Sterntaler: Thriller (German Edition)
gewesen, obwohl sie nie verheiratet gewesen waren.
Was allerdings nirgends stand, war, warum der Mann so plötzlich wieder bei Thea aufgetaucht war.
Und nichts und niemand wollte sie verteidigen.
Das Urteil lautete Lebenslänglich, und Aldrin entschied sich, nicht in die Berufung zu gehen, sondern ließ sich vor laufenden Kameras in Handschellen abführen.
Es war unschwer, sich vorzustellen, dass Rebecca sich von dem Leben der Schriftstellerin hatte mitreißen lassen. Doch ein entscheidendes Puzzleteil fehlte. Was erklärte, wie sich dieser Fall zu ihrer Besessenheit hatte entwickeln können? Wie in aller Welt konnte Rebecca auf die Idee kommen, dass Thea Aldrin unschuldig war?
Was hast du entdeckt, was ich nicht sehe, Rebecca?
Die Technik meldete sich. Sie hatten in Rekordzeit die Ausdrucke von den Disketten fertig gemacht.
Fredrika rannte den Korridor hinab, um sie entgegenzunehmen. Erstaunt und enttäuscht nahm sie einen Papierstapel entgegen, der bedeutend dünner war als erhofft.
»Mehr war nicht drauf«, erklärte die Kollegin am Tresen.
Fredrika blätterte hastig durch die Seiten. »Was kommt von welcher Diskette?«
»Die drei obersten sind von der ›Sterntaler‹-Diskette, der Rest aus der ›Seminararbeit‹.«
Es sah aus wie der Ausdruck eines halbfertigen Aufsatzes. Nun gut, besser als gar nichts, dachte Fredrika und machte sich auf den Weg zurück in ihr Büro.
Als sie bei Alex vorbeikam, rief der sie in sein Zimmer.
»Wir müssen mit Håkan Nilssons Angehörigen reden. Vielleicht wissen die, wohin er verschwunden sein könnte. Es sind leider nur wenige. Könntest du seine Mutter und den einen Cousin anrufen? Ich habe Cecilia Torsson gebeten, die beiden anderen zu befragen.«
Fredrika nahm einen Zettel mit Kontaktdaten entgegen.
Er war schon wieder in Gedanken versunken und sah auch nicht auf, als sie ging.
Statt gleich zum Telefonhörer zu greifen, setzte Fredrika sich an ihren Schreibtisch und begann, die Ausdrucke von der »Sterntaler«-Diskette zu lesen. Drei Seiten Beschreibung eines Filmclubs und warum er einmal Thema in den Medien gewesen war. Die Mitgliederzahl war stets klein gewesen, wie um die Mystik noch zu verstärken, die den Club ohnehin umgab.
Thea Aldrin war die einzige Frau.
Dann Morgan Axberger.
Dann ein weiterer Mann, von dem Fredrika noch nie gehört hatte.
Und dann, als Nachfolger eines anderen, der den Club verlassen hatte: Spencer Lagergren.
Das kann nicht wahr sein. Das darf nicht wahr sein!
Spencer Lagergren war als junger Doktorand und Literaturwissenschaftler 1972 beigetreten.
Spencer. Schon wieder.
Verdammt.
Fredrika bemühte sich, klar zu denken und einen plausiblen Grund dafür zu finden, warum er erneut in Rebeccas Recherche auftauchte. Ihre Kollegen hatten damals, als Rebecca verschwand, offensichtlich geschlampt. Er war nicht ein einziges Mal namentlich in den Ermittlungsakten erwähnt gewesen. Doch in dem Material aus der Garage kam er nun schon zum zweiten Mal vor.
Fredrika wollte eben das Dokument von sich wegschieben, als ihr Blick auf ein Wort fiel, das Rebecca mit einem Fragezeichen versehen ganz unten auf die Seite getippt hatte. Sie las das Wort wieder und wieder und spürte, wie ihr Blutdruck sank. Ein einziges Wort, das jedoch ausreichte, dass ihr das Herz fast stehen blieb.
»Snuff?«
33
MIT EINER SACHE KONNTE SICH Diana Trolle nicht abfinden, und das war die Schwangerschaft ihrer Tochter. Mit allem anderen würde sie auf lange Sicht leben und umgehen können. Doch nicht damit, dass sie den Grad der Vertrautheit, die zwischen ihr und Rebecca herrschte, falsch eingeschätzt hatte.
Diana hatte in der Vorstellung gelebt, dass sie und ihre Tochter alles miteinander teilten. Mit dem Sohn war das anders gewesen, er hatte mehr mit seinem Vater gemeinsam gehabt. Diana hatte diese Rollenverteilung nie infrage gestellt, sondern als natürlich akzeptiert.
Sie und der Vater der Kinder hatten schon früh gemerkt, dass sie nicht füreinander geschaffen waren. Während andere Paare sich nach und nach auseinanderlebten, hatten sie und ihr Exmann festgestellt, dass sie einander niemals nahe genug gestanden hatten. Die Trennung war undramatisch vonstattengegangen, ihr Exmann war einfach eines Tages ausgezogen und hatte den Sohn mitgenommen, sich drei Stadtviertel weiter niedergelassen und dort so lange gewohnt, bis die Kinder weiterführende Schulen besuchten. Dann war er nach Göteborg gezogen, und sie hatten immer seltener Kontakt
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