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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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mindestens ein Pilot dabei. Euer Vater war Pilot.«
    Die Tränen, die mir in die Augen getreten waren, rannen trotzdem, obwohl mir diese Neuigkeit alles andere als Gewissheit gab. Es war fast so schlimm – vielleicht sogar noch schlimmer –, als zu wissen, dass sie alle gestorben waren. Ich wusste, dass Chiaro tot war. An einer kleinen Stelle in mir trauerte ich immer noch um sie. Therese und Steven waren tot – ich hatte mitgeholfen, ihre Leichen zu verbrennen und ihre Asche zu verstreuen. Ich wusste, dass es keine Hoffnung gab, sie jemals wiederzusehen. Es von meinen ersten Eltern immer noch nicht zu wissen fiel mir wesentlich schwerer. »Wie viele weitere Piloten gab es?«, fragte ich.
    »Es waren drei übrig, als ich das letzte Mal nachgezählt habe. Joseph wurde dazu geboren, Pilot zu werden.«
    Joseph wurde dazu geboren, Pilot zu werden. Ich wiederholte stammelnd ihre Worte. »Jo…Joseph … wurde dazu geboren, Pilot zu werden?«
    »Joseph kann die Neue Schöpfung fliegen.«
    Ich blinzelte verdutzt. Joseph? Die Neue Schöpfung fliegen? »Jetzt?«, fragte ich.
    Sie nickte. »Er muss es noch lernen, und wir müssen vorher die Schiffssysteme checken. Das wird ein oder zwei Tage dauern.«
    Ein oder zwei Tage.
    Während ich mich abmühte, hier den Frieden zu erhalten, hatte Jenna alles dafür getan, uns alle von hier weg und in Sicherheit zu bringen. Jetzt sah ich das Muster, wie sie und ich zusammengearbeitet hatten, locker verbunden, aber mehr von ihren Zielen als von meinen angetrieben. Jenna konnte uns bei der Entscheidung helfen, wohin wir fliegen wollten. Da draußen gab es etwas, das für uns mehr als eine Familie war. Falls sie überlebt hatten. Erneut hasste ich den Krieg voller Inbrunst, und erneut empfand ich Liebe für Jenna, obwohl ein Teil von mir einen lauten Warnschrei ausstieß.
    »Ist Joseph der Einzige, der das Schiff fliegen kann?«, fragte ich.
    Jenna nickte.
    »Kayleen nicht?«
    »Kayleen kann es vielleicht lernen, aber das braucht mehr Zeit. Es würde nicht annähernd so schnell wie bei Joseph gehen.«
    Ich schüttelte verzweifelt den Kopf. »Wenn Joseph dazu geboren wurde, Pilot zu werden, wozu wurde ich dann geboren?«
    Sie lächelte. »Du wurdest geboren, um mir zu helfen – als Politikerin, als Strategin. Kayleen ist die Expertin für Datennetze, Bryan ist der Kämpfer, der starke Mann. Liam ist wie du ein Führer, Alicia ist die Experimentatorin. Und andere sollten andere Dinge tun … aber sie sind nicht mehr am Leben.«
    Das Kind, das getötet wurde, das Jenna getragen hatte, als die Rakete ihr den Arm abgerissen hatte. Ich hatte es ganz vergessen, als ich mich um Gleiter und Feuer und Taktik und Friedensverhandlungen hatte kümmern müssen. »Jenna? Ich hörte, dass du am Tag des letzten Kampfes ein Kind bei dir hattest. Es war eins von uns, nicht wahr? Wozu war dieses Kind geboren?«
    In Jennas Worten lag eine tiefe Sehnsucht, aber sie klangen abgehackt. Ihre Stimme vermittelte einen Schmerz und eine Trauer, wie ich sie zuvor nie bei einem Menschen wahrgenommen hatte, höchstens in der Klage während einer Bestattung, in den Liedern, die an den Scheiterhaufen gesungen wurden. »Sie war … sie hatte … sie sollte unsere Genetikerin werden, unsere Ärztin. Bis auf dieses Kind waren alle anderen getötet worden. Sie … hätte uns allen helfen können. Sie hätte euch helfen können. Denn es ist Wartung, Pflege nötig, damit wir mehrere hundert Jahre am Leben bleiben. Eine Betreuung, die ich euch nicht geben kann.«
    Eine Betreuung, die sie sich selbst nicht geben konnte. Danach schwiegen wir eine Weile. Ich hatte keine Antwort auf den Schmerz, den ich in ihrer Stimme gehört hatte, der so tief wie der Kleine Samtsee zu sein schien. Ich hatte den Mut verloren, sie zu fragen, ob es ihr eigenes Kind gewesen war. Ich wollte es gar nicht wissen. Irgendwann wurde das Schweigen erdrückend, und nur das Echo von Jennas Worten erfüllte die Leere zwischen uns beiden.
    Ich steuerte etwas vertrauteres Territorium an. »Du hast uns gebeten, das Geheimnis des Projektors und des Stirnbands zu wahren. Jetzt spielt es eigentlich keine Rolle mehr. Wir sollten Tom und Paloma sagen, wie wir lernen. Und Liam. Sie wissen auch, dass du den Gleiter von irgendwo geholt hast.«
    Sie nickte. »Du hast recht. Aber sag noch nicht, wo sich die Höhle befindet.«
    Wir saßen schweigend da. Ich atmete die Stille des Raumhafens ein, nahm die Ereignislosigkeit wahr, spürte das Gewicht der

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