Sternstunde der Liebe (German Edition)
entfernt und ein Trinkwasser erzeugt, das so frisch wie der Frühling schmeckt. Danke, dass du gefragt hast und um mein Wohl besorgt bist.«
»Und was ist mit Lebensmitteln?«, erkundigte sich Annabelle. »Was wirst du essen?«
»Ich trinke Austernsaft. Ich habe etliche Dosen mitgenommen – sie enthalten jede Menge Eiweiß, und außerdem erspare ich mir dadurch die Kocherei.«
»Klingt scheußlich«, sagte Hecate schaudernd.
Zeb kam herüber, mit einem großen Karton, den er Sixtus zu Füßen legte. »Gefriergetrocknete Fertigmahlzeiten, direkt von der NASA. Davon haben wir uns im Weltraum ernährt.«
Sixtus nickte, gerührt, dass Zeb überhaupt an der Abschiedsfeier teilnahm. Er sah zu Rumer hinüber, die überall hinsah außer zu Zeb – den Blickkontakt um jeden Preis zu vermeiden suchte.
»Schau mal, was mir Zeb gebracht hat«, sagte er.
»Köstlich. Gefriergetrocknete Makkaroni mit Käse.« Sie hob eines der in Folie eingeschweißten Päckchen hoch.
»Jetzt mach aber mal einen Punkt, Larkin«, empörte sich Zeb. »Im Orbit war die Astronautenkost ein Bombenerfolg.«
Sixtus seufzte, und die beiden Streithähne sahen ihn an. Ein Gefühl der Niedergeschlagenheit lastete in der Luft – als zöge ein Sturm herauf, obwohl der Seewetterdienst einen wolkenlosen Himmel vorhergesagt hatte.
»Was ist, Dad?«, fragte Rumer besorgt. »Alles in Ordnung?«
»Ich möchte, dass ihr zwei …«, begann er streng, dann verstummte er.
Menschen – junge Leute in ihrer Sturm- und Drangzeit eingeschlossen – ruinierten ihr Leben nicht vorsätzlich, aber manchmal erkannten Eltern schon lange vor ihnen, dass sie im Begriff standen, einen Riesenfehler zu begehen, genau wie die dunklen Wolken, die vom Meer heraufziehen, das Nahen eines Sturms ankündigen. Sixtus hatte nie begriffen, warum Elizabeth plötzlich ein Auge auf Zeb geworfen hatte. Nachdem sie den Jungen von nebenan bestenfalls ganz nett gefunden und schlimmstenfalls gerade noch ertragen hatte, war sie mit einem Mal geradezu versessen auf ihn gewesen.
Zeb war ein Spätzünder gewesen, wie Sixtus sich erinnerte. Klein für sein Alter, hatte er in seinem letzten Studienjahr an der Columbia einen Wachstumsschub zu verzeichnen gehabt. Er war zehn Zentimeter in die Höhe geschossen, hatte einen muskulösen Brustkorb und breite Schultern dank der Gewichte bekommen, die er während der Wintermonate unermüdlich gestemmt hatte, und er hatte seine Pläne verkündet, ein Graduiertenstudium an der UCLA zu absolvieren.
Sixtus war von Anfang an überzeugt gewesen, dass Elizabeth sich vor allem in den »L. A.«-Teil der UCLA verliebt hatte. Sie hatte in New York Theater gespielt und etliche Rollen an kleineren, meist experimentellen Bühnen erhalten – und einige am Broadway selbst. Sie hatte die Portia mit dem festen Ensemble eines Repertoiretheaters in den Berkshires gespielt, die Julia in Montauk und Lower Manhattan, war beim Festival »Shakespeare in the Park« Mitglied der Theatertruppe, die Wie es euch gefällt aufgeführt hatte, und nun war sie gerüstet, von der Bühne zur Leinwand überzuwechseln. Rumer hatte Zeb mitgenommen, um Elizabeth in Romeo und Julia in einem Off-Broadway-Theater zu sehen. Als sie nach Connecticut zurückgekehrt war, hatte es zwischen den beiden gefunkt und sie wurden ein Paar. Es war der Aufbruch in die Zerstörung gewesen.
Sixtus fragte sich seufzend, welche Rolle er bei dem Drama gespielt hatte. Er hätte eigentlich merken müssen, was los war. Irgendetwas – vielleicht seine eigene gefühlsmäßige Distanz als Vater – hatte bewirkt, dass Elizabeth zu einer emotional bedürftigen jungen Frau heranwuchs. Sie hatte immer mehr von allem haben müssen: Aufmerksamkeit, Lob, Liebe, ja sogar den Mann, der eigentlich für ihre Schwester bestimmt war.
»Du willst, dass wir … was?«, hakte Zeb nach.
»Egal«, warf Rumer ein. »Er wappnet sich nur, Lebewohl zu sagen, und er weiß, dass ich es hasse, Abschied zu nehmen – stimmt’s, Dad?«
»So ist es, Liebes.«
»Hmmm.« Zebs Stimme klang nicht überzeugt. Er sah Sixtus gespannt an.
»Was ist los, Dad?«, fragte Rumer. »Hast du es dir anders überlegt?«
»Nein, Liebes. Das hättest du wohl gerne, oder?«
Sie blickte zum Boot hinüber. »Ich wünschte, ich könnte lügen und Nein sagen.«
»Lügen konntest du noch nie«, sagte Sixtus. »Du bist wie ein offenes Buch. Ein Blick in deine Augen genügt, und ich weiß, was los ist.«
»Wirst du dich mit Elizabeth treffen,
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