Stets Zu Diensten, Mylady
armen Leute kontrolliert – und ihnen herzlich wenig zurückgegeben dafür, dass Sie selbst in Saus und Braus leben konnten.”
“Sie irren, Mr Henson”, widersprach Will mit ruhiger, fester Stimme. “Ich bin weder Fabrikbesitzer noch betreibe ich ein Bergwerk, und ich gehöre auch nicht zu den Großgrundbesitzern. Ich habe nie einen Menschen ausgebeutet.”
Henson lachte ihm ins Gesicht. “Das mag ja sein. Aber als feiner Gentleman und Ehemann einer der reichsten Erbinnen Englands haben Sie auch noch nie für Ihren Lebensunterhalt arbeiten müssen, Sir!”
Das ‘Sir’ klang wie ein Peitschenknall. Will wollte sich nicht auf eine Diskussion dieser etwas verzwickten Frage einlassen und antwortete stattdessen: “Darum geht es nicht, Mr Henson. Mir liegt daran, meiner Gemahlin weiteres Leid zu ersparen. Lassen Sie wenigstens meine Frau nach Hause zurückkehren. Tun Sie dann mit mir, was Sie wollen.”
“Ganz so einfach ist das nicht, Mr Shafto. Gerade Ihre Gemahlin macht mir ein paar Schwierigkeiten. Job Cooper hat nämlich ein Auge auf sie geworfen. Er will Sie aus dem Weg haben, und dann soll ich ihm Ihre Frau überlassen. Ehrlich gestanden, sind jedoch Mord und Gewalt an Frauen nicht nach meinem Geschmack. Andererseits sind Sie beide lebendig und frei für uns eine große Gefahr.”
Will wollte ihm sein Ehrenwort anbieten, dass weder er noch Beck den Aufenthaltsort der Ludditen preisgeben würde, doch Henson winkte ab und fuhr ungerührt fort: “Natürlich darf ich Job auch nicht zu häufig in seine Schranken weisen. Ich denke, Sie verstehen mein Problem, Mr Shafto?” Er machte eine seiner einstudiert wirkenden Kunstpausen.
“Nun bin ich auf etwas gekommen, das Ihnen eine Chance zur Freiheit und gleichzeitig den armen Leuten hier ein wenig Abwechslung verschafft. Ich bin gespannt, ob Sie einwilligen.”
Will war seinerseits gespannt, auf welchen Gedanken dieser seltsame Mann gekommen war. Kann man überhaupt einem Menschen trauen, fragte er sich, der das Volk mit revolutionären Reden aufwiegelt und im nächsten Augenblick behauptet, Mord und Gewalt sei nicht nach seinem Geschmack?
“Früher, Mr Shafto, sollen die Ritter bereitwillig für ihre Damen gekämpft haben. Wir können zwar kein Turnier veranstalten, aber einen Boxkampf zwischen Ihnen und einem unserer eigenen Leute. Sollten Sie gewinnen, könnten wir Sie und Ihre Gemahlin freilassen, falls Sie Schweigen über uns geloben. Sollte unser Favorit dagegen Sie besiegen, wäre ich leider gezwungen, Ihre Frau an Job und Sie zur Exekution freizugeben. Das Gleiche würde übrigens geschehen, wenn Sie sich weigern zu kämpfen. Sie haben die Wahl, Mr Shafto.”
Will traute seinen Ohren nicht. Hier, mitten im Wald, ein Boxkampf? Aber blieb ihm überhaupt eine Wahl?
“Ich habe seit einer Woche nichts Vernünftiges zu essen bekommen. Und dann stellt sich mir die Frage, ob ich darauf vertrauen kann, dass Sie Ihr Wort halten”, meinte Will vorsichtig.
“Wir könnten den Kampf um zwei Tage verschieben und Sie ein wenig herausfüttern. Ob Sie uns vertrauen wollen – nun, Mr Shafto, das ist allein Ihr Problem.”
Will streckte Henson die Hand entgegen. “Dann lassen Sie uns den Handel besiegeln. Ich bin allerdings gespannt darauf, was meine Gemahlin dazu sagen wird.”
Er sollte es nur zu bald erfahren.
“Deshalb wolltest du mich also aus dem Weg haben, Will. Um einen solchen hirnlosen Handel abzuschließen! Ich werde mir eher das Leben nehmen, bevor ich zulasse, dass dieser furchtbare Job Cooper mich auch nur berührt!”
“Aber Beck, beruhige dich. Genau wie Henson gehst du davon aus, dass irgendein Bauernlümmel mich besiegt. Möglicherweise ist er nur ein vor Muskelpaketen strotzender Schmied, der keine Ahnung vom Boxen hat.”
“Und wenn er doch ein erfahrener richtiger Boxer ist, Will? Was dann?”
Er streichelte ihr sanft die Wange. “Dann, meine Liebe, gehen wir wenigstens nicht kampflos unter.”
“Du hast recht”, stimmte Rebecca wohl oder übel zu. “Besser auf diese Weise, als wie ein Kalb zur Schlachtbank geführt zu werden.”
“Außerdem bekomme ich jetzt zwei Tage lang gute Kost, damit die Chancen gleichmäßig verteilt sind.”
“War das etwa ihr Köder, um dich für einen Schaukampf zu gewinnen?”, fragte Rebecca mit vollkommen ernster Miene.
Will wollte schon zornig explodieren, als er das mutwillige Funkeln in ihren Augen sah. Unglaublich, dachte er, diese Frau behält selbst in höchster Gefahr ihren Humor,
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