Sternstunde der Liebe (German Edition)
hielt sie trotzdem, sah ihn unverwandt an.
»Ein Kabelbrand war die Ursache. Ich hatte so etwas nicht zum ersten Mal erlebt; es war nicht einmal besonders schlimm …« Dennoch hatte er noch heute den Geruch der verschmorten Kabel und schmelzenden Plastikteile in der Nase. Manchmal hatte er das Gefühl, als sei ihm der Brandgeruch unter die Haut gegangen, hätte sich ein für alle Mal in seinen Haaren festgesetzt und ließe sich nie mehr wegwaschen.
»Aber es war wie bei einem Erdbeben. Als würden wir jeden Augenblick mit eiserner Faust aus dem Weltraum katapultiert. Als hätten wir ein Schwarzes Loch durchquert.«
»Wie lange –«
»Es dauerte nur zwei Sekunden. Unser Bordcomputer zeigte, dass sich der Brandherd im Bedienungspult befand, auf der Steuerbordseite … Mel Davis, der Pilot, schritt sofort zur Tat. Er reagierte fantastisch – gab die Anweisung, alle Systeme abzuschalten.«
»Stand das Ganze schon in Flammen?«
»Soweit wir feststellen konnten, nicht. Aber wir gingen davon aus, dass der Schaden ziemlich groß war – wir hatten die Druckwelle gespürt, die prompt eine Instinktreaktion auslöste. Später stellte sich dann heraus, dass es doch nicht so schlimm war. Es gibt klare Maßnahmen für solche Notfälle; wir hatten sie viele Male geprobt. Es gelang uns, den Brand umgehend zu löschen – wir waren nie wirklich in Gefahr.«
»Aber du warst weitab im Weltraum. Du musst große Angst gehabt haben.«
»Während des Trainings werden wir darauf trainiert, mit solchen Pannen zu rechnen. Im Simulator habe ich schlimmere Explosionen erlebt. Aber natürlich hast du Recht, wir befanden uns im Weltall. Ich fühlte mich unendlich weit entfernt, hatte Angst, die beiden Menschen nicht mehr wiederzusehen, die ich liebe.«
Er erinnerte sich, wie blitzschnell Mel und er gehandelt und das Feuer gelöscht hatten. Mel hatte das Ganze gleich darauf mit einem Lachen abgetan – genau wie Zeb es normalerweise auch getan hätte.
»Michael?«, fragte Rumer.
»Und dich …«
»Mich?«
»Dich und Michael.« Zebs Stimme klang belegt. »Unsere Grundgeschwindigkeit war gewaltig – wir brachten die letzte Umlaufbahn hinter uns und begannen mit dem Landemanöver. Aber meine Gedanken eilten voraus. Zu dir und Michael … ich konnte es kaum erwarten, endlich zu landen, mich sofort bei dir zu melden.«
»Du hast irgendwann im letzten September angerufen. Dad erzählte es mir.«
»Ja. Ich habe mir damals gewünscht, du mögest ans Telefon gehen, aber Sixtus war dran … er sagte mir, du wärst außer Haus, bei der Arbeit. Ich glaube nicht, dass ich ihm von der Explosion erzählt habe – er dachte wohl, ich wollte mich erkundigen, was es Neues gibt. Bei der Gelegenheit erzählte er, dass Dana heiraten würde. Ich rief Winnie an, um mich zu erkundigen, ob ihr Gästehaus um die Zeit frei wäre. Ich begann zu grübeln – ich musste mein ganzes Leben überdenken, Bilanz ziehen. Herausfinden, was mir wirklich wichtig ist. Die Dinge wieder ins Lot bringen. Es dauerte einige Zeit, aber dann fasste ich einen Plan.«
»Hierher zu kommen?«
»Nach Hause zurückzukommen, um dich wiederzusehen.« Zeb rieb sich den Nacken, fühlte sich erschöpft angesichts des Gedankens, wie weit der Weg gewesen war. »Und Michael hierher zu bringen. Ich wusste – hoffte –, dass es ihm gut tun würde. Das hier ist mein Zuhause … ich habe an verschiedenen anderen Orten gewohnt, aber ich bin nie wirklich fortgegangen.«
»Das hättest du auch nicht geschafft.« Rumers Stimme war rau wie ein Reibeisen. »Du gehörst hierher.«
»Ich habe mir die größte Mühe gegeben, alles über Bord zu werfen …«
»Aber es ist dir nicht gelungen.«
Die Kettensäge kreischte, durchtrennte die Äste der Fichte. Zebs Magen verkrampfte sich. Er dachte an den neuen Nachbarn, der die von Rumer und ihm geliebten Bäume abholzte. Er musste ihr sagen, was er empfand, musste herausfinden, wie sie zu ihm stand: Die Dringlichkeit war mit jedem Tag gewachsen, hatte ihn bedrückt, ihm die Luft abgeschnürt. Es kam ihm vor wie das Zeitfenster bei den Weltraumflügen – es blieb nur wenig Gelegenheit, um zu handeln, richtig und präzise.
Sie standen nebeneinander, hörten, wie der Baum zerstört wurde, den sie liebten, und betrachteten den Sonnenuntergang. Ein goldener Lichtschein breitete sich über dem Strand und dem Meer aus, und Zeb dachte wieder an die Zeitfenster. Einmal, bei einer Mission im letzten Juni, war die Raumfähre Endeavour zu
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