Sternhagelverliebt
Es muss eine so rührende Szene gewesen sein«, sagt er sarkastisch.
»Warum bist du ihnen dann nicht gefolgt?«
Er beißt von seinem Burger ab. »Weil ich kein Mädchen bin.«
»Nett. Mmm … du hast da ein bisschen Ketchup am Kinn …«
Ich strecke die Hand aus, um es ihm abzuwischen, ziehe sie dann aber wieder zurück.
Neugierig sieht er mich an, als er das Ketchup mit seiner Serviette entfernt. »Danke. Also, warum bist du nicht gegangen?«
»Weil es mich nichts angeht.«
»Ich verstehe. Sag mal … hast du je ein Klatschmagazin gelesen?«
Meine Hände beginnen zu schwitzen. Worauf zur Hölle will er hinaus?
»Selbstverständlich.«
»Na ja, eigentlich geht nichts, was darin steht, irgendjemanden etwas an.«
»Ich weiß, allerdings bin ich dabei wenigstens nicht diejenige, die in die Privatsphäre der Promis eindringt.«
Jedenfalls nicht in diesen bestimmten Magazinen.
»Aber du bist nur einen Schritt davon entfernt. Und wenn niemand solche Sachen lesen würde, dann wären die Paparazzi überhaupt nicht da.«
Wenn niemand solche Sachen lesen würde, dann wäre ich auch überhaupt nicht hier.
Ich versuche, das alles mit einem Lachen abzutun. »Wollen manche Prominente diese Aufmerksamkeit denn nicht auch?«
»Sicher, aber bedeutet das automatisch, dass sie keinen Anspruch auf Privatsphäre haben?«
»Das habe ich nie gesagt.«
»Was hast du denn gesagt?«
Dass diese Unterhaltung viel zu nahe an der Wahrheit ist.
»Dass ich genauso neugierig bin wie jeder andere, wie diese extrem gutbezahlten, hübschen jungen Dinger ihr Leben leben, doch dass ich Amber und Connor gestern trotzdem nicht hinterherspioniert habe.«
»Aber du hast die Nachricht gelesen?«
»Nein …«
Er beugt sich vor. »Nur, weil du nicht verstanden hast, was da stand.«
»Warum sollte ich nicht verstehen, was auf dem Zettel stand?«
»Netter Versuch. Gib es einfach zu.«
»Nur, wenn du mir verrätst, warum ich die Nachricht nicht verstehen konnte.«
»Weil sie in Esperanto war.«
»Esperanto? Diese künstliche Sprache, die Englisch ersetzen sollte?«
»Jepp.«
»Sie kommunizieren in Esperanto?«
»Jepp.«
»Das ist …«
Sein Lächeln ist wissend, als er sich ein paar Pommes frites in den Mund schiebt. »Unglaublich dämlich?«
»Sagt der Mann, der Esperanto versteht.«
Er legt seine Hand auf sein Herz. »Du kränkst mich, Kate, Katie, wie auch immer.«
»Du wirst es überleben.«
Als ich Henry verlasse, um zur Gruppentherapie zu gehen, kehren die Schuldgefühle zurück. Möglicherweise liegt es daran, dass es in der Gruppe ständig um Schuldgefühle geht, doch als ich heute im Kreis sitze und mir eine weitere »Ich wollte nur eine Line ziehen«-Geschichte anhöre, fühle ich mich so einsam und niedergeschlagen wie seit meinem 30 . Geburtstag nicht mehr, als ich das Vorstellungsgespräch für meinen Traumjob vermasselt habe.
Ich habe das Gefühl, dass ich etwas Dramatisches brauche, das mich aus dieser Angststarre reißt. Und da ich keinen Zugang zu dem Stoff habe, der mich für gewöhnlich in einer solchen Situation heilen könnte, packe ich die erstbeste Gelegenheit beim Schopfe: Als Saundra uns vom Vertrauenstag erzählt, uns anweist, bequeme Kleidung anzuziehen, und nach einem Freiwilligen fragt, schießt meine Hand sofort nach oben – wie damals in der Grundschule, wenn ich die Antworten wusste.
Trag mich für egal was ein; alles ist besser, als allein mit mir selbst in Grübeleien zu versinken.
Das empfinde ich, bis wir die Turnhalle betreten und ich die Trapezkonstruktion auf dem Basketballfeld erblicke.
»Vertrauen«, sagt Saundra. Sie sieht jünger und sportlicher aus in ihrer engen schwarzen Sporthose und dem Shirt, das mit dem Aufdruck
Welpen lieben uns!
verziert ist. »Es ist am schwierigsten zu geben und am leichtesten zu verlieren. Jeder von Ihnen hat das Vertrauen der Menschen, die Ihnen am nächsten stehen, wegen Ihrer Abhängigkeit verloren. Sie müssen lernen, die Menschen dazu zu bringen, Ihnen wieder vertrauen zu können. Aber zuerst müssen Sie lernen, anderen und sich selbst zu vertrauen. Und darum geht es in dieser Übung.«
»Wie soll das Nachstellen einer Szene aus
Sex and the City
uns dabei helfen?«, fragt der Regisseur. Das rechte Bein seiner Trainingshose ist bis zum Knie aufgerollt. Er sieht aus wie ein Mitglied einer Revuetanzgruppe.
»Das ist eine gute Frage, Rodney. Die Übung funktioniert in zwei Richtungen. Zuerst einmal müssen Sie der Ausrüstung und den
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