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Sternwanderer

Titel: Sternwanderer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neil Gaiman
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durch die Poren seiner Haut. Sie beugte sich zu ihm.
    »Glaubst du, daß du unter einem Zauberbann stehst, hübscher Dunstan?«
    »Ich weiß nicht.«
    Sie lachte, und es klang wie ein klarer Bach, der über Stock und Stein hüpft.
    »Du stehst unter keinem Zauberbann, hübscher Junge.« Sie legte sich ins Gras zurück und starrte zum Himmel hinauf. »Deine Sterne – wie sind deine Sterne?« fragte sie. Dunstan legte sich neben sie ins kühle Gras und blickte ebenfalls zum Himmel empor. Es ließ sich nicht leugnen, die Sterne sahen anders aus als sonst: Vielleicht hatten sie mehr Farbe, denn sie funkelten wie kleine Edelsteine; vielleicht lag es aber auch an ihrer Zahl, den Konstellationen. Auf alle Fälle waren sie seltsam und wundervoll zugleich. Andererseits…
    »Was wünschst du dir vom Leben?« fragte das Feenmädchen.
    »Ich weiß nicht«, gestand er. »Ich wünsche mir dich, glaube ich.«
    »Ich wünsche mir meine Freiheit«, sagte sie schlicht.
    Dunstan faßte nach der Silberkette, die von ihrem Handgelenk zum Knöchel lief und von dort im Gras verschwand. Er zerrte daran. Die Kette war stärker, als sie aussah.
    »Mit dem Silber wurden Katzenatem, Fischschuppen und Mondlicht verarbeitet«, erklärte sie ihm. »Die Kette ist unzerreißbar, bis die Bedingungen des Zauberspruchs erfüllt sind.«
    »Oh.« Er ließ sich wieder ins Gras sinken.
    »Eigentlich dürfte sie mich nicht behindern, denn sie ist sehr, sehr lang. Aber das Wissen um ihre Anwesenheit stört mich, und ich vermisse das Land meines Vaters. Außerdem ist die Hexenfrau keine sehr gute Herrin…«
    Sie schwieg. Dunstan beugte sich über sie, berührte mit der Hand ihr Gesicht und spürte dort etwas Nasses, Heißes.
    »Oh, du weinst ja.«
    Sie erwiderte nichts. Dunstan zog sie an sich und versuchte mit seinen großen Händen die Tränen wegzuwischen – ohne viel Erfolg. Schließlich beugte er sich über sie und küßte sie – unsicher, ob dies unter den gegebenen Umständen das Richtige war – mitten auf den heißen Mund.
    Nach einem winzigen Augenblick des Zögerns öffneten sich ihre Lippen, ihre Zunge glitt in seinen Mund. Und auf der Wiese im Feenland unter den seltsamen Sternen war Dunstan nun endgültig und unwiderruflich verloren.
    Zwar hatte er schon einige Dorfmädchen geküßt, aber er war nie weitergegangen.
    Seine Hand tastete nach ihren kleinen Brüsten unter dem Seidenstoff ihres Kleides, berührte ihre festen Brustwarzen. Sie klammerte sich an ihn, ganz fest, wie eine Ertrinkende, fingerte an seinem Hemd, an seiner Hose herum.
    Plötzlich hatte er Angst, ihr weh zu tun, denn sie war so zierlich. Doch sie wand sich unter ihm, heftig atmend, und führte seine Hand.
    Sie bedeckte sein Gesicht und seine Brust mit brennenden Küssen, und dann saß sie auf ihm, rittlings, schnaufend und lachend, schwitzend und schlüpfrig wie eine Elritze. Er bäumte sich auf, drängte und jubelte, die Gedanken erfüllt von ihr, ihr allein, und hätte er ihren Namen gewußt, hätte er ihn laut herausgeschrien.
    Am Ende wollte er sich zurückziehen, aber sie hielt ihn in sich, schlang die Beine um ihn und drückte sich so heftig an ihn, daß er das Gefühl hatte, mit ihr zu verschmelzen, so, als nähmen sie beide denselben Platz im Universum ein. Als wären sie für einen machtvollen, alles verschlingenden Augenblick lang das gleiche Wesen, gebend und nehmend, während die Sterne allmählich in der heraufziehenden Morgendämmerung verblaßten.
    Danach lagen sie nebeneinander, Seite an Seite.
    Die Feenfrau zupfte ihr Kleid zurecht, bis sie wieder anständig bedeckt war. Voller Bedauern zog Dunstan die Hose hoch. Er drückte ihre kleine Hand.
    Als der Schweiß auf seiner Stirn trocknete, fühlte er sich plötzlich kalt und einsam.
    In der Morgendämmerung konnte er sie deutlich sehen. Um sie herum begannen die Tiere sich zu regen: Pferde stampften, Vögel begannen schlaftrunken den Morgen herbeizusingen, und auch in den Zelten auf der Marktwiese standen die Leute allmählich auf. »Nun aber fort mit dir«, sagte sie leise und sah ihn an, halb bedauernd, mit Augen so violett wie die Federwolken hoch oben am Morgenhimmel. Dann küßte sie ihn sanft auf den Mund, und ihre Lippen schmeckten wie zerdrückte Brombeeren. Schließlich erhob sie sich und ging zurück in den Zigeunerwagen hinter ihrem Stand.
    Allein und benommen wanderte Dunstan über den Markt; er fühlte sich um vieles älter als achtzehn Jahre.
    Im Kuhstall angekommen, zog er die Stiefel aus und

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