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Sternenzitadelle

Sternenzitadelle

Titel: Sternenzitadelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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Düfte in der Luft zu riechen.
    Die Hauptstraße des Dorfs war voller Laub, und die Häuser zu beiden Seiten der Straße waren bereits derart mit Pflanzen überwuchert, dass nur noch die Dächer herausragten. Nur der Dornenstrauch des Narren blühte wie eh und je, und Jek setzte sich oft vor ihn hin, um zu meditieren. Während ihn seine Gedanken dann unweigerlich zu Yelle führten, hörte er den schrecklichen Klang des Bloufs, ein zugleich nahes und fernes Geräusch, das ihm jedes Mal
das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sogar in seinem Körper konnte er den Zerfall des Universums spüren, sodass er beinahe das Gefühl hatte, von diesem unsichtbaren Feind aller Menschen angefallen zu werden.
    »Das große Universum ist nichts anderes als eine Projektion kleiner Universen«, hatte der Mahdi Shari geantwortet, als Jek von seinen Ängsten sprach.
    Doch diese kryptischen Worte hatten in Jek mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet.
    Jedes Mal, wenn er über den schmalen Pfad inmitten des Laubs auf der ehemaligen Hauptstraße ging, überfiel ihn dasselbe Entsetzen wie damals, als Yelle und er auf dem Hof die kryogenisierten Körper von Phoenix und San Francisco entdeckt hatten. Noch immer herrschte in dem Dorf dieselbe, einer Erstarrung gleichende Atmosphäre. Mit jedem Schritt zum Haus schlug sein Herz schneller, weil er fürchtete, einen Mann mit auf ihn gerichteter Waffe in der Tür stehen zu sehen. Das war Marti de Kervaleur gewesen, ein Diener des Bloufs. Doch der hatte Selbstmord begangen. Und mobile Deremats hatten die Pritiv-Söldner und die vier Körper dann auf Syracusa transferiert.
    Obwohl niemand wusste, dass sich der Mahdi Shari von den Hymlyas und Jek At-Skin auf Terra Mater befanden, packte den kleinen Anjorianer immer die Angst, wenn er über die Schwelle des Hauses trat.
    Es roch nach Früchten und Gemüse. Die beiden hatten die letzten drei Jahre von den Vorräten gelebt, die Pilger, Sri Lumpa und Naïa Phykit angelegt hatten. Doch weder er noch der Shari hatten Zeit und Lust gehabt, den Garten zu bestellen und die Erträge gefrierzutrocknen. Im Frühjahr und Sommer litten sie keine Not, doch im Winter mussten sie sich mit kargen Mahlzeiten begnügen.

    Manchmal sehnte sich Jek nach den Kochkünsten seiner Mutter, obwohl die Qualität der Nahrungsmittel auf Ut-Gen eher dürftig gewesen war. Diese Sehnsucht wurde immer besonders groß, wenn Shari mehrere Tage auf Reisen und er allein war.
    »Du bleibst hier, bis ich wiederkomme. Denn hier bist du außer Gefahr, weil dich das Antra beschützt.«
    Trotz dieses Befehls hatte Jek Mühe zu gehorchen. Nur zu gern hätte er auf eigene Faust bevölkerte Planeten erkundet. Die Gesellschaft anderer Menschen fehlte ihm. Denn wenn er sich in Begleitung des Mahdis auf eine psychokinetische Reise begab, rematerialisierten sich die beiden immer inmitten einer Wüste oder Einöde oder am Ufer eines dunklen Meers.
    Er ging in die Küche, nahm eine Frucht aus dem Korb auf dem Tisch und biss hinein. Hier war es angenehm kühl im Gegensatz zu der Hitze draußen. Er setzte sich auf einen Schemel vor den Kamin.
    Wie immer, wenn er allein war, hatte er weder im Bach gebadet noch seine Kleider gewaschen, auch wenn er zugeben musste, dass es lächerlich war, auf diese Weise seine Unabhängigkeit zu beweisen. Aber wenigstens hatte er dann das Gefühl, die Autorität des Mahdi etwas zu untergraben.
    Vor sich hingrübelnd saß er eine Weile da. Die Frucht schmeckte scheußlich, und trotz seines Hungers warf er sie, kaum angebissen, aus dem halb offen stehenden Fenster.
    So blieb er unbeweglich sitzen, bis die Sonne sank.
    Als sich die Dämmerung zur Dunkelheit verdichtete, hatte Jek eine Entscheidung getroffen, denn der Mahdi war nicht zurückgekommen.

    Noch eine Nacht will ich nicht allein auf Terra Mater verbringen, dachte er. Dann kann ich wieder nicht schlafen und werde von diesen schrecklichen Phantomgestalten heimgesucht. Bei jedem Knacken im Gebälk fürchte ich, dass sich ein heimtückischer Mörder an mich heranschleicht. Und das Antra kann mich gegen solche Feinde auch nicht schützen.
    Beim Aufgehen der Sonne werde ich mich wegen meiner Ängste schämen, dachte Jek.
    Und er ahnte, dass er sich weigerte, erwachsen zu werden, und der Mahdi aus diesem Grund ihrer beider Abreise verzögerte.
    Ich muss mich von meinen Erinnerungen befreien und dazu auf meinen Heimatplaneten zurückkehren, meine Eltern noch einmal sehen und durch die alten Viertel streifen, überlegte er.

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