Sternstunde der Liebe (German Edition)
abweisend.«
»Ich fühlte mich verletzt.«
»Verschmäht?«, fragte sie mit zusammengepressten Lippen, und er nickte. »Ich weiß, wie das ist«, fuhr sie fort. »Zwei Monate lang hörte ich kaum etwas von dir. Und dann gingen wir ins Theater, um Elizabeth in dem Stück zu sehen, und alles änderte sich. Ich dachte, sie sei dir lieber als ich.«
»Rumer –«
»Glaubst du wirklich, das spielt heute noch eine Rolle? Nach all den Jahren?«, fragte sie traurig.
In diesem Moment läutete das Telefon. Es war Sixtus, der aus Lunenborg in Nova Scotia anrief. Draußen begann der Landschaftsarchitekt, die Bambusreihe umzusägen, die von dicken Geißblattreben überwuchert war.
Rumer sprach mit ihrem Vater, nahm auf dem kleinen Sofa Platz, das neben dem offenen, gemauerten Kamin stand. Zeb lauschte ihrer Stimme, die weich klang; sie war glücklich, mit ihrem Vater sprechen zu können, zu wissen, dass er heil angekommen war.
Er schloss die Augen; wenn sie nur ahnen würde, wie verzweifelt er sich bei seinem Anruf im letzten Herbst gewünscht hatte, sie möge ans Telefon gehen. Er hatte Todesängste ausgestanden; die Explosion hatte bewirkt, dass er sein Leben Revue passieren ließ, sich der Tatsache stellte, dass er einen schrecklichen Fehler begangen hatte.
Wahre Liebe währt ewig , hatte seine Mutter immer gesagt. Wenn du glaubst, sie verloren zu haben, komm in unser Sanktuarium zurück. Hier wirst du sie wiederfinden, sie wartet auf dich.
Zebs Hände zitterten. Draußen kreischte die Kettensäge, verletzte das Sanktuarium. Rumer sprach leise am Telefon, ihre Stimme war Balsam für seine Seele, berührte sein Herz. Als sie von der anderen Seite des Raumes herübersah, trafen sich ihre Blicke. Sie redete weiter mit ihrem Vater, aber sie wandte den Blick nicht von Zeb ab.
20
A n verregneten Tagen war das Foley’s gerammelt voll mit Strandgängern, die ihre vielleicht wohldurchdachten Pläne vereitelt sahen und in Büchern und Zeitschriften blätterten, Kindern, die in Comic-Heftchen schmökerten und die Süßigkeiten beäugten, Freunden, die sich zum Tee trafen, und Teenagern, die ihre Lieblingsmelodien in der Musikbox spielten.
Der Schreibtisch mit seiner Schublade wurde an solchen Tagen besonders stark frequentiert, von Absendern wie Empfängern gleichermaßen. Die Zettel mit den Botschaften waren wie bewegliche Graffiti.
Im Laufe der Zeit glichen sie den Blättern auf dem Waldboden. Einige blieben haften und wurden Teil des Bodensatzes; andere wurden aus ihrem Schattendasein erlöst, und wieder andere verschwanden einfach. Einige der ältesten fielen auseinander – das Papier wurde mürbe und zerfiel an den Falzen, die Kanten verfingen sich in den hölzernen Nahtstellen der Tischschublade.
Rumer, Quinn und Michael saßen an einem der zerschrammten Holztische. Rumer trank Tee und sah den beiden bei den Hausaufgaben zu, Romeo und Julia, zweiter Akt. Als sie eine Pause einlegten, versuchten sie, die alten Initialen zu entziffern, die in das Holz der Tischplatte eingeritzt waren.
»Das sind meine Eltern«, rief Quinn aus. »LU & MG. Und Tante Dana und ihr ehemaliger Freund: D & T.«
»Und das da ist bestimmt mein Vater«, sagte Michael. »ZM – so viele mit den gleichen Anfangsbuchstaben kann es hier in der Gegend nicht geben. Aber da steht ja ›RL‹ und nicht ›EL‹…«
Rumer errötete, rührte Honig in ihren Tee. »Das ist lange her.«
»RL bist du?«
Rumer nickte. »Wir waren alte Freunde, dein Vater und ich. Das weißt du doch. Dass er unsere Initialen eingeritzt hat, war nur ein Spaß. Zwischen uns war nichts Ernstes, Michael.«
»Er hat es offenbar ernst genug genommen, um euch zusammen auf dem Tisch zu verewigen.«
»Wir haben Zeitungen miteinander ausgetragen … an kalten regnerischen Tagen wie heute kamen wir oft her, um heiße Schokolade zu trinken. Vermutlich saß irgendein Junge, der mir gefiel, dort drüben« – sie deutete auf den Tresen – »und dein Vater beschloss, ihn eifersüchtig zu machen. Oder so.«
»Mom hat gemeint, du seist ihre größte Rivalin gewesen.«
»Wow«, meinte Quinn. »Ein Hauch Shakespeare, hier in Hubbard’s Point. Zwei Schwestern und ein und derselbe Mann!«
»Das hat Elizabeth gesagt?« Rumer ging Michaels Bemerkung nicht aus dem Kopf.
Michael nickte. »Ja. Sie lachte, weil es offensichtlich …«
Rumer wurde feuerrot. Offensichtlich hatte ihre Schwester gemeint, Rumer sei auf keinem Gebiet eine ernst zu nehmende Konkurrenz für sie.
»Was
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