Sterntaler: Thriller (German Edition)
gefüllte schwarze Müllsäcke. Mitten im Raum ein hochkant gestelltes Sofa, daneben ein auseinandergebauter Esstisch mit ein paar Stühlen.
»Sie hatte nicht viele Möbel. Hauptsächlich Kleider und Krempel. Es liegt alles in den Kartons.«
»Was ist da in den Plastiksäcken?«
»Bettzeug und so.«
Fredrika sah sich um. Die Garagentür, die zur Straße hinausging, war verschlossen. Sie hatten sie vom Haus aus betreten. Vor die Fenster war Pappe geklebt worden, und es drang nur wenig Licht hinein.
»Sagen Sie Bescheid, wenn Sie Hilfe brauchen, ich bin drinnen.« Diana Trolles Schwester verschwand wieder im Haus und ließ Fredrika allein.
Die wenigen Habseligkeiten stimmten Fredrika wehmütig. Rebecca hatte nicht viele Dinge besessen.
Sie ging auf die Stapel Kartons los und öffnete den obersten. Sofort klebten Staub und Dreck an ihren Händen, als sie anfing, darin zu wühlen. Die Taschenlampe lag neben ihr und diente als Arbeitslicht.
Der Karton enthielt Bücher. Fredrika nahm eines nach dem anderen in die Hand. Es waren Kinderbücher, die sie selbst auch gelesen hatte. Die Fünf Freunde, Kulla-Gulla, Anne auf Green Gables, Fury. Sie machte den Karton wieder zu, wuchtete ihn auf den Boden und öffnete den nächsten.
Noch mehr Bücher.
Der dritte Karton enthielt anscheinend Fachliteratur. Sie erkannte einige Werke aus ihrer eigenen Studienzeit wieder. Sie nahm ein Buch nach dem anderen heraus, befühlte sie, las die Rückseitentexte und legte sie wieder zurück. Es ergab sich von selbst, ohne dass sie eigentlich wusste, wonach sie suchte.
Neuer Karton, neue Bücher. Ganz unten ein Zeitschriftenordner voller Magazine. Rebecca Trolle war sehr ordentlich gewesen. Alles schien seinen festen Platz gehabt zu haben.
Bei näherem Hinsehen bemerkte Fredrika, dass einige der Bücherstapel nach dem Alphabet sortiert in den Kisten lagen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass diejenigen, die die Kartons gepackt hatten, sich diese Mühe gemacht hätten. Die Bücher mussten einmal so im Regal gestanden haben. Fredrika, die immer viel gelesen hatte, verspürte ein Zusammengehörigkeitsgefühl mit Rebecca.
Sie widmete sich dem nächsten Turm aus Kartons und wünschte sich, jemand hätte sie beschriftet. Im obersten lag Haushaltsgerät, im zweiten Schuhe. Die Taschenlampe fiel zu Boden. Fredrika schüttelte sie besorgt, als sie flackerte. Ohne die Lampe würde die Arbeit unmöglich werden. Erleichtert stellte sie fest, dass die Lampe den Sturz überlebt hatte, und fuhr mit der Suche fort.
Die vielen Schuhe gaben ihr ein schlechtes Gefühl, so als würde sie Rebecca zu nahe kommen, wenn sie sie durchwühlte. Kleidung war eine private Sache. Kleidung trug man am Leib, ganz nah bei sich.
Zögernd hob sie einen rosafarbenen Schuh an. Hohe Absätze. Zu welcher Zeit trug man solche Schuhe? Resolut ließ sie sie wieder in den Karton fallen.
Im nächsten Karton lagen Notizen. Fredrikas Herz schlug schneller, und sie nahm die Lampe zur Hand, um besser lesen zu können. Blöcke und Ordner und ein eingeschlagenes Notizbuch. Fredrika kippte den Karton aus und verteilte alles auf dem Boden. Dann setzte sie sich im Schneidersitz hin und blätterte die Sachen durch. Der Garagenboden war kalt. Sie angelte nach einem Buch und setzte sich darauf.
Zwei der Blöcke waren mit Aufzeichnungen aus Vorlesungen gefüllt. Seite um Seite mit ordentlichen Sätzen, für den uneingeweihten Leser aus dem Zusammenhang gerissen. Schwergewichtige Worte über die Bedeutung von Selma Lagerlöf für die schwedische Frauenliteratur, in wenigen einfachen Sätzen zusammengefasst.
Fredrika legte den Block beiseite und schlug das eingebundene Notizbuch auf. »Thea Aldrin und der verlorene Nobelpreis«, hatte Rebecca oben auf die erste Seite geschrieben.
Thea Aldrin. Der Name rief Erinnerungen herauf, die Fredrika warm durchfluteten. Thea Aldrins Romane über den Engel Dysia hatten zu Fredrikas Lieblingsbüchern gehört, als sie selbst klein gewesen war. Sie war erstaunt gewesen, als der Verlag keine weiteren Auflagen mehr druckte. Angeblich gab es keine Nachfrage mehr. Wenn man Thea Aldrins Bücher lesen wollte, dann musste man sie in der Bibliothek oder im Antiquariat aufstöbern.
Absurd, fand Fredrika. Wahrscheinlich war doch eher, dass der Verlag nichts mehr mit der Autorin zu tun haben wollte. Fredrika kannte nicht mehr als die groben Eckdaten aus Thea Aldrins Lebensgeschichte. Ab und zu war ihr Schicksal einer der Abendzeitungen einen Artikel unter
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