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Stets zu Diensten

Stets zu Diensten

Titel: Stets zu Diensten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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brasilianische Abenteuer sämtliche Zuhörer in Ihren Bann ziehen könnten und zum Mittelpunkt der Party würden. Aber ich glaube, daß dies doch nicht richtig wäre.«
    »Brasilien?«
    »Ach ja. Habe ich Ihnen das noch gar nicht gesagt? Ich erklärte Emsworth, daß Sie aus diesem Land kämen.«
    »Warum ausgerechnet Brasilien?«
    »Man hat eben so seine Ideen. Aber wie bereits gesagt, ich habe meine Meinung darüber geändert, Sie als glanzvollen Erzähler einzuführen. Nachdem ich das Vergnügen hatte, mich mit Ihnen zu unterhalten, sehe ich in Ihnen nunmehr den starken, ruhigen Mann mit dem abwesenden Blick in den Augen, der nur einsilbige Wörter gebraucht. Wenn also irgendjemand versuchen sollte, Sie über Brasilien auszufragen, dann brummen Sie einfach; wie unser Gastgeber«, sagte Lord Ickenham und wies dabei auf Lord Emsworth, der genau dies tat. »An und für sich schade, denn ich hatte ein paar hübsche Geschichten über brasilianische Ameisen auf Lager, die sehr effektvoll gewesen wären. Wie Sie vielleicht wissen, fressen diese Tiere alles, was sie sehen, wie die Kaiserin von Blandings.«
    Der Klang dieses berühmten Namens muß wohl durch Lord Emsworths Schlummer gedrungen sein, denn seine Augen öffneten sich, und er setzte sich blinzelnd auf.
    »Hat hier jemand über die ›Kaiserin‹ gesprochen?«
    »Ich sagte eben zu Meriwether, was für ein prachtvolles Tier sie ist, daß einzige Schwein, das drei Jahre hintereinander die Silbermedaille in der Mastschwein-Klasse bei der Shropshire Landwirtschaftsausstellung gewonnen hat. Nicht wahr, Meriwether?«
    »Ja.«
    »Er sagt ja. Sie müssen sie ihm sofort zeigen, wenn wir ankommen.«
    »Eh? Ja, natürlich. Gewiß, gewiß, gewiß«, sagte Lord Emsworth glücklich. »Kommen Sie auch mit, Ickenham?«
    »Nicht sofort, wenn es Ihnen nichts ausmacht. Ich könnte niemanden mehr schätzen als die Kaiserin, aber ich glaube, daß ich als erstes nach meiner Ankunft in dem alten lieben Heim eine erfrischende Tasse Tee brauchen werde.«
    »Tee?« sagte Lord Emsworth, als ob ihn dieses Wort verwirrte. »Tee? Ach so, Tee? Ja, natürlich, Tee. Ich selbst trinke keinen, aber Connie nimmt ihn jeden Nachmittag auf der Terrasse zu sich. Sie wird sich Ihrer annehmen.«
     
    Lady Constance saß allein am Teetisch, als Lord Ickenham sich zu ihr gesellte. Als er vor ihr stand, setzte sie ein Gurkensandwich, mit dem sie sich gerade stärken wollte, von den Lippen ab und brachte ein verhältnismäßig freundliches Begrüßungslächeln zustande. Es wäre übertrieben, zu behaupten, daß sie über den Besuch erfreut war. Sie hatte auch bereits im Geiste ihren Bruder für dessen Dummheit getadelt, Ickenham – zusammen mit einem Freund – nach Blandings Castle einzuladen. Aber sie mußte sich eben immer wieder daran erinnern, insbesondere in ihrem Umgang mit dem Duke of Dunstable, daß sie eine Gastgeberin war; und eine gute Gastgeberin hat ihre Gefühle zu verbergen.
    »Wie schön, Sie wiederzusehen, Lord Ickenham. Es freut mich wirklich, daß Sie gekommen sind«, sagte sie mit nicht gerade zusammengebissenen Zähnen, aber in einem keineswegs warmen Ton. »Möchten Sie gerne etwas Tee, oder lieber … Suchen Sie etwas?«
    »Nichts Wesentliches«, sagte Lord Ickenham, dessen Augen suchend hin und her wanderten. »Ich hatte gedacht, meine kleine Freundin, Myra Schoonmaker, hier zu sehen. Nimmt sie am Nachmittag keinen Tee?«
    »Myra ist spazieren gegangen. Kennen Sie sie?«
    »Als sie ein Kind war, waren wir sehr gute Freunde. Ich war mit ihrem Vater eng befreundet.«
    Die spürbare Kälte in Lady Constances Benehmen schmolz ein wenig. Niemals würde sie vergessen, was dieser Mann bei einem einzigen Besuch in der klösterlichen Abgeschiedenheit von Blandings Castle durch seine Verbreitung von Heiterkeit und Licht angerichtet hatte; aber einem Freund von James Schoonmaker mußte man vieles verzeihen. Sie sagte daher in beinahe freundlichem Ton:
    »Haben Sie ihn in letzter Zeit gesehen?«
    »Leider schon viele Jahre nicht mehr. Er besitzt diese unglückliche Angewohnheit, die so viele Amerikaner haben, in Amerika zu wohnen.«
    Lady Constance seufzte. Auch sie hatte diese Laune von James Schoonmaker stets bedauert.
    »Und da meine Frau richtiger- oder falscherweise glaubt, daß es für mich besser ist, nicht den Versuchungen New Yorks ausgesetzt zu sein, sondern in Ickenham Hall ein ruhiges Landleben zu führen, haben sich, sehr zu meinem Bedauern, unsere Wege getrennt. Ich kannte ihn

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