Sternstunde der Liebe (German Edition)
ihr hereinzuschauen, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen, weil er Sixtus versprochen hatte, sich um sie zu kümmern – wie er sich einzureden versuchte. Nachdem er die Ruder im Bootsschuppen verstaut hatte, ging Zeb den Hügel zu ihrem Haus hinauf; schon von weitem vernahm er ein Mordsgetöse. Rumer war im Garten, fuchtelte mit den Armen und brüllte einen Mann in einem schiefergrauen Anzug an, der auf der anderen Seite des Gebüsches in Zebs ehemaligem Garten stand.
Rumers Augen funkelten vor Wut. Ihr weizenblondes, silbern schimmerndes Haar fiel ihr ins Gesicht, als sie heftig den Kopf schüttelte und wild gestikulierte. Der Mann hatte die Arme vor seinem Körper verschränkt, eine defensive Haltung angenommen, und hinter ihm hatte der Arbeitertrupp mit Motorsägen und Breithacken Aufstellung genommen – abwartend. Eine gefällte Eiche lag quer über der schmalen Zufahrt.
»So beruhigen Sie sich doch«, sagte der Mann. »Mit welchem Recht schreiben Sie mir vor, welche Bäume ich in meinem eigenen Garten fällen darf?«
»In dem Baum befindet sich ein Eichhörnchennest.« Rumers Arm zitterte, als sie auf die abgebrochenen Zweige deutete. Ein Haufen trockener Blätter lag an der Stelle, wo sich der Wipfel der kleinen Eiche befunden hatte, und ein ausgewachsenes Eichhörnchen sprang mit lautem Geschnatter, das wie Protestgeschrei klang, von Ast zu Ast. »Ihre Jungen sind noch darin. Sie wurden erst letzte Woche geboren …«
»Nun, das tut mir Leid«, sagte der Mann. »Doch auf meinem Grund und Boden kann ich die Landschaft gestalten, wie ich will.«
»Aber die Jungen …«
»Was geht Sie das an? Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten.«
»Schauen Sie sich das doch an!« Rumer sah, wie die Eichhörnchenmutter völlig aufgelöst versuchte, an das Nest zu gelangen.
»Rumer?« Zeb stand am Fuß ihrer Treppe.
Sie schien ihn nicht wahrzunehmen. Sie bahnte sich ihren Weg durch das Gebüsch, zu dem gefällten Baum. Die Zweige standen in sämtliche Himmelsrichtungen ab, zerkratzten ihr das Gesicht, als sie näher an den Stamm heranging. Die Eichhörnchenmutter, einen weiteren Angriff befürchtend, sprang ihr auf den Rücken und krallte sich in ihrem Pullover fest. Als Tierärztin an solche Dinge gewöhnt, begann sie, das Nest auszugraben.
»Was fällt Ihnen ein, einfach in meinen Garten zu kommen!«, schimpfte der Mann. »Haben Sie noch nie etwas von Grundstücksgrenzen gehört? Herrgott, jetzt reicht es mir aber. Ich habe die Nase gestrichen voll von der gottverdammten ›Lärmschutzverordnung‹ und all den anderen Tricks, die ihr euch ausgedacht habt, um mir Steine in den Weg zu legen. Gehen Sie von dem Baum weg, zum Teufel …«
Zeb sah, wie Rumer im Laub wühlte und versuchte, an die welken Blätter heranzukommen, die das Nest bildeten. Die Eichhörnchenmutter scharrte auf ihrer Schulter und stieß kummervolle Schreie aus, als Rumer ihre Jungen vom Boden aufhob.
Zeb ging neben ihr in die Hocke; sein Puls raste. Er half Rumer, das Blätterbündel herauszuziehen und versuchte, sie vor der Mutter zu schützen. Rumer arbeitete konzentriert, ihr Atem ging schnell. Zebs Hände schlossen sich um ihre Finger, er wollte verhindern, dass sie in das Nest hineingriff.
»Sie sind tot, Rumer«, sagte er ruhig. »Lass sie …«
»Und wenn nicht?« Sie drehte sich um und sah ihn an, ihre blauen Augen schimmerten im Licht.
Möglicherweise hatte sie Recht, und er kannte sie lange genug, um zu verstehen, dass sie sich selbst davon überzeugen musste. Rumer war Tierärztin, kein kleines Mädchen mehr, das Tiere liebte, aber an ihrem leidenschaftlichen Engagement hatte sich nichts geändert. Behutsam schob sie die Blätter zurück und berührte die reglosen grauen Neugeborenen, die zusammengerollt in ihrem Nest lagen.
»Oh.« Sie bewegten sich nicht. Zeb hatte einen Kloß im Hals, als er an die vielen Tiere dachte, die in den beiden Gärten – seinem ehemaligen und Rumers – lebten. Ihre Mütter hatten sie »das Sanktuarium« genannt. Es war kein offizielles Naturschutzgebiet, aber jeder in der Nachbarschaft betrachtete es als solches. Die zahllosen Nester, wuchernden Kletterpflanzen und unterirdischen Stollen hatten einer Vielzahl von Geschöpfen einen sicheren Unterschlupf geboten.
Zeb half ihr, die samtigen Eichhörnchen aus ihrem Blätternest zu heben, und legte sie in Rumers Arme. Er schickte sich an, ihr zu folgen, aber der Mann stellte sich ihm in den Weg.
»Das darf doch nicht wahr
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