Sterntaler: Thriller (German Edition)
sie sich setzen konnte. Peder tat es ihr nach.
»Wir sind hier, um Ihnen ein paar Fragen zu der Ermittlung zu stellen, in der wir gerade stecken«, erklärte Fredrika. »Es geht um Rebecca Trolle. Erinnern Sie sich an sie?«
Keine Antwort, keine Reaktion.
Gegenüber den letzten Bildern, die veröffentlicht worden waren, nachdem sie ihre Gefängnisstrafe abgeleistet hatte, wirkte Thea Aldrin nicht wesentlich gealtert. Graues, zu einem einfachen Pagenkopf geschnittenes Haar. Dunkle Augenbrauen und eine spitze Nase. Unscheinbar sah sie aus wie irgendeine beliebige Rentnerin.
Fredrika zog ein Bild von Rebecca aus ihrer Tasche und hielt es Thea hin.
»Wir wissen, dass sie einmal hier war«, sagte Peder, »und dass sie mit Ihnen über Ihre Vergangenheit sprechen wollte.«
»Und über den Mord an Ihrem ehemaligen Lebensgefährten«, verdeutlichte Fredrika.
»Und über das Verschwinden Ihres Sohnes«, ergänzte Peder.
Die Stille war so dicht, dass Fredrika meinte, sie greifen zu können. Peders Kiefer mahlten. Es würde nicht mehr lange dauern, ehe er explodierte.
»Der Filmclub«, sagte Fredrika jetzt. »Erinnern Sie sich an den?«
Die Andeutung eines Lächelns war zu sehen, verschwand aber so schnell, dass Fredrika unsicher war, ob sie sich nicht getäuscht hatte.
»Ehrlich gesagt kommen wir an diesem Punkt nicht weiter«, gestand sie. »Wir haben an dem Ort, an dem Rebecca ausgegraben wurde, noch mehr Leichen gefunden, aber wir begreifen nicht, wie das alles zusammenhängt. Das Einzige, was wir mit Sicherheit sagen können, ist, dass, wie immer wir die Geschichte drehen und wenden, sie doch immer zu Ihnen führt, Thea.«
Die Alte wurde blass, schwieg aber weiterhin. Sie lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schloss die Augen.
»In dem Grab lag ein Mann, Elias Hjort. Erinnern Sie sich an ihn?« Peders Stimme klang jetzt scharf und zitterte vor unterdrücktem Ärger. »Auf der anderen Seite des Rasens ist eine betreute Wohngemeinschaft. Kennen Sie die Bewohner?« Er beugte sich vor. »Einer von ihnen ist gestern Abend verschwunden. Wussten Sie das?«
Thea erstarrte, und ihre Augenlider zitterten. Es bestand kein Zweifel, dass sie hörte, was sie sagten. Warum zum Teufel war sie so stur, nicht zu reden?
»Ein junger Mann, der manche Sachen gut kann, andere wiederum nicht so gut. Haben Sie ihn gesehen, Thea? Er ist groß und hat dunkle Haare. Er trägt fast immer blaue Kleidung.« Es klang, als würde Peder gleich anfangen zu weinen.
Fredrika legte vorsichtig eine Hand auf seinen Arm und fing seinen Blick ein. Sie schüttelte den Kopf.
Wir kommen nicht weiter, wir müssen das hier bleiben lassen.
Da sah sie, dass Thea weinte. Die Tränen liefen wie durchsichtige Striche über ihr Gesicht, obwohl ihre Augen immer noch geschlossen waren.
Peder glitt vom Stuhl und kniete sich vor sie hin. »Sie müssen mit uns reden.« Seine Stimme klang so flehentlich, dass Fredrika nicht wusste, was sie tun sollte.
»Wenn Sie etwas gesehen haben, dann müssen Sie es uns erzählen. Oder wenn Sie bedroht werden… Sagen Sie es uns. Bitte.«
Thea wischte sich mit dem Handrücken die Tränen ab.
Fredrika war ratlos. Die Frau hatte einen geraden Rücken und war unbeugsam, das sah sie, aber auch, dass sie deutlich gezeichnet war von dem Leben, das sie gelebt hatte. Sie hatte einmal alles gehabt, was ein Mensch sich wünschen konnte. Und jetzt saß sie allein in einem Heim und war aller Dinge beraubt, die sie einmal ihr Eigen nennen durfte.
Thea Aldrin stand aus dem Sessel auf und legte sich mit dem Rücken zu ihren Besuchern aufs Bett.
Peder und Fredrika erhoben sich ebenso.
»Wir kommen wieder«, sagte er. »Hören Sie, wir lassen diese Geschichte nicht auf sich beruhen, nur weil Sie uns die Zusammenarbeit verweigern.«
Als sie kurz darauf das Zimmer verließen, lag Thea Aldrin immer noch in derselben Stellung.
»Verdammte Alte«, sagte Peder, als sie draußen im Flur standen.
Fredrika ignorierte ihn und suchte nach jemandem vom Personal. Ihr Blick fiel auf eine junge Frau, die anscheinend in einem Krankenbericht las.
»Entschuldigen Sie bitte?«
Die Frau sah auf, und ihr Blick war so verängstigt, dass Fredrika plötzlich zögerte. Das Gesicht der Frau war bleich und müde.
»Entschuldigen Sie«, sagte sie wieder. »Darf ich Ihnen ein paar Fragen zu Thea Aldrin stellen?«
Die andere schluckte und versuchte zu lächeln. »Natürlich. Aber ich bin Ihnen wahrscheinlich keine große Hilfe. Meine Schicht hat eben erst
Weitere Kostenlose Bücher