Sternstunde der Liebe (German Edition)
die Rumer mit Wurmtabletten und Medikamenten für die Hunde gefüllt hatte. Sie küssten sich zum Abschied und sie versprach, ihn am nächsten Tag anzurufen.
»Der Doktor bittet umgehend um Rückruf? Der Doktor? «, sagte Rumer zu Mathilda, sobald Edward gegangen war.
»Wenn ich mich recht erinnere, sagtest du, er sei Doktor der Astronomie oder Astrophysik oder Mathematik, oder was weiß ich. Doktor ist Doktor, oder?«
»Ja.« Rumer blickte Mathilda durchdringend an. »Du hast doch wohl nicht etwa an der Tür gelauscht?«
»Wie kannst du mir so etwas unterstellen!« Mathilda presste die Hand aufs Herz, als sei sie zutiefst verletzt.
»Weil ich gerade Edwards Einladung zum Abendessen im Renwick Inn annehmen wollte und das Telefon in der letzten halben Stunde nicht mehr geläutet hat, soweit ich hören konnte.«
»Okay, dann kam der Anruf eben früher, während du Bootsie McMahon gegen Tollwut geimpft hast. Ich habe die Nachrichten notiert und dachte, du solltest alle Optionen kennen, bevor du dich für heute Abend festlegst.«
»Mit Edward zu Abend essen bedeutet nicht, dass ich mich festlege …«
»Ganz wie du meinst, Doc.« Mathilda begann zu lächeln.
»Du hörst dich an wie mein Vater.«
»Es gibt Schlimmeres.« Nun strahlte Mathilda.
»War es wirklich dringend?« Rumer starrte das Blatt Papier an. »Was glaubst du, was er will?«
»Keine Ahnung.« Mathilda deutete auf die Uhr. »Aber du solltest dich beeilen, es ist bereits Viertel nach fünf.«
Rumer holte tief Luft, schlüpfte in ihren Regenmantel, zog die Kapuze über den Kopf und eilte zur Tür hinaus. Ihre Wiese schimmerte grün und silbern durch den strömenden Regen. Die anmutigen Ahornbäume breiteten ihre dicht belaubten Äste über die wogenden Felder, und Vögel sangen, als Rumer zu ihrem Wagen ging.
12
D as Gebäude, in dem sich das Foley’s befand, war genauso groß und schlicht wie eine Scheune; es lag landeinwärts und jenseits von Hubbard’s Point, wo Rumer und die Dames de la Roche wohnten. Die salbeigrüne Anstrichfarbe war von den verwitterten Dachschindeln abgeblättert, verlieh ihnen das Aussehen alter Bronze. Rumer parkte ihren Truck auf dem unbefestigten Parkplatz. Aus Gewohnheit streifte sie die Schuhe ab, denn es galt als Sakrileg, Foley’s anders als mit bloßen Füßen zu betreten.
Den Kopf bedeckend, lief sie durch den strömenden Regen hinein. Weiträumig und luftig, war der Laden angefüllt mit Lebensmitteln, Büchern, Zeitschriften, Ködern und Angelausrüstung, Schlauchbooten und Schläuchen: alles, was an der Küste zur Grundausstattung gehörte. Weiter hinten befand sich eine Erfrischungshalle mit einem Formica-Tresen und hohen Barhockern mit Vinylpolstern.
Um die Ecke, direkt hinter dem Münzfernsprecher, standen vier alte Tische und Stühle. Die Holzflächen waren abgenutzt, hatten Ränder von Kaffeetassen, eingeritzte Initialen und Brandflecken aus der Zeit, als das Rauchen noch gestattet war. Es war halb sechs und Zeb war noch nicht da. Rumer hatte nur noch selten Zeit, hierher zu kommen, aber sie zögerte nicht; sie ging schnurstracks zu ihrem Lieblingstisch – in der Ecke. Sie nahm auf dem Armstuhl aus Eichenholz Platz, bestellte Tee, lauschte dem Regen auf dem Dach.
Während sie den heißen Tee trank, betrachtete sie die eingeritzten Herzen und Initialen. Viele Mädchen und Jungen aus Hubbard’s Point hatten den Wunsch verspürt, aller Welt kundzutun, dass sie verliebt waren: TR&LA, SE&CM, DM&SP, ZM&RL.
Rumer zuckte zusammen, als sie die Anfangsbuchstaben ihrer beider Namen entdeckte. Zeb hatte sie geschnitzt, mehr im Scherz, bevor sie auch nur annähernd so etwas wie ein Paar wurden. Damals waren sie ungefähr sechzehn gewesen; sie hatten gerade Zeitungen ausgetragen, und er hatte gemeint, dass auch gute Freunde Nachruhm verdienten …
Rumer schloss die Augen und fragte sich, warum sie sich bereit erklärt hatte, sich hier mit Zeb zu treffen. Das Foley’s gehörte zu ihrer gemeinsamen Vergangenheit – Zeb und sie hatten hier oft Rast gemacht und Limonade oder heiße Schokolade getrunken. Sie kaufte in dem Laden ein, aber diesen Tisch hatte sie seit Jahren gemieden. Langsam, als gehorchten sie einem inneren Zwang, glitten ihre Finger über die Tischplatte aus Eichenholz zur Schublade, die sich unmittelbar vor ihr befand.
Der Tisch besaß eine breite, tiefe Schublade. Vielleicht war er ursprünglich als Schreibtisch gedacht, aber aus irgendeinem Grund im Foley’s gelandet. Wer mochte das
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