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Stets zu Diensten

Stets zu Diensten

Titel: Stets zu Diensten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. G. Wodehouse
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sage dir, ich habe sie gesehen, wie sie ihre Fäuste ballte, bis auf den Handrücken die Adern ganz dick hervortraten, nur weil dein Name in einem Gespräch auftauchte. Ich bin überzeugt davon, daß – wenn du das Ickenham-System anwenden wolltest – keinen Schiffbruch erleiden würdest.«
    »Das Ickenham-System?«
    »Ich nenne es so. Ich habe es mir in meiner Junggesellenzeit aufgebaut. Es geht folgendermaßen: Man schnappt sich ein Mädchen, nimmt es in die Arme und wiegt es ein wenig hin und her, überschüttet es mit Küssen auf das einem zugewandte Gesicht und macht Bemerkungen wie ›mein Weibchen!‹, unter zusammengebissenen Zähnen natürlich. Das klingt noch überzeugender.«
    Mr. Schoonmakers starrer Blick wurde noch starrer.
    »Und du meinst, so sollte ich mich bei Lady Constance betragen?«
    »Ich sehe kein Hindernis dafür.«
    »Aber ich.«
    »Und das wäre …?«
    »Ich könnte gar nicht anfangen.«
    »Wo bleibt dein Mannesmut?«
    »Ich habe keinen, zumindest nicht, was sie anbetrifft.«
    »Also bitte. Sie ist doch nur eine Frau.«
    »Nein, das ist sie nicht. Sie ist Lady Constance Keeble, die Schwester des Earl of Emsworth, mit einem Stammbaum, der bis zur Sintflut zurückreicht. Und das kann ich einfach nicht vergessen.«
    Lord Ickenham dachte nach. Er erkannte, daß hierin eine Schwierigkeit lag, doch nach einer kurzen Überlegung fand er diese keineswegs unüberwindbar.
    »Alles, was du brauchst, Jimmy, ist ein halber Liter oder ein Liter ›Maien-Königin‹.«
    »Eh?«
    »Das ist ein Getränk, das ich stets jenen schüchternen Freiern empfehle, denen es Mühe macht, das Ickenham-System anzuwenden. Der vollständige Name lautet ›Morgen ist der verrückteste und schönste Tag des Jahres, denn ich bin Maien-Königin, Mutter, ich bin die Maien-Königin‹. Doch dieser Titel wird aus Bequemlichkeitsgründen meistens etwas abgekürzt. Zu gutem, trockenem Champagner fügt man etwas süßen Likör, Kümmelschnaps und grüne Chartreuse hinzu, und ich kann dir sagen, das Getränk wirkt Wunder. Unter seinem Einfluß ist es schon den kleinsten Männern mit fliehendem Kinn und Kneifer auf der Nase gelungen, die stolzesten Schönheiten zur Unterschrift zu zwingen. Ich werde Beach sagen, daß er dafür sorgt, daß du heute vor und während des Abendessens genügend davon bekommst. Dann führst du Connie auf die in Mondlicht getauchte Terrasse und wendest das Ickenham-System an, und ich wäre sehr erstaunt, wenn ich nicht in kurzer Zeit in der TIMES eine interessante Ankündigung sehen sollte.«
    »H’m.« Mr. Schoonmaker prüfte diesen Vorschlag, aber er war offensichtlich nicht allzu begeistert davon. »Sie packen?«
    »Richtig.«
    »Sie hin und her wiegen?«
    »Jawohl.«
    »Und sagen – ›Mein Weibchen‹?«
    »Es sei denn, du weißt einen anderen Ausdruck, der dir besser gefällt«, sagte Lord Ickenham nachsichtig. »Du brauchst dich nicht zu genau an das Manuskript halten, wenn du dich nicht danach fühlst, aber verpfusch um Gottes willen nichts. Das ist wichtig.«
     
    Am Morgen nach der Ankunft seines alten Freundes hatte sich Lord Ickenham eben in seinem Liegestuhl niedergelassen, als eine rauhe Stimme plötzlich seinen Namen aussprach und er Mr. Schoonmaker neben sich stehen sah. Als er sich aufsetzte und ihm ins Gesicht blickte, gefiel ihm gar nicht, was er sah. James Schoonmaker sah bleich und übernächtigt aus, und sein Verhalten wies keineswegs darauf hin, daß er der glücklichste Mann der Welt sei. Er sah eher aus wie jener Schoner Hesperus – den Lord Ickenham im zarten Knabenalter so erfolgreich zu zitieren gewußt hatte –, als er an ein Riff der Normandie-Küste geschwemmt wurde. Hätte man ihn jetzt zusammen mit einer kleinen Tochter, die ihm Gesellschaft leisten sollte, in ein Boot gesetzt, das Kurs auf das Normandie-Riff nehmen würde, dann würden sich sämtliche Fragen erübrigen – so dachte Lord Ickenham jedenfalls.
    Aber er war ein zu gut erzogener Mann, um diese Gedanken in Worte zu kleiden. Stattdessen benahm er sich ziemlich lebhaft – obwohl ihm keineswegs danach zumute war.
    »Jimmy! Ich hatte gehofft, du würdest hier vorbeikommen. Hast du etwas Neues zu berichten? Ging alles glatt? Ich fange schon an, für das Hochzeitsgeschenk zu sparen.«
    Mr. Schoonmaker schüttelte den Kopf und stieß plötzlich einen gequälten Schrei aus. Wie Lord Ickenham bereits vermutet hatte, war er nicht in der besten Verfassung, um den Kopf zu schütteln. Selbst das ungeübteste Auge

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