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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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nach eigenem Ermessen Zeugen nennen.«
    Diese Idee gefiel mir, und ich konnte mir vorstellen, dass es Alicia genauso ging. »Wir werden mit Alicia reden, wenn wir sie später wiedersehen.« Dann kam mir etwas anderes in den Sinn. »Aber dann wird Nava einer der Richter sein, und sie mag uns nicht.«
    Paloma sah mich an. »Nava wird sich große Mühe geben, gerecht zu urteilen. Unterschätze sie nicht.«
    »Ich glaube«, sagte Akashi, »es liegt an dir, das herauszufinden, Chelo. Liam sagte, Alicia hätte versprochen, sich noch heute mit euch am Flussufer zu treffen. Frag Alicia doch einfach, wie ihrer Meinung nach verfahren werden sollte. Dann gehst du nach Hause und sprichst mit Tom und Nava, falls Alicia etwas unternehmen möchte.«
    Die Unwägbarkeiten verunsicherten mich für einen Moment. »Also gut.« Ich sah Joseph an. »Hilfst du mir? Ich brauche vielleicht jemanden als Zeugen für dieses Gespräch.«
    Sämtliche Farbe war aus Josephs Gesicht gewichen. »Selbstverständlich.«
    Akashi stand auf. »Es tut mir leid, aber ich muss jetzt gehen. Es gibt da noch ein paar andere Angelegenheiten, um die ich mich zu kümmern habe.« Er ging den Hügel hinab. Doch im Gegensatz zu Sky blieb er nicht lange allein. Schon nach kurzer Zeit wurde er von einem halben Dutzend Leute bedrängt.
    »Ich habe geahnt«, sagte Paloma, »dass man mit immer neuen Herausforderungen konfrontiert wird, je älter und klüger man wird.« Sie schwieg einen Moment. »Und je stärker«, fügte sie hinzu.
    Auch ich hatte an die möglichen Folgen gedacht, und mir war klar, dass Paloma ähnliche Gedanken durch den Kopf gingen. Falls Alicia ohne eindeutigen Beweis für schuldig befunden wurde, drohte uns allen die gleiche Gefahr. Wenn wir hineingezogen wurden und Alicia den Prozess gewann, wäre uns die ewige Feindschaft der Anführerin der Ostsippe sicher. Das waren die beiden Möglichkeiten, wie die Sache für uns ausgehen konnte – im günstigsten Fall. Aber mir gefiel keine von beiden.
    Bryan stand auf und streckte die Hand aus, damit ich ihm meinen Teller gab. »Es wird langsam Zeit für das nächste Treffen mit Alicia.«
    Wir packten alle mit an, sammelten die Teller und Decken ein und standen dann einen Moment lang unentschlossen da.
    Paloma blickte uns alle der Reihe nach an, bis sie schließlich zu mir kam. Sie klang zufrieden, aber auch etwas zittrig, als sie sprach. »Ich bin froh, dass ihr mich um Rat gefragt habt. Ich hoffe, wir können euch helfen.«
    Dass die unerschütterliche Paloma so sehr von dieser Sache mitgenommen wurde, trug nicht dazu bei, die brodelnden Sorgen in meinem Kopf und meinen Eingeweiden zu beschwichtigen.
    Ich führte unsere fünfköpfige Gruppe zum Fluss. Wir gingen langsam und versuchten den Eindruck zu erwecken, ziellos durch die Gegend zu spazieren.
    Wir erreichten das Flussufer vor der verabredeten Zeit. Bryan hob einen großen flachen Stein auf und ließ ihn fast bis zur anderen Seite der Wasserfläche hüpfen. Schon vor Jahren hatten wir damit aufgehört, so etwas zu tun, wenn andere Leute uns sehen konnten, weil wir den Ausdruck in den Gesichtern der Erwachsenen bemerkt hatten, mit dem sie auf unser erstaunliches Geschick in dieser Disziplin reagierten. Jetzt trauten wir uns, da wir unbeobachtet waren. Unsere Steine schwirrten hörbar in der Luft, prallten in schneller Folge von der Wasseroberfläche ab und flogen manchmal so weit, dass wir gar nicht mehr erkennen konnten, wo sie eintauchten. Es war kein Wettbewerb, wir machten es nur zum Spaß, stöhnten unter der Anstrengung jedes Wurfs und beobachteten schweigend die Steine und die Wellenkreise auf dem Fluss. Selbst Kayleen war still.
    Langsam wurde der Himmel dunkler.
    Schließlich konnten wir nur noch die ersten zwei oder drei Hüpfer der Steine sehen. »Was ist, wenn sie nicht kommen kann?«, fragte Joseph.
    »Ich weiß es nicht«, meinte ich. »Beim Festmahl habe ich sie nicht gesehen, nicht mal aus der Ferne. Irgendwann müssen wir nach Hause gehen. Obwohl ich nicht weiß, was ich zu Tom und Nava sagen soll, wenn ich vorher nicht mit Alicia sprechen konnte.«
    Bryan hielt immer noch einen Stein in der rechten Hand. Er warf ihn mit ganzer Kraft, und wir hörten ihn siebenmal platschen. »Ich bleibe hier. Es fällt niemandem auf, wenn ich nicht zu Hause bin.«
    »Ich werde mich zu dir setzen«, sagte Liam.
    Ich drückte beide an mich und roch das strenge Aroma von Bryans Wut an seinem bloßen feuchten Oberarm und die Holzspäne, die in Liams Hemd

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