Sternenzauber
ich nicht. Clemmie – hier – du zitterst ja. Du frierst bestimmt schrecklich.«
Er legte ihr seine Lederjacke um die Schultern.
»Danke.« Clemmie kuschelte sich glücklich in das vom Tragen weich gewordene Leder, das betörend nach Guy roch. »Das ist sehr nett. Ich hätte meinen Mantel aus dem Pavillon holen sollen. Aber was ist mit dir?«
»Kein Problem. Ich habe ein T-Shirt und noch ein Sweatshirt
unter dem hier an.« Guy zupfte an seinem weiten schwarzen Wollpullover. »Und außerdem bin ich ziemlich heißblütig.«
Sie sah ihn an. Hielt die Luft an. Errötete bei ihren Gedanken.
»Guy!« Von zwei weiteren Mitgliedern der Crew begleitet kam Syd übers Feld. »Ich habe den Countdown gerade gestartet, und es sieht so aus, als hätte die Band unserer Bitte entsprechend zum Abschluss ihres Sets dem Publikum gesagt, dass das Feuerwerk gleich anfängt. Jetzt strömen Unmengen von Leuten aus den Pavillons und auf uns zu. Bist du bereit?«
»Bereit.« Guy nickte. »Clemmie, bleibst du da und schaust zu?«
Sie nickte und atmete das Aroma seiner Jacke ein, ihre Finger schlossen sich um das Leder und streichelten es im Dunkeln. »YaYa und Suzy werden mich hier schon finden. Viel Glück.«
»Und dir viel Vergnügen. Wir sehen uns dann in gut einer halben Stunde.« Als die ersten Hochzeitsgäste lachend und schwatzend von den Festzelten her eintrafen, stellte sich Clemmie an die Barriere und schaute Guy hinterher. Am liebsten wäre sie ihm nachgelaufen und hätte sich in seine Arme geworfen.
Mehr und mehr Menschen erschienen, ihr Atem bildete Wölkchen in der kalten Nachtluft, ihre auf und ab wogenden Stimmen überlagerten den Lärm des Rummelplatzes und Clemmie stand bald zwischen einer großen Dame im geblümten Kostüm mit Straußenfederhut und einem mageren jungen Mann in Jeans und Daunenjacke eingequetscht.
Sie lächelte ob dieser Mischung: reiche, adelige Pferdebesitzerin auf der einen Seite und armer Stallbursche auf der anderen. Überaus demokratisch. Und so viele Leute! Ob YaYa und Suzy in diesem Gewühl wohl zu ihr finden würden?
Wie immer hatte The Gunpowder Plot alles bestens organisiert.
Guy führte Charlie und Jemima, beide in Mänteln über ihrem Hochzeitsstaat, zu zwei goldenen Stühlen auf einem kleinen Podium in der Mitte. Sie sahen aus wie König und Königin. Alles klatschte und jubelte.
»Meine Damen und Herren«, sprach Guy ins Mikrofon. »Dieses Feuerwerk wurde eigens von Braut und Bräutigam ausgewählt -«, noch mehr Jubel – »um Sie zu erfreuen und zu unterhalten und diesen besonderen Tag zu feiern.« Lautes Freudengeschrei und Pfiffe. »Aber ohne die Pferde scheu zu machen.« Noch mehr Jubel und großes Gelächter. »Also hoffe ich, Sie genießen das Spektakel, das The Gunpowder Plot für Sie vorbereitet hat.« Lauter Beifall.
Den jungen Mann neben Clemmie überlief ein Schauer. Sie sah ihn besorgt an. Er war doch älter, als sie zuerst angenommen hatte. Armer Kerl, halb verhungert sah er aus. So klein und dünn. Das bewies nur zu gut, was sie YaYa vorhin gesagt hatte: Die Stallburschen hatten ein wirklich hartes Leben.
»Geht’s Ihnen gut?«
Er nickte. »Ja, bestens. Danke. Tut mir leid, ich begegne hier heute Abend einfach nur zu vielen Gespenstern.«
Ach du meine Güte, dachte Clemmie. War er auf Drogen?
Sie bedachte ihn mit einem hoffentlich ermutigenden Lächeln. »Gespenster?«
»Ich habe hier früher mal gewohnt, in Milton St. John. Es hat sich überhaupt nicht verändert – ach, das ist ja raffiniert.«
Als Prokofjews »Winter-Lagerfeuer« über das Feld flutete, zündete die Crew das erste leise Paradestück des Höhenfeuerwerks und alles starrte nach oben, als »Silent Night« still gen Himmel sauste, glitzernde Fische herabsinken ließ, dann rote
und weiße Blätter, gefolgt von silbernen Palmwedeln und farbenfrohen größer und kleiner werdenden Diamanten.
Clemmie war glühend stolz auf Guy. Es war eine wirklich wunderschöne Kombination.
»Sie haben hier gewohnt?«, fragte sie den jungen Mann, der, wie sie jetzt sehen konnte, so ausgemergelt war, dass sich die Haut über seinen Wangenknochen spannte. »Sind Sie ein Gast der Braut oder des Bräutigams?«
»Weder noch«, erklärte er grinsend. »Ich bin einfach so hereingeplatzt.«
»Ach so …«
Das Feuerwerk zeigte nun eine Auswahl riesiger Verwandlungskometen, die geräuschlos am Himmel hingen und glitzernd und funkelnd die Farben änderten. Die Menge war begeistert.
»Ich kenne Charlie und Jemima.
Weitere Kostenlose Bücher