Sternwanderer
Fingerhut, Glockenblumen und Osterglocken, aber auch Veilchen und Lilien, winzige purpurrote Heckenröschen, blasse Schneeglöckchen, blaue Vergißmeinnicht und eine Fülle anderer Gewächse, deren Namen er nicht kannte. Sie waren aus Kristall oder Glas gefertigt, ob geblasen oder geschliffen, konnte Dunstan nicht beurteilen, doch alle waren sie ein perfektes Abbild der Natur, sie klingelten und bimmelten wie ferne Glasglocken.
»Hallo?« rief Dunstan.
»Seid mir gegrüßt an diesem schönen Marktmorgen«, rief die Standinhaberin und kletterte von dem bunt bemalten Wohnwagen, der hinter der Bude geparkt war. Sie lächelte ihn an, daß die weißen Zähne in dem dunklen Gesicht blitzten. Ganz eindeutig gehörte sie zum Volk von jenseits der Mauer, das erkannte Dunstan sofort an ihren Augen und ihren Ohren, die unter den schwarzen Locken hervorschauten. Die Augen waren tiefviolett, die Ohren ähnelten denen einer Katze, sanft geschwungen und von einem feinen dunklen Pelz überzogen. Die junge Frau war sehr schön.
Dunstan nahm eine Blume vom Stand. »Diese hier ist hübsch«, sagte er. Es war ein Veilchen, und es klimperte und sang in seiner Hand, was sich in etwa so anhörte, wie wenn man mit dem nassen Finger auf dem Rand eines Weinglases entlangstreicht. »Wieviel kostet sie?«
Die Feenfrau zuckte anmutig mit den Schultern.
»Ich fange einen Handel niemals mit dem Preis an«, erklärte sie ihm. »Womöglich würde ich viel mehr verlangen, als Ihr zu zahlen bereit seid, und dann würdet Ihr auf dem Absatz kehrtmachen und gehen, wodurch wir beide etwas verloren hätten. Laßt uns etwas allgemeiner über die Ware sprechen.«
Dunstan überlegte. In diesem Augenblick kam der Gentleman mit dem Zylinder am Stand vorbei. »Bitte sehr«, murmelte Dunstans Mieter. »Hiermit ist meine Schuld an dich beglichen, meine Miete bezahlt.«
Dunstan schüttelte den Kopf, als wollte er aus einem Traum erwachen, ehe er sich wieder an die junge Lady wandte. »Woher kommen die Blumen denn nun?« fragte er.
Sie lächelte geheimnisvoll. »Am Hang des Mount Calamon befindet sich ein Glasblumenhain. Die Reise dorthin ist gefährlich, die Reise zurück noch gefährlicher.«
»Und welchem Zweck dienen diese Blumen?« fragte Dunstan.
»In erster Linie dekorativen und ästhetischen Zwecken; sie bringen Freude, man kann sie einem geliebten Menschen als Unterpfand der Bewunderung und Zuneigung zum Geschenk machen, und der Laut, den sie hervorbringen, ist wohltuend fürs Ohr. Außerdem bricht sich das Licht so wunderschön in ihnen.« Sie hielt eine Akelei empor, aber Dunstan dachte, daß die Farbe des Sonnenlichts, welches durch den violetten Kristall glitzerte, es weder im Farbton noch in der Schattierung mit ihren Augen aufnehmen konnte.
»Verstehe«, sagte er laut.
»Man verwendet sie außerdem für bestimmte Bannsprüche und Zauberformeln. Sollte der Herr ein Magier sein…?«
Dunstan schüttelte den Kopf. Die junge Frau hatte zweifellos etwas höchst Bemerkenswertes an sich.
»Ah. Trotzdem sind die Blumen wunderschön«, sagte sie und lächelte wieder.
Dunstan bemerkte, daß vom Handgelenk der schönen Frau eine dünne Silberkette hinunter zum Fußgelenk lief und dann in dem Wohnwagen hinter ihr verschwand.
Dunstan erkundigte sich danach.
»Die Kette? Sie fesselt mich an den Stand. Ich bin die persönliche Sklavin der Hexenfrau, der diese Bude gehört. Vor vielen Jahren schon hat sie mich gefangen – als ich an den Wasserfällen auf dem Land meines Vaters spielte, hoch oben in den Bergen. Da lockte sie mich in Gestalt eines hübschen Frosches immer weiter fort, stets gerade so weit von mir entfernt, daß ich glaubte, sie greifen zu können – bis ich schließlich das Land meines Vaters verlassen hatte, ohne es zu merken. Daraufhin nahm sie ihre wahre Gestalt an und stopfte mich in einen Sack.«
»Und Ihr seid jetzt für immer ihre Sklavin?«
»Nicht für immer«, antwortete das Feenmädchen und lächelte. »Ich werde frei sein an dem Tag, an dem der Mond seine Tochter verliert, falls dies in einer Woche geschieht, in der zwei Montage zusammenkommen. Bis dahin tue ich das, was man mir sagt, und bewahre mir meine Träume. Möchtet Ihr mir denn nun eine Blume abkaufen, junger Herr?«
»Mein Name ist Dunstan.«
»Was für ein ehrbarer Name«, meinte sie mit einem schelmischen Grinsen. »Habt Ihr auch eine Kneifzange, Master Dunstan, wie Euer heiliger Namensvetter? Wollt Ihr den Teufel bei der Nase packen?«
»Und wie lautet
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