Sternhagelverliebt
ultramodern eingerichtetes Loft. Eine Front bodentiefer Bogenfenster eröffnet einen wahnsinnigen Blick über die ganze Stadt. Die Küche ist vollgestopft mit Edelstahlgeräten. Überall weiße Möbel: weiße Ledersofas, weiße Designerstühle, weiße Wollteppiche auf dem Boden. Die einzigen Farbtupfer sind einige gerahmte Programmhefte an der Wand, die das Schlafzimmer vom Rest der Wohnung trennt.
Olivia und Steph schließen die Schlafzimmertür hinter sich, und Henry geht in die Küche. Er wäscht sich in der Spüle gründlich die Hände und holt dann einige Behälter und ein paar Dosen Cola aus dem Kühlschrank.
»Möchtest du etwas essen?«, fragt er.
»Gott, ja.«
Ich nehme auf einem der Barhocker Platz und schöpfe Couscoussalat mit Bohnen auf einen Teller, den Henry mir reicht.
»Tut mir leid. Sie scheint nur diesen makrobiotischen Scheiß zu haben.«
»Vergiss es. Im Augenblick würde ich alles essen.«
Ich greife zu. In meinem ganzen Leben habe ich noch nie etwas so Köstliches gegessen, dabei mag ich Bohnen oder Couscous nicht einmal. Natürlich sind seit der Mini-Mahlzeit, die ich gestern zu mir genommen habe, auch schon 25 Stunden vergangen. Zusammen mit dem Kater und dem Kotzen kann ich eigentlich gar nicht glauben, dass ich überhaupt noch stehe.
Ich nehme mir eine Packung mit Tofuaufstrich, der zwar ekelig aussieht, aber das interessiert mich und meinen knurrenden Magen im Moment nicht. Auch Henry isst alles, was ihm in die Finger gerät.
Er ertappt mich dabei, wie ich ihn ansehe, und lächelt. »Fühlst du dich besser?«
»Auf jeden Fall wieder etwas mehr wie ein Mensch.«
»Gut.«
»Hör mal, Henry, wegen vorhin …«
Olivias Absätze klackern auf dem hellen Holzfußboden, als sie zu uns kommt. In ihrer engen Jeans und einem eisblauen Neckholdertop sieht sie einfach phantastisch aus. Ihre Haut ist perfekt und so gleichmäßig gebräunt, dass es nur künstlich sein kann. »Henry, waren diese Paparazzi-Arschlöcher noch immer unten?«
Sein Blick wandert zu mir. »Jepp.«
»Woher zur Hölle wissen die immer, wann etwas los ist?«
»Da bin ich überfragt. Hast du eine Ahnung, Kate?«
O Scheiße.
Ich erwidere Henrys Blick. Bitte mach, dass er mir glaubt.
»Nein, Henry. Ich habe keine Ahnung.«
Olivia nimmt sich einen Teller aus dem Schrank und gibt sich etwas Couscous darauf. »Ich könnte schwören, dass jemand ihr Telefon angezapft hat. Ich habe Amb schon öfter gesagt, sie soll es überprüfen lassen, doch sie hört ja nicht auf mich.«
»Schläft sie?«, frage ich.
»Sie nimmt ein Bad. Ich kann nicht glauben, dass sie die Nacht im Park verbracht hat. Dieser verfluchte Connor.«
»Hast du mit ihm gesprochen?«, will Henry wissen.
»Kurz. Er schien nicht besonders besorgt zu sein.«
Ein zorniger Ausdruck huscht über Henrys Gesicht. »Nein, wohl nicht.«
Es fällt mir schwer, noch einen weiteren Moment dieses leeren Geredes zu ertragen. Ich muss unbedingt mit Henry reden. Was genau ich ihm sagen will, weiß ich noch nicht. Aber vielleicht ist das meine letzte Chance.
»Henry, können wir kurz reden?«
Henry zögert, ehe er antwortet, und etwas an meinem Tonfall muss Olivias Aufmerksamkeit geweckt haben. Denn nun sieht sie mich an, als wäre ihr gerade erst aufgefallen, dass ich hier bin. Dass ich mit Henry zusammen hierhergekommen bin. Dass wir den ganzen Tag gemeinsam verbracht haben.
»Du bist Katie, stimmt’s?«
Hallo? … Nicht, dass wir erst
gestern
sechs Stunden miteinander verbracht hätten.
»Ja.«
Sie runzelt die Stirn. »Und was genau machst du hier?«
»Sie hat mir geholfen, nach Amber zu suchen«, antwortet Henry.
Olivia blickt zwischen mir und Henry hin und her. »Ich verstehe. Ihr beide habt euch in der Entzugsklinik kennengelernt, oder?«
»Ja, das stimmt«, sage ich.
»Also hast du auch ein Drogenproblem?«
»Olivia!«
Danke, Henry, dass du mich verteidigst. Obwohl du noch immer wütend auf mich bist und obwohl du mir vielleicht niemals vergeben wirst.
»Ist schon in Ordnung, Henry.« Ich hole tief Luft und erwidere ihren herausfordernden Blick. »Ja, das stimmt.«
»Bist du ein Kokain- oder ein Heroinmädchen?«
Henry knurrt ärgerlich. »Ich meine es ernst, Liv. Lass es sein.«
Sie sieht ihn an und zieht einen Schmollmund. Zwischen den beiden scheint eine Art Kommunikation stattzufinden, die keine Worte braucht. Ich wende mich ab, will nicht sehen, was sie offensichtlich schon lange miteinander verbindet. Ich habe genug.
Schweigend stehe
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