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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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aller auf anderen Planeten lebenden Völker.«
    »Ich danke dir für deine Aufrichtigkeit, Schwester Ghë. Doch deine Wahrheit ist nicht die Wahrheit. Die Kryptogame haben dich zwar am Leben gelassen, aber du leidest seitdem an einer ausgeprägten Form der Paranoia. Das, was du als Realität ansiehst, ist nichts als eine abartige Wahrnehmung deines Unterbewusstseins. Außerdem prädisponieren
dich deine Gene für ein derartiges Verhalten, denn du bist die Tochter von Mâas Anhängern und die Enkelin einer dieser Hexen.«
    »Halten Sie etwa die Gewalttaten Ihrer Folterknechte für eine Manifestation meines Unterbewusstseins?«
    Kaum hatte sie diese Frage gestellt, wusste Ghë, wie der Primas sie beantworten würde. Auch der Gedanke, sie wäre zum Teil verantwortlich für das, was ihr zugestoßen war, schockierte sie. Doch gleichzeitig ahnte sie, dass dieses Geschehen unerlässlich für das Gelingen des Plans gewesen war – denn ohne diese Gewalt würde sie nicht mehr leben.
    »Leider haben wir beschlossen, jene kranken Lämmer nicht mit auf die Erde zu nehmen, die die ganze Herde anstecken könnten, Schwester Ghë. Die Techniker setzen bereits die Pendelraumschiffe instand, und die Kastenlosen werden in Kürze von Bord gehen. In ungefähr einer Woche werden sie festen Boden betreten, deshalb müssen wir alle Störelemente eliminieren. Doch du musst vielleicht noch mehr Gewalt erdulden«, er deutete auf die Vigilanten, »denn diesen Männern hat es überhaupt nicht gefallen, dass du den Kopf ihrer sechs Kameraden gefordert hast … Und ehe sie dich in den Orbit werfen, werden sie dich lange foltern. Denn weder du noch die Deinen werden uns daran hindern, El Guazers Willen zu vollenden.«
    Seltsamerweise ließen die Drohungen des kleinen Mannes Ghë völlig kalt. Sie entledigte sich ihrer Angst und ihres Hasses wie eines Kleidungsstücks. Sie fing nicht nur die Gedankenströme ihrer Schwestern und Brüder im Exil auf, sondern auch die Energie der nahen Erde. Beides erfüllte sie mit ungeheurer Kraft.
    Primas Kwin und die Vigilanten wurden plötzlich ihre
Kreaturen, Bruchstücke ihrer selbst, Spiegelbilder ihrer geheimen Wünsche. Also hörte sie auf, sich auf das Niveau ihrer Feinde zu begeben, sie zu bekämpfen, sondern sie bezog sie mit ein und zwang die Männer, sich in einem Spiegel zu betrachten.
    »Ich biete Ihnen ein letztes Mal die Möglichkeit, sich uns anzuschließen, Primas Kwin«, sagte sie mit ruhiger Stimme. »Die Rückkehr zur Erde bedeutet nicht eine Rückkehr zu alten Werten, eben jenen Werten, die uns ins Exil getrieben haben. Sollten Sie das nicht verstehen, werden Sie und Ihre Komplizen wie Staub hinweggefegt werden.«
    Ghës Worte wurden von den Vigilanten mit höhnischem Lachen quittiert. Sie starrten die junge Frau mit dem gierigen Blick von Raubtieren an, die ihre Beute umzingelt hatten. Nur das fehlende Signal des Primas hielt sie davon ab, sich sofort auf Ghë zu stürzen.
    »Du kannst mir nicht drohen, du kleine Hure!«, zischte Kwin. »Hättest du dich mir zu Füßen geworfen, deinen Betrug gestanden und mich um Verzeihung angefleht, hätte ich dir vielleicht die Qualen erspart. Aber deine Unverschämtheit verdient kein Mitleid!« Er wandte sich an die Vigilanten. »Führt sie ab! Macht mit ihr, was ihr wollt!«
    Die Männer packten sie an den Armen und schleiften sie aus der Kabine. Ghë wehrte sich nicht. Sie zwang sich nur, tief zu atmen und keine Panik in sich aufkommen zu lassen.
    Sie liefen über schmale Gänge, die mal in Sonnenlicht, mal in tiefe Dunkelheit getaucht waren.
    Aus der Ferne hörte Ghë Kwins Stimme: »Und grüße Mâa von mir, wenn du durch das Höllentor gehst.«
    Sein Lachen hallte an den Metallwänden wider, ehe es verklang und wieder Stille herrschte.

    Da spürte Ghë eine radikale Änderung in den Gedankenströmen ihrer Schwestern und Brüder im Exil: Sie waren voller Empörung und Hass. Sie sah die Vigilanten an. Doch die Männer schienen das drohende Unheil nicht zu bemerken. Die Psyche anderer Menschen interessierte sie nicht. Und Ghë erkannte, dass sich das außersinnliche Wahrnehmungsvermögen der Vigilanten – und wahrscheinlich ebenso das aller herrschenden Kasten – im Laufe der Zeit verändert hatte und sich diese Leute bei ihren Entscheidungen ausschließlich auf das Urteil der Warner stützten, wenn sie die Bewohner des Weltraumzuges kontrollierten. Daraus schloss sie, dass nur die Kastenlosen noch fähig waren, mentale Ströme aufzufangen.
    Zwar

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