Sternenzitadelle
zu ihr
und umschlang ihre Beine. Die Älteste beugte sich zu dem Jungen hinunter und streichelte sein Haar.
In diesem Augenblick war von draußen Lärm zu hören. Alle eilten durch den Garten und hinaus auf die abschüssige Straße, die zum Hafen von Koralion führte. Ihnen kamen die Ephrenier entgegen, die zum Kloster wollten.
Eine bewaffnete Gruppe Männer hatte sich von ihnen getrennt und verfolgte die in Richtung Meer flüchtenden Söldner. Sie merkten nicht, dass sie in der Falle saßen und ihr Tod nur noch eine Frage der Zeit sein würde.
Shari erkannte die in das weiße Seidenlaken gehüllte Gestalt sofort.
Er hob Tau Phraïm hoch, setzte ihn auf seine Schultern und lief auf Oniki zu. Die Matrionen blieben zurück, und auch die Ephrenier blieben stehen. Alle wussten, dass Oniki allein auf ihren Prinzen zugehen wollte.
Als beide einander näher kamen, gingen sie immer langsamer. Sie kosteten den Glücksmoment aus, auf den sie drei Jahre gewartet hatten. Als sie etwa einen Meter voneinander entfernt waren, blieben sie stehen und sahen sich schweigend an.
Shari fand Oniki noch schöner, trotz der feinen Narben in ihrem Gesicht. Er hatte das Bild vor Augen, als sie aus dem Dampfbad gestiegen war … Noch immer spiegelte sich die Schönheit ihrer Seele in ihrem Gesicht, auch wenn diese Schönheit jetzt von einem neuen Ernst geprägt war. Er liebte sie, oh, er liebte sie mit ungeheurer Kraft.
»Mein Prinz«, sagte sie leise, von ihren Gefühlen überwältigt. »Shari …«
Der Mahdi stellte seinen Sohn auf den Boden, trat auf sie zu und nahm sie sanft in die Arme.
Nachdem die Ephrenier die Toten bestattet hatten, bereiteten sie ein großes Fest vor: um ihre zurückgewonnene Freiheit zu feiern und auch die Vermählung von Shari und Oniki.
Flaggen wurden an allen Häusern der Stadt gehisst, und Oniki, der Mahdi und ihr Sohn in einem Festzug auf dem Prunkwagen durch die Straßen von Koralion gefahren. Oniki trug das traditionelle ephrenische Gewand: eine weiße, mit Perlen des Ozeans bestickte Robe, Shari schmückte die Weste eines Ehrenbürgers, und Tau Phraïm hatte einen Anzug aus Wolle an und Schuhe aus Schildpatt, in denen er sich sichtlich unwohl fühlte. Während des Umzugs streuten die begeisterten Menschen Rosenblüten auf ihren Wagen …
Die Matrionen hatten beschlossen, die vorgeschriebene Trauerzeit nicht einzuhalten. Nach der Bestattung der Thutalinen galt es vordringlich, den Reinigungsdienst der Orgelwerke zu reorganisieren. Denn die himmlischen Flechten begannen bereits die Kleinen Orgeln zu verstopfen. Sollten auf Ephren nicht für immer Kälte und Dunkelheit herrschen, mussten alle noch lebenden Reinigerinnen unverzüglich mit der Arbeit beginnen.
Als sich der Begeisterungssturm auf der Straße gelegt hatte, hörte Oniki in der Ferne den Gesang ihrer ehemaligen Schwestern, und sie sehnte sich für einen Moment nach dem Gefühl der Freiheit zurück, das sie während ihrer Kletterpartien im Korallenschild empfand.
Die Pülon-Gilde hatte den Neuvermählten ihr schönstes Gebäude, ein Haus am Hafen, zur Verfügung gestellt. Es war umgebaut worden. Im Erdgeschoss gab es einen Bankettsaal, und darüber lagen die Wohnräume.
Der Orden der Thutalinen wurde während des Banketts
nur von der Ältesten, Muremi, repräsentiert, sowohl aus politischen als auch aus praktischen Gründen.
Da der Ältestenrat mit den Kreuzianern paktiert hatte, war Ephren momentan ohne Regierung. Es musste ein neuer Rat gewählt werden.
Also nahm Muremi während des Festmahls wie selbstverständlich inmitten der Patrionen des Pülons Platz. Sie bat die Männer, mit den Reparaturarbeiten an den Orgelwerken fortzufahren und darüber nachzudenken, ob die neue Regierung nicht aus drei Parteien bestehen solle: den Patrionen, den Matrionen und den von der Bevölkerung gewählten Stadtältesten.
»Das ökologische Gleichgewicht Ephrens hängt fast ausschließlich von unseren beiden Institutionen ab«, argumentierte sie. »Die böse Geschichte mit diesen barbarischen Schlangenjägern hat uns gezeigt, dass wir unser Augenmerk vor allem darauf richten müssen, was mit dem Korallenschild passiert.«
»Fürchten Sie nicht, dass unsere Arbeit dann größere politische Implikationen zur Folge hätte?«, wandte einer der Patrionen ein.
»Gerade an politischer Nichteinmischung hat sie doch bisher gelitten«, entgegnete Muremi. »Und die Thutalinen haben einen viel zu hohen Preis dafür bezahlen müssen. So dürfen die
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