Sterntaler: Thriller (German Edition)
her, seit ihr zum letzten Mal einen Projektor ausgeliehen habt«, hatte der Typ aus der Fotoabteilung gesagt, als er ihm half, den Film zum Laufen zu kriegen.
Alex hatte darum gebeten, den Film allein ansehen zu dürfen. Sein Bauch sagte ihm, dass es so am besten wäre. Er schaltete sein Handy aus, ebenso wie alle privaten Gedanken, die immer wieder zu seiner Liebesnacht mit Diana Trolle zurückkehrten, und setzte den Projektor in Gang.
Das Erste, was er feststellte, war, dass die Kamera nicht auf einem Stativ stand, sondern von jemandem gehalten wurde, der den ganzen Film über hinter der Kamera blieb. Gleich zu Beginn öffnete sich die Tür zu dem Lusthaus, eine junge Frau stand auf der Schwelle, sie zögerte, ging dann aber hinein. Sie war schön. Jugendlich und unverbraucht– ein Mädchen, wie es sich Alex als Freundin seines Sohnes gewünscht hätte. Oder für das er sich selbst als junger Mann interessiert hätte. Das ärmellose Kleid atmete Sommer und Sechzigerjahre.
Der Film war in Farbe, man konnte sehen, dass die junge Frau sonnengebräunt war. Sie lächelte unsicher in die Kamera und sprach, doch der Film war ohne Ton.
Der Raum enthielt keinerlei Möbel oder andere Gegenstände. Eine offene Arena für das, was kommen würde. Die Tür ging erneut auf, und ein Mann trat ein. Groß, kräftig und maskiert. Bewaffnet mit einer Axt. Seine Erscheinung war geradezu zeitlos: Er sah aus, wie das Böse immer schon ausgesehen hatte. Als die Frau zurückwich und in eine der Stoffbahnen fiel, stieg in Alex Übelkeit auf.
Der Mann zog an ihrem Arm, zerrte sie zurück in die Mitte des Raumes. Dann erhob er die Axt und schwang sie wie besinnungslos gegen ihren Körper. Sie fiel und fiel wieder, und selbst als sie bereits leblos war, hörte er nicht auf, ihren Körper mit der Axt zu traktieren und mit einem Messer, von dem Alex nicht erkennen konnte, woher es gekommen war. Das Kleid war über und über mit Blut befleckt, und als der Mann schließlich aufstand, sah man die großen Risse im Stoff.
Als der Film zu Ende war, saß Alex wie betäubt da. Er sah ihn sich wieder an. Und wieder. Dann riss er den Film aus dem Projektor und eilte mit schnellen Schritten zu Torbjörn Ross.
»Warum sollte dieser Film nicht echt sein?«
»Er ist einfach zu spektakulär, um wahr zu sein. Der Film wurde in den Sechzigerjahren eingespielt und war ganz klar von der damaligen Zeit inspiriert. Außerdem haben wir nie ein Mordopfer gefunden, das Verletzungen gehabt hätte, die zu denen der Frau in dem Film passen würden.«
»War das alles, was euch eingefallen ist?«
Ross zuckte die Achseln. »Ich habe lange gedacht, der Film wäre echt, aber am Ende habe ich die Theorie mit dem fehlenden Mordopfer gekauft. Sie musste doch von jemandem vermisst worden sein. Was mich betrifft, war das auch ganz egal. Der Film war schlicht und ergreifend krank, und derjenige, der ihn gedreht hat, muss genauso krank gewesen sein.«
Alex versuchte, sich daran zu erinnern, was er über Snuff-Filme wusste. Dass die Opfer der Legende nach meistens Personen seien, die nicht vermisst würden.
»Thea Aldrin. Du glaubst, Thea Aldrin hätte diesen Film gedreht?« Er hob die Filmrolle hoch.
»Auf jeden Fall war sie darin verwickelt.« Ross hatte Feuer gefangen. »Die Parallelen zu ihren verdammten Pornobüchern waren einfach zu deutlich. Die Szene mit der Frau, die in einem Lusthaus stirbt, kam in beiden Büchern vor. Das kann man gar nicht anders erklären.«
Jetzt platzte Alex der Kragen. »Aber wir wissen doch gar nicht, ob sie es wirklich war, die diese verdammten Bücher geschrieben hat! Und ihr habt gedacht, der Film wäre ein Fake!«
»Wir haben Elias Hjort ausfindig gemacht, und wir haben erfahren, dass er es war, der ihre Honorare entgegennahm. Und dreimal darfst du raten, Alex, was dann passierte. Als wir zu ihm nach Hause fuhren, um ihn zu vernehmen, erfuhren wir, dass er gerade das Land verlassen hatte. Und wie haben wir diese Informationen heute einzuordnen? Jetzt da wir wissen, dass er das Land ganz und gar nicht verlassen hatte, sondern tot war?«
»Deine einzige Verbindung zu Thea Aldrin war Elias Hjort«, sagte Alex. »Und dieser elende Filmclub.«
»Und die Gerüchte! Wo Rauch ist, ist auch Feuer, das weißt du doch.«
Alex schüttelte den Kopf. »Der Film ist echt.«
Torbjörn Ross wurde blass. »Echt?«
»Ich werde ihn dem Rechtsmediziner vorführen, aber ich bin mir ganz sicher. Das Mädchen, das in dem Film stirbt, ist dasselbe
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