Sterntaler: Thriller (German Edition)
hochgezogen. Auf dem Küchentisch stand eine ungespülte Kaffeetasse.
Peder und seine Kollegen durchsuchten die Wohnung systematisch, machten Schubladen und Küchenschränke auf und zu, breiteten Zeitung auf dem Fußboden und schütteten den Müll aus. Jede Information darüber, wohin er verschwunden sein mochte, war willkommen. Nichts deutete darauf hin, dass er die Wohnung unfreiwillig verlassen haben könnte.
»Haben wir eine ungefähre Vorstellung, wann er weggegangen sein muss?«, fragte Peder.
»Nein, leider nicht«, antwortete ein Kollege.
Natürlich sprach niemand es laut aus, doch schämten sich alle, dass Håkan Nilsson seine Wohnung so leicht unbemerkt hatte verlassen können, während gleichzeitig die Observierungsbeamten in einem Auto draußen auf der Straße saßen. Und das, obwohl sie gewusst hatten, dass es eine Hintertür gab. Sie hatten es schlichtweg versäumt, auch diese Tür zu bewachen.
»Er hat seinen Schrank nicht gerade ausgeräumt«, verkündete ein Kollege, der in Håkans Schlafzimmer stand.
»Nicht?«
»Sieht jedenfalls nicht so aus.«
Peder kam an einer Pinnwand vorbei, die im Flur hing. Der Flur fungierte wohl zum Teil auch als Arbeitsbereich. Überall Rechnungen und Mitteilungen von seiner Bank und von Versicherungen. Håkan hatte mit Tinte Daten auf die Rechnungen geschrieben, wahrscheinlich um sie als bezahlt zu markieren. Alles sauber und ordentlich.
Peder blätterte die Papiere durch, ohne recht zu wissen, wonach er suchte. Eine der Rechnungen betraf ein Zeitschriftenabonnement, eine andere Bücher, die Håkan bestellt hatte. Die dritte galt einer Bootsversicherung auf seinen Namen.
Peder runzelte die Stirn. Håkan Nilsson hatte Zugang zu einem Boot?
»Wie kriegt man raus, ob jemand ein Boot hat und wo das liegt?«, fragte er einen Kollegen, von dem er wusste, dass auch dieser ein eigenes Boot besaß.
»Die Versicherung kann nur bestätigen, dass jemand eins hat. Wo es liegt, wissen die aber nicht. Da musst du die Yachtclubs anrufen und dich durchfragen.« Der Kollege sah auf die Rechnung, die Peder in der Hand hielt. »Da steht doch, was für ein Boot es ist.« Er zeigte auf die entsprechende Zeile. »Ryds Hajen. Fünf Meter lang. Außenborder der Marke Evinrude mit 50 PS .«
»Nicht gerade ein Rennboot«, meinte Peder. »Was zum Teufel ist ›Ryds Hajen‹?«
»Eine richtige Perle«, schwärmte der Kollege. »Ein Modell des Bootsbauers Ryds, so aus den Siebzigerjahren. Ein Halbkajütboot mit Vollpersenning. Zwei Kojen.«
»Man kann also darauf übernachten?«
»Auf jeden Fall.«
Aber nicht jetzt, dachte Peder. Nachts fielen die Temperaturen immer noch unter zehn Grad, da legte man sich doch nicht zum Schlafen in ein Boot! Es sei denn, man hatte keine Wahl– was bei Håkan unter Umständen zutraf.
»Ist denn schon Saison?«, fragte Peder.
»Nein, noch nicht. Die Clubs fangen erst am 1. Mai an, ihre Boote einzuwassern.«
»Dann können wir also davon ausgehen, dass dieses Boot immer noch an Land steht?«
Der Kollege schüttelte den Kopf. »Wir können von gar nichts ausgehen. Er kann das Boot selbst eingewassert haben, auch gegen die Regeln des Clubs. Oder er ist in gar keinem Club.«
Nachdenklich wandte Peder sich wieder Håkans Schreibtisch zu. Klein und von hohen Bücherregalen umgeben. Er betrachtete die Buchrücken und entdeckte weiter unten eine Reihe von Aktenordnern, die mit Jahreszahlen ab 1998 versehen waren. Peder zog den aktuellsten Ordner heraus.
Offenbar war Håkan ein ordentlicher Mensch. Er hatte den Inhalt mit mehrfarbigen Reitern nach Schlagworten aufgeteilt: »Telefon«, »Wohnung«, »Internet«, »Garantiescheine«. Und ganz unten: »Boot«.
Und hier fand Peder alle gewünschten Informationen. Das Boot lag im St.-Eriks-Yachtclub gegenüber von Karlsberg. Håkan hatte kürzlich erst die Jahresgebühr beglichen.
Hastig schlug Peder den Ordner wieder zu. Alex würde einen anderen bitten müssen, diese Spur zu verfolgen. Er selbst musste sich beeilen, um nach Uppsala zu kommen.
Alex wollte von ganzem Herzen zu Fredrikas Büro gehen und an ihre Tür klopfen, sich ihr gegenübersetzen und ihr erzählen, was geschehen war. Damit sie informiert war und sich mit ihm selbst und Peder auf Augenhöhe befand. Er wusste, dass dies das einzig Richtige wäre. Doch sein Gespür hielt ihn zurück. Es bestand zumindest ein geringes Risiko, dass Spencer Lagergren in den Mord an Rebecca Trolle verwickelt war, und ein noch winzigeres Risiko, dass Fredrika
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