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Steueroasen Ausgabe 2013

Steueroasen Ausgabe 2013

Titel: Steueroasen Ausgabe 2013 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Lothar Merten
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Long Term Capital Management (LTCM) , einer klassischen Offshore-Struktur. 1998 riss der Fonds mit seiner Milliardenpleite das US -Bankensystem fast in den Abgrund. Er war massive Risiken eingegangen und hüllte seine Aktivitäten in Geheimhaltung. Das LTCM -Management saß in Greenwich im US -Bundesstaat Connecticat , der Hedgefonds war in Delaware registriert und der Fonds, den er verwaltete, auf den Cayman-Islands angesiedelt.
    LTCM war ein erster Fingerzeig dahingegend, dass im sogenannten Schattenbankensystem eine Finanzkrise keimte. Ein riesiger Finanzbereich, in dem sich Zweckgesellschaften (Schattenbanken) tummeln, die sich gegenseitig Geld leihen, um dies dann gewinnbringend weiterzuverleihen. Ein Finanzbereich, der nicht den normalen Regulierungsbestimmungen des klassischen Bankensektors unterliegt. Zweckgesellschaften erreichen das, indem sie sich legal von den regulierten Finanzinstituten abkoppeln, von denen sie finanziert werden. Sie verschwinden damit aus den Bilanzen der von der Bankenaufsicht kontrollierten Banken.
    Dabei handelt es sich vorrangig um Hedgefonds, Geldmarktfonds, aber auch um Zweckgesellschaften, börsengehandelte Indexfonds ( ETF ), Wertpapierfirmen, Versicherer, die Kredite vergeben, oder Firmen, die unerlaubte Geschäfte betreiben – etwa um Geld zu waschen. Institute also, die bekannt sind für ihre riskanten Geschäfte. Das Finanzvolumen der Schattenbanken hat sich zwischen 2002 und 2011 auf rund 60 Billionen Euro mehr als verdoppelt. Sie wickeln mittlerweile 25 bis 30 Prozent der Geschäfte des weltweiten Finanzsystems ab. In den USA soll der Anteil sogar bei 40 Prozent liegen. Und die seit der Finanzkrise schärfere Überwachung von „normalen“ Banken bietet zusätzliche Anreize, Geschäfte in den kaum regulierten Schattenbankensektor zu verlagern. Dort werden Risiken aufgebaut, die zu einer Gefahr für das gesamte Finanzsystem führen.
    Die Gefahren der Schattenbanken ergeben sich daraus, dass sie von Banken über Kredite oder auch durch die Wertpapierleihe vermutlich in Milliardenhöhe mitfinanziert werden. Bei Schieflagen könnten etwa Hedgefonds die Kredite möglicherweise nicht zurückzahlen. Oder sie müssten milliardenschwere Anlagen überstürzt abbauen, was die Preise an den Finanzmärkten insgesamt ins Trudeln bringen würde.
    Eine Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) aus dem Jahr 2008 äußert klar und deutlich, wo die gefährlichen Schattenbanken sitzen: „ Die häufigsten Gebietskörperschaften für das US-Verbriefungsgeschäft sind die Cayman Islands und Delaware . Für europäische Verbriefungen sind die häufigsten Länder Irland, Luxemburg , die Channel Islands und Großbritannien .“ Jede einzelne dieser Gebietskörperschaften ist eine bedeutende Verdunklungsoase, die ein einfaches Geschäftsmodell anwendet: Sie fragt die Finanzinstitutionen, was sie genau brauchen, und erlässt dann die entsprechenden Gesetze.
    Das International Financial Services Centre (IFSC) in Dublin/Irland ist ein Paradebeispiel für den hochriskanten Wildwest-Finanzkapitalismus. Das IFSC beheimatete zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Finanzkrise mehr als die Hälfte der 50 größten Finanzinstitutionen der Welt und wurde zu einem wichtigen Akteur im Schattenbankensystem. Über 8000 Fonds mit Vermögenswerten von knapp 2 Billionen Dollar waren hier untergebracht. Nicht nur US -Banken wie Bear Stearns waren im IFSC mit Fonds vertreten, auch deutsche Banken, die in der Finanzkrise in Schieflage gerieten, hatten Vermögenswerte an der Dubliner Börse notiert. Darunter die IKB , die vom deutschen Staat Finanzhilfen in Höhe von 7,8 Milliarden Euro erhielt, die Sachsen LB , die eine Notspritze von 17,3 Milliarden Euro sowie 2,8 Milliarden Euro staatlicher Hilfe benötigte, oder die Hypo Real Estate , die mit 102 Milliarden Euro an staatlichen Geldern gerettet werden musste. Ausschlaggebend für deren Zusammenbruch war die Übernahme der Depfa Bank , die in Irland registriert und im Dubliner IFSC angesiedelt war.
    Nicht so sehr die Undurchsichtigkeit der Offshore-Finanzzentren war es, die die großen Finanzakteure anzog, sondern ihre Flexibilität. Wenn Befürworter von Steueroasen behaupten, sie verbessern die „Effizienz“ der globalen Märkte, dann meinen sie genau das: Im Kern geht es bei

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