Sterntaler: Thriller (German Edition)
verdächtig?«
Eine Frage, auf die Alex nicht antworten wollte.
»Wir haben mehrere unterschiedliche Personen im Blick.«
Das klang ausweichend, nicht annähernd so vertraulich, wie er wollte.
»Wissen Sie denn schon, wer der Vater ihres Kindes war?«, fragte Diana dann.
Auf diese Frage gab es nur eine mögliche Antwort. »Dazu darf ich noch nichts sagen.«
Es wurde still in der Leitung, aber er hörte dennoch etwas. Er hörte Sehnsucht und Schmerz.
»Manchmal glaube ich, sie zu hören. Das Summen, das sie von sich gegeben hat, ohne dass ich je darüber nachgedacht hätte. Ich höre sie, Alex. Klingt das verrückt?«
Als Alex antworten wollte, versagte ihm fast die Stimme. »Ganz und gar nicht. Ich glaube, das ist völlig normal. Jemanden zu verlieren, den man liebt– das ist, als würde man einen Körperteil verlieren. Man spürt ihn die ganze Zeit, obwohl er nicht mehr da ist.«
»Phantomsummen.«
Er lächelte und blinzelte, um wieder klar sehen zu können.
»Man hört sie die ganze Zeit.«
»Obwohl sie nicht da sind.«
Ihre Stimme war zu einem Flüstern geworden. Alex lehnte sich vor, wie um ihr näher zu sein. Ihm fiel auf, wie gern er ihre Stimme hörte. Sie atmete Leben, während sie vom Tod sprach.
Nachdem er das Gespräch beendet hatte, ging er aus dem Büro, um Peder zu suchen.
»Ich möchte, dass wir diesen Gustav Sjöö noch vor dem Wochenende reinholen.«
»Ich auch«, sagte Peder. »Ich habe ein paar Leute angerufen, um sein Alibi zu kontrollieren. Es hält nicht. Er kann leicht nach Stockholm gefahren sein, sich Rebecca gegriffen haben und dann wieder nach Västerås zurückgekehrt sein.«
»Hol ihn. Jetzt gleich.«
Die Aussicht von ihrem Fenster aus war so deprimierend, dass sie sich nicht die Mühe machen musste hinauszuschauen. Wer in Gottes Namen hatte bloß die Genehmigung erteilt, derart hässliche Gebäude zu bauen wie die, aus denen das Polizeiviertel auf Kungsholmen bestand? Ein Blechmonster neben dem anderen. Kleine Fenster, winzige Büros.
Man bekam schier keine Luft, stellte Fredrika fest. Das Ganze baute darauf, dass man Alternativen suchte und fand, wo man leichter atmen konnte.
Sie rief zu Hause an, um zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Erahnte eine Unsicherheit bei Spencer, die sie aber am Telefon nicht kommentieren wollte. Warum, konnte sie nicht genau sagen, und das machte ihr Angst.
Im Hintergrund hörte sie Saga und spürte, wie ihr warm ums Herz wurde. Sie hätte sich nie vorstellen können, dass eine solch bedingungslose Liebe möglich war. Das Selbstverständliche, Reine und Vorbehaltlose machte sie manches Mal stumm. Es kam vor, dass sie sich selbst dabei ertappte, wie sie die Aktivitäten ihres Kindes beobachtete und den Tränen nahe war. Sie würde die Besinnung verlieren, wenn Saga etwas zustieße. Ihre Seele würde krank werden.
Nimm mir mein Kind, und ich habe nichts mehr.
Ob dieses Gefühl wohl mit der Zeit weniger würde, ob sie Saga irgendwann für selbstverständlich nehmen oder sie weniger lieben würde? Sah nicht Diana Trolle aus wie eine Frau, die wieder lernen könnte zu leben?
Nach zwei Jahren der Ungewissheit hatte sie schließlich Sicherheit über das Schicksal ihrer Tochter erhalten, und mit der Sicherheit kam der ersehnte Frieden.
Ein Gedanke machte Fredrika nervös. Diana hatte noch ein Kind; ob das eine Rolle spielte? Wurde die Trauer leichter, wenn man noch ein zweites hatte?
Nimm mir mein Kind, und ich habe keines mehr.
Fredrika versuchte, die Nervosität abzuschütteln. Spencer wollte keine weiteren Kinder, und sie selbst ging auf die vierzig zu, da war es nur recht und vernünftig, wenn es kein zweites Kind mehr geben würde. Für die ganze Familie.
Sie schlug die Broschüre auf, die sie von Rebeccas Tante mitgenommen hatte, und starrte auf Spencers Namen.
Es bedeutete gar nichts, redete sie sich ein, und deshalb würde sie es auch nicht erwähnen. Aber sie würde die Broschüre behalten.
Behalten– und unterschlagen. Ein Regelverstoß, aber was sollte sie sonst tun? Es gab sicherlich eine ganz logische Erklärung, warum Spencers Name hier auftauchte.
Das Mentorennetzwerk hingegen war interessant. Auf der Website der Stockholmer Studentenvertretung konnte sie lesen, dass das Netzwerk nach wie vor existierte. Mit einem Mentor an seiner Seite sollte der Studierende einen Ratgeber haben und größere Sicherheit erlangen und optimal auf das Leben nach dem Studium vorbereitet werden. »Was willst du werden, wenn du mal groß
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