Sterntaler: Thriller (German Edition)
ihren Freunden gemeldet hatte und dass ihr Telefon ausgeschaltet war.
Am frühen Morgen ging dann die Vermisstenanzeige raus, und damit war die Ermittlung eröffnet.
Håkan Nilsson hieß der Typ, der zuerst die Polizei angerufen hatte. Warum die Polizei und nicht die Eltern? Vielleicht weil er die Eltern nicht kannte. Aber warum hatte er nicht den nächsten Tag abgewartet, weshalb hatte er sich Sorgen gemacht?
Peder blätterte ein Dokument nach dem anderen durch. Håkan Nilsson war der Polizei im Grunde die ganzen Ermittlungen hindurch behilflich gewesen. Ein Kommilitone, der das Verschwinden des Mädchens unerträglich fand und gern helfen wollte. Aber warum ausgerechnet er– und warum mehr als die anderen Freunde? Håkan hatte Handzettel gedruckt und sich von der Studentenzeitung interviewen lassen. Er redete immerzu davon, dass »wir« besorgt seien, es war jedoch nicht festzustellen, wer hinter dem »wir« steckte.
Peder beschloss, die Sache mit Alex zu besprechen. Er öffnete das Polizeiregister im Computer und rief Håkan Nilsson auf. Er hatte im selben Studentenwohnheim gewohnt wie Rebecca. Inzwischen war er in der Tellusgatan gemeldet. In Hägersten. Sprich: Midsommarkransen.
Peder starrte auf den Bildschirm. Wenn da wirklich Rebecca Trolle in den Plastiksäcken lag, dann war Håkan Nilsson ihnen eine Erklärung schuldig.
Als Fredrika Bergman bei Alex anklopfte, saß dieser mit tiefen Falten in der Stirn zusammengesunken auf seinem Bürostuhl. Fredrika war ihm erst ein paarmal begegnet, seit er Witwer war, und hätte am liebsten geweint, als sie sah, wie sehr er in den wenigen Monaten gealtert war. Es widerstrebte ihr einzugestehen, dass sie das Gleiche auch bei Spencer bemerkt hatte. Beide Männer hatten in der jüngsten Zeit Dinge durchgemacht, die deutliche Spuren hinterlassen hatten.
Sie zwang sich zu einem Lächeln.
»Fredrika«, sagte Alex, als er sie erblickte. Ein warmes Lächeln zog über sein Gesicht, und sie entspannte sich. Nach kurzem Zögern stand er auf, umrundete seinen Tisch und umarmte sie. Starke Arme um ihren Körper. Sie merkte, wie sie rot wurde.
»Alles in Ordnung?«
Alex zuckte mit den Schultern. »Geht so«, erwiderte er.
Sie setzten sich.
»Wie geht es deiner Tochter?«
»Saga? Der geht es ausgezeichnet. Sie kann fast schon laufen.«
»So früh?«
»Eigentlich nicht, bald wird sie ein Jahr alt.«
Fredrika ließ den Blick durch den Raum schweifen. An der Wand hinter ihm hing eine Reihe Fotos von seiner Familie und von seiner Frau, die es nicht mehr gab.
Life’s a bitch and then you die.
»Wir haben heute schon von dir gesprochen«, sagte Alex.
»Ehrlich?«
»Du fehlst uns. Wir hoffen, dass du bald zurückkommst, vielleicht schon zum Sommer.«
Fredrika kam sich ein wenig lächerlich vor. »Äh… Ich würde gern früher zurückkommen.«
»Herrlich! Wann denn?«
Sollte sie es ihm erzählen? Sollte sie erzählen, dass ihr Lebensgefährte urplötzlich darauf verfallen war, dass er doch eine Zeit lang mit Saga zu Hause bleiben wollte? Dass er Stress im Beruf hatte und deshalb nicht mehr dort hingehen mochte?
Und erstmals stellte sie sich selbst die Frage, ob sie überhaupt wieder arbeiten wollte. Die Zeit mit Saga war wunderschön. Ihre Schwangerschaft war mit der von mehreren Freundinnen zusammengefallen, und sie waren während der Elternzeit fast jede Woche zusammen gewesen. Ihre Freundinnen würden sie für verrückt erklären, wenn sie ihnen sagte, dass sie so plötzlich wieder anfangen wolle zu arbeiten.
»Ich könnte in Teilzeit wieder anfangen. Zum Beispiel fünfundsiebzig Prozent.«
»Und ab wann?«
Sie zögerte.
»Morgen?«
Die Personalchefin Margareta Berlin empfing Fredrika ein Weilchen später. Eigentlich befasste sie sich nicht mit Routineangelegenheiten, aber als ihr klar wurde, dass es hier um die Personalsituation in Alex Rechts Gruppe ging, rief sie Fredrika zu sich.
»Schön, dass Sie kommen konnten.«
Fredrika begrüßte die Personalchefin und setzte sich. »Ich war fast schon auf dem Heimweg.«
»Es wird nicht lange dauern.«
Die Personalchefin schob ein paar Papierstapel zusammen und legte sie in den Schrank, der hinter ihr stand. Sie war hochgewachsen und kräftig. Oder eher kraftvoll. Man konnte sie nicht dick nennen, aber sie machte einen stämmigen Eindruck.
»Wie geht es Ihnen?«, fragte sie.
Die Frage allein ließ Fredrika Unrat wittern. »Gut. Danke.«
Margareta nickte. »Das sieht man Ihnen an. Ich wollte es eigentlich nur
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