Sterntaler: Thriller (German Edition)
wenig, als er sprach. »Ylva, hör mir gut zu. Ich fürchte, ich habe sehr schlechte Nachrichten.«
Sie musste begriffen haben, was er sagen wollte, denn sie weinte schon, ehe er die grässlichen Worte ausgesprochen hatte.
»Jimmy ist tot. Wir haben ihn… vorhin gefunden.«
»Wie…«
»Das spielt keine Rolle, jedenfalls nicht jetzt. Das Einzige, was wichtig ist– das Einzige, Ylva–, ist, dass Peder es auf keinen Fall übers Telefon erfahren darf. Hörst du, was ich sage? Er muss es von jemandem von uns hören und nicht ehe wir ihn gefunden haben. Ich fürchte, dass er sich sonst auf ewig unglücklich macht.«
Diesen Entschluss hatte er nach dem Verhör mit Johan Aldrin gefasst. Alex hatte eine Streife nach Storholmen geschickt, um Axberger zu holen, und eine weitere zum Pflegeheim. Wenn Thea Aldrin nur aufschreiben könnte, was geschehen war, als Jimmy verschwand, dann würden sie der Wahrheit schon auf die Spur kommen. Jimmy hatte eine große Wunde am Hinterkopf gehabt, als sie ihn ausgegraben hatten, sodass es keinen Zweifel mehr daran gab, dass er gegen seinen Willen verschleppt worden war. Sein Schicksal stand im direkten Zusammenhang mit den Ermittlungen um Rebecca Trolles Tod.
Überdies hatte der Rechtsmediziner bestätigen können, dass das Mädchen aus dem Grab auf exakt dieselbe Weise ermordet worden war, die in dem Film gezeigt wurde. Es handelte sich also um dasselbe Mädchen. Und Morgan Axberger war der Mörder, den sie die ganze Zeit gesucht hatten. Zuerst hatte er eine junge Frau ermordet. Dann den Anwalt, damit die verfluchten Bücher nicht zu ihm oder zu Theas Partner Manfred zurückverfolgt werden konnten. Und dann ein junges Mädchen, das der ganzen Sache auf die Spur gekommen war.
Morgan Axberger. Der unwahrscheinlichste Mörder. Der Undenkbare.
Alex verfluchte seine eigene Kurzsichtigkeit.
Das Handy wog schwer in seiner Hand. Wenn sie ihn nur fanden, ehe die Nacht hereinbrach! Er hatte so ungeheuer viel auf dem Gewissen, und der Teufel allein wusste, was ihm einfiel, wenn er sich in die Enge getrieben fühlte.
Alex griff nach seinem Handy. Er wusste, wen er anrufen sollte.
Diana.
Lena, wirst du mir je verzeihen?
Es gab Menschen, die glaubten, man könne mit den Toten sprechen. Alex gehörte nicht dazu. Doch seit Lenas Tod hatte er ihre Gegenwart immer wieder erahnen können. Wenn er allein in ihrem gemeinsamen Bett lag. Wenn er frühstückte. Wenn er die Kinder traf.
Zögerlich wählte er die Nummer, die unter seinen Fingern brannte. Sie ging nach dem ersten Klingeln ran.
»Ich muss dich etwas fragen.« Er hatte es eilig, musste sich kurzfassen.
»Ja?«
Er hörte, wie froh sie war, dass er anrief. Er war verwundert. War es tatsächlich möglich, dass er in seinem Leben einer zweiten Frau begegnet war, die akzeptieren würde, dass er kaum je verfügbar war, dass er immer zu wenig Zeit hatte und sich immer an einem anderen Ort befand?
Das würde er sie später fragen müssen.
»Können wir uns heute Abend sehen?«
Da. Jetzt war es geschehen. Zum ersten Mal war die Initiative von ihm ausgegangen und nicht von ihr.
»Gern. Sehr gern.«
»Gut. Dann bis später. Ich melde mich.«
Sowie er das Gespräch beendet hatte, klingelte sein Handy erneut.
»Wo bist du?«, fragte Fredrika.
»Vor dem Revier. Ich habe ein paar Worte mit der Streife gewechselt, die auf dem Weg nach Storholmen ist.«
»Die sollen sich beeilen.«
»Denkst du an irgendwas Bestimmtes?«
»Peder.«
»Er weiß nichts von dem hier, Fredrika. Er weiß noch nicht, dass Jimmy tot ist.«
»Vielleicht kommt er von selbst darauf«, erwiderte Fredrika seltsam ruhig. »Ich habe Angst, dass er sich auf die Suche nach Morgan Axberger gemacht haben könnte, weil er der Einzige ist, den wir noch nicht verhört haben. Jimmy ist der Mensch, der ihm im ganzen Leben am nächsten steht. Glaub mir, Peder wird Axberger Tag und Nacht jagen, wenn es nötig ist.«
Alex beendete das Gespräch mit dem ihm allzu bekannten Gefühl im Leib, dass sie dabei waren, auf eine Katastrophe zuzusteuern. Er eilte ins Gebäude zurück und rief gleichzeitig die Streife an. »Beeilt euch«, rief er ins Telefon. »Es ist verdammt wichtig!«
Als er die Hand hob, um an der Tür zu klingeln, zögerte er plötzlich. Was würde er tun, wenn– falls – Morgan Axberger die Tür aufmachte? Sollte er ihn fragen, ob er Jimmy gefangen hielt? Ob er ihn zurückbekommen könnte?
Er war bewaffnet. Das war nur ein schwacher Trost, schenkte ihm aber dennoch
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