heinz’ Geschäft das Faszinierendste wären, was er jemals vernommen hatte. Curaline war eine Art Wunderdroge, die in einem Werk auf Avalon synthetisiert und dann zu einem so hohen Preis verkauft wurde, dass selbst ein Transport über Lichtjahre sich wirtschaftlich noch lohnte.
Das war eine der privaten Besprechungen, die Sar-Say am Abend seines ersten öffentlichen Auftritts vorgeschlagen hatte. Sie hatten sich im letzten halben Jahr sporadisch getroffen und waren miteinander vertraut geworden. Vordergründig sollten diese Besprechungen Sar-Says Verständnis der menschlichen Gesellschaft befördern. Dass die Menschen darauf erpicht sein sollten, dass er sie besser kennenlernte, war zwar widersinnig, aber sie behaupteten, dass er dann leichter ihre Fragen beantworten könne. In Wirklichkeit hatte er sich bereits ein profundes praxisbezogenes Wissen von dem Geschäftsmann angeeignet sowie vom halben Dutzend anderer Personen, mit denen er sprechen durfte.
Sar-Say freute sich aus mehreren Gründen auf die Gespräche – nicht zuletzt deshalb, weil sie in der Lounge des Fakultäts-Klubs stattfanden und nicht in seiner Gefängniszelle. Direktor Fernandez sagte, dass es gut für ihn wäre, hin und wieder mal rauszukommen, und Sar-Say pflichtete ihm bei.
Und dann war da noch Sar-Says Hauptmotiv. Seit Klys’kra’t hatte er an einem neuen Plan gearbeitet, aus der menschlichen Gefangenschaft zu entkommen. Das einzige Problem bestand darin, dass er zur Umsetzung des Plans die Hilfe einer kleinen Anzahl von
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