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Sternenwind - Roman

Sternenwind - Roman

Titel: Sternenwind - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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befinden. Die Expedition würde sich in zwei Gruppen aufteilen, eine vordere und eine hintere, und die Tiere zusammentreiben, um sie zu betäuben. Die meisten würden entkommen, aber nicht alle.
    Besorgnis schwang in Josephs Stimme mit, als er Daten an die Expedition zurücksandte. »Tatzenkatze über euch. Genau zwischen den Kapseln 97A und B.« Er konnte nur die Größe und das Bewegungsmuster registriert haben. Aber das reichte völlig aus. Die Katzen hatten ihre eigene Datensignatur. Das Netz konnte sie fast immer fehlerfrei an der Wärme ihrer kräftigen Körper und ihrer schnellen und geduckten Bewegung identifizieren. Tatzenkatzen mochten die Djuri genauso wie wir. Ich stellte mir die Szene am Hochweg vor. Die Katze hielt sich bestimmt in den Felsen auf, wo sie schwer zu erkennen war. Joseph stieß einen erleichterten Seufzer aus. »Steven und Mary sehen sie. Die beiden machen einen Bogen, um sie zu vertreiben.«
    »Gibt es noch mehr von ihnen?«, fragte Tom.
    »Wahrscheinlich.«
    Was bedeutete, dass er noch keine weiteren identifiziert hatte.
    Plötzlich spannte sich Joseph an und rief: »Beben!« Er hatte das Wort kaum ausgesprochen, als auch schon die Erdbebensirenen in Artistos anschlugen. Das Signal für mittlere Gefahrenstufe. Das Fenster klapperte im intelligenten Rahmen, Joseph wackelte auf seinem Sitz, und mein Stuhl hüpfte unter mir, als würde er leben. Tom, Nava und Paloma hielten sich gegenseitig fest.
    Dann war das Beben vorbei.
    Wir lachten. Es war das nervöse, erleichterte Lachen nach der Angst.
    »Sechs Komma fünf«, meldete Joseph und nahm dann Verbindung mit der Expedition auf. »Alles in Ordnung mit euch?« Er berichtete. »Gi Lin und Therese melden, dass niemandem etwas passiert ist. Die Gebras sind nervös. Steven hat die Katze aus den Augen verloren. Er glaubt, sie hat sich nach oben geflüchtet, von ihnen weg. Therese sagt, die Djuri haben sich dicht zusammengedrängt und die Jungen in die Mitte genommen. So etwas hat sie noch nie gesehen, sagt sie. Sie wollen jetzt versuchen, ein paar von ihnen zu erwischen, solange sie noch verängstigt sind. Gi Lin kann sein Gebra nicht dazu bringen, sich in Bewegung zu setzen. Es …« Plötzlich verzerrte sich sein Gesicht, und er schrie: »Die Felsen! Sie stürzen herunter. Lauft! Beben! Lauft!« Er tastete blind nach mir, die Augen fest geschlossen, dann klammerte sich seine Hand fest um meine. Er öffnete die Augen, die dunkle Strudel voller Entsetzen waren. Ich zog ihn an mich, ganz nahe, und suchte nach einer sicheren Zuflucht. Das Einzige, was ich für die Dauer von vier Herzschlägen hörte, war sein keuchender Atem.
    Immer wieder tönte die Bebensirene: Gefahr, Gefahr, Gefahr . Joseph schrie. Das Fenster zersprang, und die Glassplitter flogen nach draußen. Dachziegel fielen herab. Der Boden ruckte unter meinen Füßen und warf mich auf Joseph. In meinen Ohren waren nur noch die Sirene, Josephs Schreie, die Rufe von Nava, Tom und Paloma, die dumpfen Schläge, mit denen die Dachziegel auf die Straße krachten und auf den Glassplittern landeten. Überall waren Alarmsirenen zu hören: von der Klinik, der Schule, den Gildehäusern, dem Wasserwerk. Der Boden zitterte ein letztes Mal und beruhigte sich.
    Ich drückte Joseph an mich, hielt ihn fest und wiegte ihn, während mir Tränen über das Gesicht liefen. Warum sagte er nichts zu Therese und Steven? Zu Gi Lin? Zu mir? »Joseph, kannst du sie hören? Ist mit ihnen alles in Ordnung?«
    Er hatte die Kontrolle verloren. Joseph verlor während eines Monitoring nie die Kontrolle. Aber was war, wenn er gespürt hatte, wie sie alle gestorben waren? Waren sie wirklich gestorben? Furcht sickerte in meine Stimme, als ich rief: »Joseph?«
    Er hing schlaff in meinen Armen, als wäre er an einem fernen Ort, als wäre er vom Fels erschlagen worden, der unsere Gruppe vernichtet hatte. Ein Schrei stieg in mir auf, wollte sich durch meine Kehle den Weg nach draußen suchen, doch ich hielt ihn zurück. Ich kämpfte dagegen an, ich bemühte mich, nicht die Beherrschung zu verlieren. Joseph brauchte mich.
    Hinter mir Navas Stimme, die nach Antworten verlangte, die ich nicht hatte. »Was ist mit ihnen passiert? Was sieht er?«
    Ich hielt Joseph an mich gedrückt, ohne sie anzusehen. »Er sieht gar nichts«, gab ich zurück. Konnte sie nicht erkennen, dass er Schmerzen hatte? Wir mussten nach draußen, weg vom zersplitterten Fenster, vom beschädigten Gildehaus, weg von Navas Gnadenlosigkeit. Ich schüttelte

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