Stets Zu Diensten, Mylady
Unverständliches.
“Lauter”, forderte Will. “Ich kann Sie nicht hören.”
Beaucourt schaute Hilfe suchend um sich, begegnete jedoch nur mitleidlosen, wartenden Mienen. Schließlich ließ er die Hand mit dem blutbefleckten Tuch sinken und murmelte etwas von zukünftig nicht mehr den Namen der Dame … sei ihm eine Lehre gewesen …
Damit war der Ehre Genüge getan, und Will Shafto ließ es dabei bewenden. Angewidert wandte er sich ab. Bei seinem Glück hatte er sich gerade selbst den Gnadenstoß gegeben, und das für eine Frau, die nichts für ihn empfand – genauso wenig, wie er für sie. Aber warum war er dann so in Wut geraten?
“Dich möchte ich nicht zum Gegner haben, Will”, meinte jetzt Harry Fitzalan und schlug seinem Freund anerkennend auf die Schulter. “Habe dich immer für einen sanftmütigen Burschen gehalten. Schlimmer sah auch der Tiger nicht aus, als er den Tooting Terror fertig machte. Donnerwetter!”
“Lass es gut sein, Harry”, wehrte Will ab. Er selbst war gar nicht stolz auf seine Heldentat. Wie ein Lauffeuer würde sich die Neuigkeit über seine tätliche Auseinandersetzung mit Mr Beaucourt verbreiten. Das wäre dann über Mr Will Shafto der zweite Klatsch – nein, der dritte – in einer Woche.
Was, fragte sich Will verzagt, wird Miss Rowallan dazu sagen?
4. KAPITEL
“Ich meine mich zu erinnern, Mr Shafto, um unauffälliges, diskretes Verhalten gebeten zu haben. Entsprechend groß war mein Erstaunen, als ich von den Vorfällen in Mr Jacksons Studio erfuhr. Als diskret kann man Ihr Verhalten dort gewiss nicht bezeichnen.” Miss Rowallan sprach mit gemessener Würde und vollkommen sachlichem Ton. Trotzdem verspürte Will den Wunsch, sich zu verteidigen.
“Mr Beaucourt beleidigte Sie. In Anwesenheit einer ganzen Versammlung sogenannter Gentlemen zog er Ihre Ehre in den Schmutz. Das konnte ich ihm nicht durchgehen lassen”, erklärte Will recht heftig.
“Verstehen Sie mich nicht falsch, Mr Shafto. Wenn ich ehrlich bin, tut es mir durchaus nicht leid, dass Mr Beaucourt sich eine blutige Nase einhandelte. Er hat sie sich seit Langem und gründlich verdient.”
Will konnte es nicht fassen. Miss Rowallan sprach zwar unverändert in ernstem Ton, doch ihre beinahe fröhliche Miene und das spitzbübische Funkeln in ihren Augen strafte die Strenge ihres Auftretens Lügen.
Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie sich einen weiteren Schritt von ihrer Quäkerkleidung entfernt hatte. An diesem Morgen trug sie ein elegantes Wollensemble in blasser Amethystfarbe mit einer doppelten Perlenkette – zurückhaltend, aber edel. Selbst ihr glänzend kastanienbraunes Haar war nicht mehr zu einem strengen Knoten geschlungen, sondern modischer und weitaus hübscher hochgesteckt.
Mit einem beinahe komischen Seufzer lehnte sie sich zurück.
“Es ist wohl sinnlos, Sie um Diskretion zu bitten”, meinte sie in amüsierter Resignation. “Männer wissen wahrscheinlich gar nicht, was das bedeutet.”
War das schon die ganze Strafpredigt, fragte Will sich erleichtert. Dann bin ich offenbar doch nicht in Ungnade gefallen.
Wieder vollkommen sachlich, fuhr Miss Rowallan fort: “Doch nun sollten wir unser Erscheinen auf Lady Leominsters Ball morgen Abend besprechen. Ich muss darauf bestehen, dass Sie sich dort zurückhalten und niemanden zu Boden schlagen. Eine Schlägerei bei Mr Jackson ist eine Sache – da rechnet man mit nichts anderem. Eine tätliche Auseinandersetzung im Hause Leominster dagegen wäre mit Sicherheit fehl am Platze.”
“Ich werde mich gut benehmen, das verspreche ich”, antwortete Will mit todernstem Gesicht. “So würdevoll und gemessen wie ein Bischof.”
“Das will ich hoffen, Mr Shafto, das will ich hoffen. Wenn ich jetzt Mrs Grey hereinrufe, bekommen Sie Gelegenheit, dieses Auftreten zu üben. Meine Begleiterin wird sehr erstaunt sein, dass ich Sie nicht wegen dieses neuen Skandals hinausgeworfen habe. Doch dafür ist unser Plan schon zu weit fortgeschritten, meinen Sie nicht auch?”
“Gewiss, Madam”, pflichtete Will ihr bei. Was sollte er sonst auch sagen?
Als Will Shafto die beiden Damen am darauf folgenden Abend zu Lady Leominsters Ball abholte, bedachte Mrs Grey ihn mit ihrer unversöhnlichsten Miene.
Während Miss Rowallan in zartestem lachsfarbenem
crêpe de chine
und einer Fülle angehefteter Seidenrosen in der vollen Blüte ihrer Jugend erstrahlte, hatte Mrs Grey entsprechend ihrer gesellschaftlichen Stellung ein zurückhaltendes Taubenblau gewählt,
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