Sterntaler: Thriller (German Edition)
entweder per Durchwahl oder über die Zentrale. Wir können das in dem Glauben, dass sie die Polizei aus einem ganz anderen Grund angerufen hat, übersehen haben.«
Fredrika stand auf. »Mache ich.«
»Und wenn Peder heute nicht mehr kommen sollte, dann möchte ich gern, dass du bei dem Verhör mit Valter Lund dabei bist. Er soll in einer Stunde hier sein.«
»Und Thea Aldrin?«, fragte Fredrika.
»Was ist mit ihr?«
»Sollten wir sie uns nicht auch endlich vornehmen?«
»Krieg mal raus, wo sie jetzt wohnt, und dann besuchen wir sie später. Wobei ich nicht glaube, dass das was bringt. Sie schweigt ja ohnehin.«
»Was wissen wir über Morgan Axberger?«, fragte Fredrika noch. »Wollen wir mit ihm nicht auch reden?«
Alex unterdrückte ein Seufzen. »Mit ihm warten wir erst mal. Eins nach dem anderen.«
Fredrika eilte in ihr Büro und dann weiter zu Ellen, die versprach, die Telefonlisten sofort durchzusehen. »Übrigens sind noch mehr Faxe von der norwegischen Polizei für dich gekommen. Es geht um Valter Lund.«
Neue Faxe, neue Informationen.
Fredrika nahm die Berichte der norwegischen Kollegen mit zurück in ihr Büro. Die Beamten hatten diverse Nachforschungen angestellt. Unter anderem stand da, dass Valter Lunds Onkel ihn zu Beginn der Achtzigerjahre als vermisst gemeldet habe, nachdem er auf einem Autofrachter angeheuert und sich dann nie wieder gemeldet hatte. Der Polizei zufolge war der Onkel Jahr um Jahr auf die Polizeistation in Gol gekommen und hatte nachgefragt, ob man je wieder etwas von seinem Neffen gehört habe.
Warum das denn, konnte man sich fragen. Valter Lund war in ganz Nordeuropa bekannt und auch in den norwegischen Zeitungen häufig abgebildet. Hatte der alte Mann nicht begriffen, dass es sich bei dieser erfolgreichen Person, die inzwischen in Stockholm wohnte, um seinen verlorenen Neffen handelte?
Fredrika runzelte die Stirn. Lag hier ein Missverständnis vor? Gab es vielleicht mehrere Valter Lunds, die in jenem Jahr von Norwegen nach Schweden ausgewandert waren?
Unwahrscheinlich.
Fredrika zog ein Bild von Valter Lund hervor. Warum hatte er sich nie bei seinem Onkel gemeldet? Und– noch wichtiger– warum erkannte ihn sein eigener Onkel nicht wieder?
Die Nacht war unendlich lang gewesen. All die fremden Geräusche, Gerüche und Eindrücke stachen Spencer wie mit Nadeln in die Haut und zwangen ihn, wach zu bleiben. Mit den Stunden der Einsamkeit wuchs allmählich eine neue Erkenntnis in ihm. Es spielte keine Rolle, ob er freigelassen würde. Das Leben, das er zuvor gelebt hatte, war auf immer verloren. Er würde als der Teufel in Erinnerung bleiben, der seine Studentinnen vergewaltigte. Der eine solche Verachtung gegenüber dem anderen Geschlecht empfand, dass er es mit physischer Gewalt kränken musste.
Was sexuelle Gewaltverbrechen anging, gab es keine Fehlertoleranz, das wusste Spencer. Niemand wollte hinterher derjenige sein, der sich geirrt und jemanden freigesprochen hatte, der eigentlich verurteilt gehörte. Deshalb spielte es auch keine Rolle, wenn Spencer gerichtlich nicht würde belangt werden können. Das Urteil seiner Kollegen und der Umwelt würde auf alle Zeit Bestand haben.
Kein Rauch ohne Flamme. Zumindest was Sexualverbrechen anging, war das so.
Doch damit nicht genug. Die Kollegen seiner eigenen Lebensgefährtin verdächtigten ihn des Mordes. Er bereute bitterlich, dass er nicht früher schon Klartext mit Fredrika geredet hatte. Ein unverzeihlicher Fehler, doch hatte auch der seine Ursache in den Problemen mit Tova gehabt. Es hatte keinen Platz für zwei derart gravierende Verdächtigungen gegeben, er hatte nur mit einer davon umgehen können. Außerdem waren ihm die Mordverdächtigungen erst viel zu spät klar geworden, als dass er sich noch irgendwie dazu hätte äußern können. Eigentlich hatte er nur einen einzigen Gedanken in seinem Kopf gehabt, und der war aus der Panik erwachsen: dass er einen gültigen Pass benötigte, um das Land verlassen zu können.
Er mochte kaum daran denken, was ihn dieser Fehler gekostet hatte. Und es war nun wirklich keine gute Verteidigungsstrategie, wenn er sagte, dass er den Pass hatte haben wollen, weil er wegen eines ganz anderen Verbrechens verdächtigt wurde. Mord.
Es war schon nach neun Uhr, als er zum Verhör geholt wurde. Er ahnte, was ihm bevorstand.
Die Polizistin stellte sich als Cecilia Torsson vor. Sie hatte einen Kollegen aus Uppsala dabei, der der Vernehmung beiwohnen sollte. Cecilia Torsson machte einen
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