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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Versprechen in die Tat umzusetzen. Besorgt wegen der möglichen gesundheitsschädlichen Folgen, die daraus erwachsen könnten, suchte ich mich mit ihm durch die Tür zu verständigen. Als ich das Ohr ans Schlüsselloch hielt, vernahm ich Geräusche, die die Worte der Assistenten bestätigten. In höchster Verwirrung schrieb ich einen Brief, worin alles erklärt war, übergab ihn den Assistenten mit der Bitte, ihn dem Professor gleich nach meinem Abflug auszuhändigen, und raste zum Flugplatz. Ich mußte so handeln, da ich nicht sicher war, ob der Professor die Tobine aufsuchen würde, ehe er sich mit mir aussprach.
      Ich verließ Prozytien überstürzt um ein Uhr nachts; den Treibstoff hatte ich völlig vergessen. Nach etwa einer Million Kilometer waren die Tanks plötzlich leer, und ich irrte als kosmischer Schiffbrüchiger auf meinem bewegungsunfähigen Vehikel durch das Nichts. Und nur drei Tage trennten mich von meiner verabredeten Begegnung mit Tarantoga.
      Coerulea strahlte, durchs Fenster gut sichtbar, kaum dreihundert Millionen Kilometer von mir entfernt, während ich in ohnmächtiger Wut zu ihr aufschaute. In der Tat ein Schulbeispiel dafür, daß kleine Ursachen oft große Wirkungen haben.
      Eine Stunde gab ich mich so den schwärzesten Gedanken hin, da bemerkte ich einen Planeten unter mir, der allmählich größer wurde; mein Gefährt, seiner Anziehungskraft passiv ausgeliefert, flog immer schneller, schließlich jagte es dahin wie ein fallender Stein. Ich machte gute Miene zum bösen Spiel und setzte mich ans Steuer. Der Planet war ziemlich klein und öde, aber anheimelnd; ich entdeckte Oasen mit vulkanischer Beheizung und fließendem Wasser. Es gab eine ganze Menge Vulkane hier; sie spien pausenlos Flammen und Rauchsäulen gen Himmel. An meiner Steuerung hantierend, schwebte ich bereits in der Atmosphäre, bemüht, die Geschwindigkeit zu bremsen, so gut es ging, doch das schob lediglich den Absturz hinaus, statt ihn zu verhindern. Als ich so über eine Anhäufung von Vulkanen dahinflog, durchfuhr mich ein Gedanke. Einen Augenblick Schwanken – und ich faßte den verzweifelten Entschluß, richtete den Schnabel der Rakete abwärts und sauste wie der Blitz geradenwegs in den unter mir klaffenden größten Vulkan. Der glühende Schlund verschlang mich. Da riß ich das Steuer im letzten Moment so geschickt herum, daß ich das Projektil mit der Spitze nach oben bekam, und ließ mich in den brausenden Lavaabgrund fallen. Ich riskierte viel, doch mir blieb kein anderer Weg. Ich rechnete damit, daß der Vulkan auf den heftigen Aufprall der Rakete mit einer Eruption reagieren würde – und hatte mich nicht geirrt. Ein Donnerschlag, von dem schier die Wände barsten, und dann schleuderte es mich mitten in einem meilenlangen Feuer- und Lavastrahl in den Himmel. Mein Steue rungsmanöver gelang mir ausgezeichnet: Ich hielt genauen Kurs auf die Coerulea.
      Drei Tage später landete ich an Ort und Stelle, nur zwanzig Minuten nach dem vereinbarten Zeitpunkt. Aber Tarantoga fand ich nicht mehr vor; er war abgeflogen und hatte lediglich postlagernd einen Brief hinterlassen.

    »Lieber Kollege«, schrieb er, »die Umstände zwingen mich, sofort abzureisen, ich schlage daher vor, daß wir in dem noch unerforschten Gebiet zusammenkommen; da die Gestirne dort bis jetzt keine Namen haben, gebe ich Ihnen einige Daten zur Orientierung: Sie fliegen zunächst geradeaus, biegen dann hinter der blauen Sonne nach links und hinter der nächsten, orangeroten, nach rechts ab. Dort werden Sie vier Planeten finden, und auf dem dritten von links wollen wir uns treffen. Ich warte!
    Ihr ergebener
    Tarantoga.«

      Ich tankte und startete in der Dämmerung. Eine Woche dauerte die Reise, und als ich in die unbekannten Regionen eingedrungen war, folgte ich getreu den Hinweisen des Professors und fand so mühelos die genannten Sterne. Am frühen Morgen des achten Tages erblickte ich den verabredeten Planeten. Die massive Kugel schien mit einem zottigen grünen Pelz bedeckt; es waren immense Tropenwälder. Dieser Anblick dämpfte meine Freude ein wenig, denn wie sollte ich Tarantoga hier finden? Ich vertraute jedoch auf seinen Scharfsinn – und hatte mich nicht verrechnet. Während ich schnurstracks auf den Planeten zusauste, erblickte ich um elf Uhr vormittags auf seiner nördlichen Hemisphäre undeutliche Konturen, die meinen Atem stocken ließen.
      Ich pflege stets den jungen, unerfahrenen Astronauten einzuschärfen: Wenn

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