Sternenzauber
Kaffee und du holst die Teilchen. Sie sind im Kühlregal in der Speisekammer.«
Da Clemmie es geschafft hatte, in den letzten vierundzwanzig Stunden nichts Gesundheitsschädliches zu essen, und weil es so ein toller Tag war, hatte sie keinerlei Schuldgefühle, einer Tonne Kalorien mit Schlagsahne zu frönen, bevor sie wieder an die Arbeit ging.
Sie hob vorsichtig den Karton aus dem Vorratsschrank, dachte auch daran, die Tür gegen Suggs’ Raubzüge zu verriegeln, und betrachtete erneut die Wand mit den Fotos. Tarnia Snepps machte eindeutig einen lüsternen Eindruck. Dennoch würde es sicher Spaß machen, ihren Tagtraum auszuleben und so zu tun,
als wären sie und der hinreißende Guy ein Paar – selbst wenn es nur eine Scharade für einen einzigen Abend wäre.
»Oh – die sieht aber gut aus!« Clemmie zeigte auf das Foto einer klassisch schönen blonden Frau mit vier engelhaften Kindern, die in einem weitläufigen und makellos gepflegten Sommergarten an einem Holztisch saßen. »Und diese Kinder! Alle vier – blond und so süß. Die sehen ja aus wie aus dem Werbefernsehen. Sind das auch Kunden von The Gunpowder Plot, für die ihr ein Feuerwerk veranstaltet habt?«
YaYa kam durch die Küche getänzelt und spähte über Clemmies Schulter.
»Ach die«, sagte sie abfällig. »Guy nimmt das Bild immer wieder ab, und ich hänge es immer wieder auf, damit ich es anspucken kann, wenn ich ganz besonders wütend bin.«
»Warum?« Clemmie lachte. »Wer ist das?«
»Die Blonde ist Helen – wie die schöne Helena, viel bewundert und viel geliftet – und ihre Gören sind die glubschäugigen Ausgeburten der Hölle: Kacki, Kotzi, Rotz und Ratte.«
»Was bist du doch für ein Biest«, kicherte Clemmie.
»Danke, ich tu mein Bestes.«
»Aber was um Himmels willen haben diese Helen und ihre Kinder dir denn angetan?«
»Mir, meine Süße, nicht sonderlich viel. Aber Guy eindeutig zu viel.«
»Wieso?«, fragte Clemmie verwundert, während YaYa die Schachtel mit dem Gebäck zum Tisch trug. »Was haben sie gemacht? Haben sie ihre Rechnung nicht bezahlt? Oder an einem Feuerwerk herumgenörgelt? Wer in aller Welt ist das denn?«
»Ach, du wirst sie schon noch früh genug kennen lernen.« YaYa zog scharf die Luft ein. »Das ist Guys Frau samt Kindern.«
8. Kapitel
E inige Tage später fuhr Clemmie durch die Spätherbstsonne in Richtung Newbury, um sich mit Jemima Carlisle zu treffen, und bemühte sich, ihre Gedanken zu sammeln. Da dies ihr erster offizieller Außentermin als Mitarbeiterin von The Gunpowder Plot war, musste sie sich konzentrieren, um alles richtig zu machen. Sie durfte in Gedanken jetzt nicht bei den eher privaten Belangen verweilen, die sich in ihren Arbeitsalltag im Bootshaus drängten. Heute musste sie wirklich professionell auftreten.
Das würde nicht einfach werden.
Nachdem sie sich gerade erst mit der niederschmetternden Neuigkeit über Guy und YaYa abgefunden hatte, war es für sie ein wirklich sehr verwirrender Seitenhieb gewesen, plötzlich zu erfahren, dass Guy außerdem eine Frau und vier Kinder hatte.
Zahllose Fragen waren ihr an jenem Tag durch den Kopf geschwirrt. Sie hatte die Zähne zusammengebissen, um nicht Worte mit womöglich verheerenden Folgen herauszusprudeln, und heldenhaft darum gekämpft, ihre Gesichtszüge nicht entgleisen zu lassen und beherrscht zu reagieren.
»Seine Frau? Ach tatsächlich? Ich wusste gar nicht, dass er verheiratet ist.«
»Verheiratet war, muss es heißen.« YaYa hatte die Schachtel mit dem Gebäck auf den Tisch geknallt und es auf zwei Teller verteilt. »Offiziell ist Helen seine Ex. Aber man merkt nicht
viel davon. Sie lässt ihm immer noch keine Ruhe. Zwar sagt sie, sie habe keine Lust mehr, mit ihm ins Bett zu hüpfen, aber sein Bankkonto liebt sie nach wie vor. Er bezahlt ihr jede Abfindung, um die sie bittet.«
Eine Exfrau war ja wohl immer ein Stein im Getriebe, hatte Clemmie gedacht, als sie in ihr Teilchen biss, ohne auf den hervorspritzenden Zuckersirup zu achten, der ihr vom Kinn lief, noch auf die Fruchtsoße, die sich sofort über ihre Finger ergoss. Vor allem, da Guy schwul war. Oder war er bisexuell? Oder hatte er den Frauen völlig abgeschworen, seit er nun mit YaYa zusammen war?
Ach du liebe Zeit. Das war alles sehr verwirrendes Neuland für sie. Und überdies war es ein hartes Schicksal, wenn der größte Hoffnungsfunken ihres Liebeslebens darin bestand, dass sich der Mann ihrer Träume vielleicht als nicht schwul, sondern nur bisexuell
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