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Sterntagebücher

Sterntagebücher

Titel: Sterntagebücher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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geröteten, nassen Hände auf eine große Kiste gestützt, die er offensichtlich selbst die Treppe heraufgeschleppt hatte.
      »Mein Herr«, sagte ich, »was woll…« Ich korrigierte mich: »Soll ich Ihnen helfen?«
      Er machte eine vage Handbewegung und schnaufte nur. Ich sah, daß er seine Last in die Wohnung tragen wollte, jedoch nicht mehr die Kraft dazu aufbrachte. Also ergriff ich die durchnäßte, rauhe Schnur, die um das gewaltige Paket geschlungen war, und trug es in den Flur. Als ich mich umwandte, stand er hinter mir. Ich wies auf den Kleiderständer. Er hängte den Mantel an einen Haken, warf den Hut aufs Regal, der, weil er gänzlich durchnäßt war, einem formlosen Filzlappen glich, und betrat auf etwas schwanken Beinen mein Arbeitszimmer.
      »Womit kann ich Ihnen dienen?« fragte ich nach einer guten Weile. Mir schwante schon, daß das wieder einer meiner außergewöhnlichen Gäste war, doch er sah mich noch immer nicht an, als sei er mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, wischte sich mit einem Taschentuch das Gesicht und schauderte unter der kalten Berührung der durchnäßten Manschetten. Ich sagte ihm, er solle am Kamin Platz nehmen, aber er geruhte nicht einmal zu antworten. Er packte sein tropfnasses Paket und zog, schob und kantete es, wobei er auf dem Boden Schmutzspuren hinterließ, die davon zeugten, daß er es auf seinem Weg viele Male in die Lachen des Bürgersteigs abgestellt hatte, um Atem zu schöpfen. Erst als es mitten im Zimmer stand und er es im Auge behalten konnte, wurde ihm plötzlich meine Gegenwart bewußt, er sah mich an, murmelte etwas Unverständliches, nickte, trat mit einem übertrieben großen Schritt an einen leeren Sessel heran und versank in dessen eingesessener Vertiefung.
      Ich nahm ihm gegenüber Platz. Wir schwiegen ziemlich lange, aber aus unerklärlichem Grund wirkte das ganz natürlich. Er war nicht jung, etwa um die Fünfzig. Sein Gesicht war ungleichmäßig. Es fiel sofort ins Auge, daß die ganze linke Hälfte kleiner war, als habe sie mit dem Wachstum der rechten nicht Schritt gehalten, deshalb waren auch der Mundwinkel, der Nasenflügel, der Lidschlitz auf der linken Seite kleiner, wodurch sein Gesicht ein für allemal den Ausdruck bedrückten Überraschtseins angenommen hatte.
      »Sie sind Herr Tichy?« sagte er schließlich, als ich das am wenigsten von ihm erwartete. Ich nickte. »Ijon Tichy? Jener… Reisende?« vergewisserte er sich noch einmal, nach vorn gebeugt, und sah mich mißtrauisch an.
      »Aber ja«, wiederholte ich. »Wer sonst könnte in meiner Wohnung sein?«
      »Ich könnte mich im Stockwerk geirrt haben«, murmelte er, als sei er mit etwas anderem, weit Wichtigerem beschäftigt.
      Plötzlich erhob er sich. Er berührte instinktiv den Gehrock, in der Absicht, ihn zu glätten, aber als sei ihm die Nutzlosigkeit seines Vorhabens klargeworden – ich weiß nicht, ob die besten Bügeleisen und die Bemühungen eines Schneiders da noch etwas geholfen hätten, denn seine Kleidung war schon bis zum äußersten strapaziert –, reckte er sich und sagte: »Ich bin Physiker. Mein Name ist Molteris. Haben Sie von mir gehört?«
      »Nein«, antwortete ich. Ich hatte tatsächlich nie etwas von ihm gehört.
      »Macht nichts«, murmelte er, und das war wohl mehr für ihn selbst als für mich bestimmt.
      Er machte den Eindruck eines finsteren Menschen, doch das war nur Nachdenklichkeit: Er rang mit einem Entschluß, den er schon vorher gefaßt und der ihn bewogen hatte, zu mir zu kommen; aber jetzt plagten ihn neue Zweifel. Ich sah das an seinen verstohlenen Blicken. Wahrscheinlich haßte er mich, weil er mich um etwas bitten, weil er mir das sagen mußte.
      »Ich habe eine Entdeckung gemacht«, stieß er plötzlich mit heiserer Stimme hervor. »Eine Erfindung. Das hat es noch nicht gegeben. Noch nie. Sie brauchen mir nicht zu glauben, ich glaube niemandem, also braucht auch mir niemand zu glauben. Die Tatsachen genügen. Ich werde Ihnen das beweisen. Alles. Aber – ich bin noch nicht vollends…«
      »Sie haben Befürchtungen?« versetzte ich in freundlichem und beruhigendem Ton. Diese Leute sind nun mal Wirrköpfe, wahnsinnige, geniale Kinder. »Sie befürchten einen Diebstahl, Verrat, nicht wahr? Sie können beruhigt sein. Dieses Zimmer hat schon vieles gesehen und von Erfindungen gehört…«
      »Nicht von einer solchen!« erklärte er kategorisch, und in seiner Stimme, im Aufleuchten seines Auges lag für

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