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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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Joseph. »Wach auf! Wach auf! Schnell. Komm schon!«
    Er reagierte nicht. Seine Augen blieben fest geschlossen. Seine Haut fühlte sich kühl an, als würde ich ihn gar nicht mehr in den Armen halten.
    Tom näherte sich mir von hinten, drängte mich behutsam beiseite und trennte mich von meinem Bruder. Er kniete sich neben Joseph nieder, der meine Abwesenheit zu spüren schien. Er strampelte und schlug wild um sich. Tom hielt Josephs Beine fest, hob ihn auf und machte sich auf den Weg zur Tür. Er blickte sich über die Schulter um und sah mir in die Augen. »Folge mir.« Dann sprach er mit hoher und besorgter Stimme in seinen Ohrempfänger. »Alle raus hier!«
    Ich folgte Tom nach draußen und in den Park, während ich an Joseph dachte. Nur an Joseph. Ich konnte noch nicht an Therese oder Steven oder Gi Lin denken, an das Schweigen, das Toms wiederholte Anfragen beantwortet hatte. Ich konzentrierte mich ganz auf Joseph, der schlaff in Toms Armen hing, die Augen geschlossen. Sein Gesicht, das auf Toms Schulter lag, war kreideweiß.
    Weiches Gras kitzelte meine Fußknöchel. Tom legte Joseph so ab, dass sein Kopf in meinem Schoß lag. Ich streichelte seine Schulter, seine Wangen. Ich versuchte ihn von dort zurückzuholen, wohin auch immer er sich zurückgezogen hatte.
    Lärm driftete zu uns. Die Kolonie versuchte sich im Chaos zurechtzufinden. Nava übernahm das Kommando und ließ das tiefe, laute Versammlungssignal der Hauptsirene ertönen. Die Stadtbewohner sollten das Amphitheater aufsuchen. Kinder weinten. Leute riefen nach ihren Angehörigen. Hunde bellten.
    Fast alle Gildehäuser rund um den Park wiesen Beschädigungen auf, aber alle standen noch. Aus einem zerbrochenen unterirdischen Rohr drang Wasser und quoll zwischen den dicht gepackten Pflastersteinen der Straße zwischen mir und der Schule hervor.
    Kayleen und Bryan fanden uns. Bryans Stirn lag in tiefen Sorgenfalten. Furcht ließ Kayleens blaue Augen leuchten. Kayleen konnte wie Joseph Datenströme anzapfen, aber nur zwei oder drei gleichzeitig, nicht die scheinbar unbegrenzte Zahl, mit der Joseph jonglierte. »Er steht unter Schock.« Sie legte eine Hand auf seine Wange, wobei ihr das dunkle Haar ins Gesicht fiel. »Wie tief war er drin? Was hat er als Letztes gesagt?«
    Ich erzählte ihnen die Geschichte. Bryan setzte sich auf Josephs andere Seite und betrachtete sein Gesicht. Kayleen hockte neben mir, biss sich auf die Unterlippe und war ungewöhnlich ruhig. Sie musste mindestens so verwirrt sein wie ich. Es machte mir Sorgen, dass sie keine Antworten, keine Vorschläge hatte.
    Die Stadtbewohner strömten um uns herum, als sie dem Versammlungssignal folgten. Laut und besorgt diskutierten sie über die Schäden. Hilarios hübsches dunkles Gesicht war blutüberströmt, genauso wie seine Hände und Arme, als hätte etwas eine Blutfontäne in seinem Schädel geöffnet. Gianna humpelte. Eine Gruppe brachte eine reglose Gestalt auf einer Trage zur Klinik.
    Alles kam mir so unwirklich vor. Auf Fremont waren wir Tod und Gefahr gewohnt, aber es traf immer nur einzelne Personen. Noch nie war es so flächendeckend geschehen.
    Die Sirene rief auch uns. Bryan hob Joseph auf und trug ihn wie ein Baby. Kayleen und ich hielten uns an den Händen und folgten ihm. Wir setzten uns im oberen Bereich des Amphitheaters. Joseph lag im Gras, meine Beine dienten als Kissen für seinen Kopf. Bryan saß neben mir und nahm von Zeit zu Zeit meine Hand. Unsere Füße hingen über den Rand der Mauer. Hinter uns beugte sich ein großer Zwillingsbaum über das Amphitheater. Normalerweise war er voller Kinder, die an den breiten Ästen hinauf- und hinunterkletterten, Früchte pflückten und ihre Eltern zu schrillen Ermahnungen veranlassten, besser auf sich achtzugeben. Doch heute gab es nur zwei kleine Jungen, die mutig genug waren, ihn zu besteigen.
    Wir blickten auf einen Ring aus Granitstufen, die zu einer Bühne hinunterführten. Das offene Amphitheater war im ersten Jahrhundert erbaut worden, als die Kolonisten noch voller Hoffnung gewesen waren. Es war groß genug für mindestens zweitausend Personen. Heute lebten weniger als elfhundert Menschen in Artistos. Bei jeder Versammlung blieben hier zahlreiche Plätze frei.
    Doch heute war es keine gewöhnliche Versammlung, eher ein Kommen und Gehen. Leute kamen, berichteten und wurden in kleinen Gruppen hinausgeschickt, um Straßen zu überprüfen, Schäden zu begutachten, Verletzte zu suchen und all die hundert Dinge zu tun, die getan

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