Sterntaler: Thriller (German Edition)
doch keine Geheimnisse voreinander hatten!
Alex schwieg sich über die Vermutungen aus, die man bei der Polizei anstellte. Die Schwangerschaft war eine von mehreren wichtigen Spuren. Es ging über Dianas Vorstellungsvermögen hinaus, wie es noch andere Spuren geben konnte.
Sie rief ihren Sohn an und hoffte, dass sie ihn nicht störte.
»Du störst nie, Mama.«
Sie musste lächeln. »Das sagen die bei der Polizei auch, wenn ich dort anrufe.« Ihr traten die Tränen in die Augen.
»Willst du etwas Bestimmtes, oder möchtest du einfach nur reden?«
Er war seinem Vater so ähnlich, wollte immer eine Aussage, an der er sich festhalten konnte.
»Beides.« Sie zögerte, ehe sie fortfuhr: »Du musst ehrlich zu mir sein. Wusstest du ganz sicher nicht, dass Rebecca ein Kind erwartete?«
»Aber Mama, das hast du mich schon hundertmal gefragt, und jedes Mal versichere ich dir, dass…«
»…dass du es nicht wusstest. Ich weiß. Es tut mir ja auch leid, dass ich immer wieder frage, aber es fällt mir einfach so schwer, so schrecklich schwer zu verstehen, warum sie weder zu dir noch zu mir ein einziges Wort gesagt hat.«
Verdammt, jetzt konnte sie das Weinen nicht länger zurückhalten. »Entschuldigung«, flüsterte sie. »Verzeih mir.«
»Du musst akzeptieren, dass sie Geheimnisse hatte, Mama.«
»Aber warum denn gerade dieses?«
»Wahrscheinlich hatte sie vor, es abzutreiben.«
»Umso mehr Grund hätte sie doch gehabt, es zu erwähnen! Ich hätte eine Abtreibung nicht verurteilt, das wusste sie genau.«
Der Sohn sagte nichts, er konnte neben seiner Trauer nicht auch noch die ihre schultern.
»Was war mit diesem Valter Lund?«, fragte er schließlich.
»Ihrem Mentor?« Diana hörte die Verwunderung in ihrer eigenen Stimme. »Der war doch so viel älter als sie. Könnte er der Vater des Kindes gewesen sein?«
»Irgendwas war da komisch, Mama. Er ist einmal gekommen und hat zugehört, als sie in der Kirche gesungen hat.«
»War er nicht religiös?«
»Was hat das denn damit zu tun? Er war da, Mama. Er saß ganz vorn in der ersten Reihe in der Kirche und starrte sie an.«
»Warst du auch da?«
»Ja, und ich weiß, was ich gesehen habe.«
Diana ließ die Worte nachwirken.
Alex hatte nichts über den Vater des Kindes sagen wollen, auch nicht, ob sie ihn gefunden hatten. Könnte es Valter Lund gewesen sein? Das würde Rebeccas Schweigen erklären. Und das der Polizei.
34
ZUNÄCHST SAH ES SO AUS , als ob es Valter Lund niemals gegeben hätte. Der Karrieremann, der wie ein Komet am Unternehmerhimmel aufstieg, hatte keine Vergangenheit.
»Warum ist das so?«, fragte Fredrika, als sie gemeinsam mit Ellen versuchte, das Leben von Rebecca Trolles Mentor nachzuverfolgen.
»Weil er erst 1986 nach Schweden eingewandert ist. Schwedischer Bürger ist er seit Beginn der Neunzigerjahre. Sein erstes eigenes Unternehmen gründete er im selben Jahr, als er herkam.«
Fasziniert blätterte Fredrika in den Unterlagen. »Was für eine Geschichte! Er kam aus dem Nichts und schlug mit einer Kraft ein, die selbst Thor erschreckt hätte.«
»Wen?«
Fredrika lächelte. »Den altnordischen Gott Thor. Den mit dem Hammer.«
Ellen lachte. »Sollen wir den auch mal durch unser Register schicken?«
»Gibt wahrscheinlich keine Treffer.«
»Schade.« Ellen biss sich auf die Unterlippe. »Also, ich weiß ja nicht, wie interessant das ist, aber…«
Das Papier glitt aus Fredrikas Händen, als sie ihren Blick Ellen zuwandte. »Ja?«
»Mein Lebensgefährte, Carl, der arbeitet oft für Valter Lund. Und er hat ein bisschen erzählt, wie das bei ihm so läuft, also, privat, meine ich.«
»Und?«
Ellen setzte sich.
Fredrika bemerkte, dass Ellen schon wieder eine weite Tunika trug. Ob sie schwanger war? Nicht undenkbar, schließlich war Ellen noch nicht einmal vierzig.
»Also, Carl hat erzählt, dass Valter Lund immer ausnahmslos allein zu den repräsentativen Abendessen und Veranstaltungen des Unternehmens kommt, was natürlich jede Menge Spekulationen geweckt hat, von wegen: Er könnte vielleicht schwul sein.«
Fredrikas Begeisterung ließ nach. Wenn Valter Lund homosexuell wäre, hätte er wohl kaum eine Beziehung mit Rebecca gehabt.
Doch Ellen hatte noch mehr auf dem Herzen. »Dann ist er auf einem Empfang überraschend mit einer sehr viel jüngeren Frau aufgekreuzt. Es war nur ein einziges Mal, hat aber genügt, um die Gerüchteküche anzuheizen. Nun hieß es, er würde sich nur für Frauen interessieren, die halb so alt sind
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